Schwarze Themse
Freundschaft mit Mr. Monk habe ich ihnen gelegentlich mit Rat zur Seite gestanden.« Sobald die Worte heraus waren, schämte er sich dafür. Es
war feige. Er war die treibende Kraft gewesen, als sie die Voraussetzungen für ihre Arbeit geschaffen hatten, auch wenn Hester ihm die Worte in den Mund gelegt hatte. Und um Margarets willen hatte er dabei seine Vorsicht, die ihm zur Lebensregel geworden war, beiseite geschoben. Und wäre er wahrhaftig und unbedingt auf Ehrlichkeit bedacht, würde er auch zugeben, dass er ein paar berauschende Augenblicke lang sogar durch und durch begeistert bei der Sache gewesen war. Er hatte oft sagen hören, ein guter Anwalt müsse etwas von einem Schauspieler an sich haben. Vielleicht war daran mehr, als er geglaubt hatte.
»Dadurch weià ich, was dort geleistet wird«, fügte er rechtfertigend hinzu. »Und natürlich hat Margaret mir auch von Zeit zu Zeit etwas erzählt. Ich hege tiefe Bewunderung für sie.« Das stimmte. Er erinnerte sich an Hester, nicht nur in der Klinik, die zuerst am Coldbath Square gelegen hatte, sondern auch bei all den anderen Kämpfen, die sie aus allen möglichen Gründen gemeinsam ausgefochten hatten. Sie ging Risiken ein, um mit einer Leidenschaft gegen Ungerechtigkeit zu kämpfen, die er noch nie bei jemand anderem erlebt hatte. Sie war ungeheuer mutig, nichts schüchterte sie ein, obwohl sie gelegentlich auch Angst gehabt haben musste. Er hatte sie erschöpft, entmutigt, frierend und hungrig erlebt, und auch so wütend, dass sie kaum ein Wort herausbrachte, aber nie hatte er Selbstmitleid in ihrer Stimme gehört oder in ihren Augen gesehen.
Natürlich hatte sie ein paar grobe Fehler begangen. Er erschauderte bei dem Gedanken an die Schnitzer, deren Zeuge er geworden war. Und sie war alles andere als taktvoll! Er hatte sie geliebt und hatte doch gezögert, um ihre Hand anzuhalten. Konnte er in seinem Leben wirklich eine solchermaÃen eigenwillige Gefährtin brauchen, eine Frau mit unvernünftigen, unumkehrbaren Ãberzeugungen, einem solchen grimmigen Hunger der Seele?
Mrs. Ballinger starrte ihn an, verwirrt durch seine Worte
und doch zufrieden. Auch wenn sie sie nicht verstand, spürte sie doch die Leidenschaft in ihm und interpretierte sie auf ihre Weise.
Die Tür ging leise auf, und Margaret kam herein. Er stand auf und wandte sich zu ihr um. Sie trug ein Kleid in einem tiefen Pflaumenblau, einer Farbe, die er noch nie an ihr gesehen hatte. Sie schmeichelte ihr auÃerordentlich, lieà ihre Haut glühen und verstärkte das Blau ihrer Augen. Er hatte sie bislang nie für hübsch gehalten, aber ganz plötzlich erkannte er, dass sie es war. Es bereitete ihm auÃerordentliches Vergnügen, sie zu sehen, mehr als er je für möglich gehalten hätte. Sie strahlte Sanftheit und Würde aus, wie sie da stand und auf ihn wartete, selbstsicher und doch nicht eifrig. Sie würde nicht zulassen, dass die Ambitionen ihrer Mutter ihm peinlich waren oder sie dazu brachten, sich zu wehren und sich zurückzuziehen. Sie hatte einen Ruhepunkt in sich, was sie auch von Hester unterschied, und es war genau diese Gelassenheit, die er liebte. Sie war einzigartig.
»Guten Abend, Miss Ballinger«, sagte er mit einem Lächeln. »Es wäre überflüssig, Sie zu fragen, wie es Ihnen geht.«
Sie erwiderte sein Lächeln, und ihre Wangen färbten sich unmerklich röter. »Guten Abend, Sir Oliver. Ja, mir geht es tatsächlich gut. Und ich bin bereit, den Gebietern über musikalischen und wohltätigen Geschmack gegenüberzutreten.«
»Ich ebenfalls«, stimmte er ihr zu. Er verneigte sich leicht vor Mrs. Ballinger, die aufstand, um sie nach drauÃen zu bringen, Besitz ergreifend und im Bewusstsein eines nahe bevorstehenden Sieges strahlend.
»Es tut mir Leid«, murmelte Margaret, als sie die Halle durchquerten und der Diener ihr in den Mantel half und ihnen die Haustür öffnete.
Rathbone wusste genau, was sie meinte. »Reine Gewohnheit«, versicherte er ihr gleichermaÃen leise. »Ich achte gar nicht mehr drauf.«
Sie schien etwas antworten zu wollen, vielleicht sogar sagen
zu wollen, dass sie wusste, dass er log, um sie zu trösten, aber der Diener hatte sie zu dem wartenden Hansom begleitet und war noch in Hörweite.
Sobald sie saÃen und die Kutsche sich in Bewegung setzte, schien es lächerlich, das fortzusetzen, was
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