Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarze Themse

Schwarze Themse

Titel: Schwarze Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
junge Frauen, aber diese letzte Sache beunruhigt mich doch ein wenig. Ich bin mir sicher, es ist sehr großmütig, sich um die moralisch Unglücklichen zu kümmern, aber ich finde, sie sollte ihre Sorge mit größerem Nutzen lieber etwas … Zuträglicherem widmen. Vielleicht könnten Sie Ihren Einfluss geltend machen und ihr andere Wege aufzeigen? Ich nehme an, Sie kennen viele Damen, die …«
    Plötzlich war Rathbone wütend. Er wusste genau, was sie im
Sinn hatte. Auf einen Streich manipulierte sie ihn dahingehend, mehr Zeit mit Margaret zu verbringen, und zwar nicht, weil er dies wünschte, sondern aus moralischer Verpflichtung ihrer Mutter gegenüber, und zum anderen erinnerte sie ihn an den sozialen Druck und allgemeine Pflichten. Dies war unglaublich herablassend gegenüber Margaret. Er spürte, dass ihm das Blut ins Gesicht schoss und sein Körper sich anspannte, sodass seine Hände sich förmlich um seine Knie krallten.
    Â»Ich bin hier, um Margaret zu sehen, weil ich ihre Gesellschaft genieße, Mrs. Ballinger«, sagte er mit so viel Selbstbeherrschung, wie er aufbrachte. Er sah, dass ihre Augen vor Zufriedenheit glühten, und war plötzlich bestürzt über das, was er da gesagt hatte, aber er wusste nicht, wie er da herauskommen sollte. »Ich würde mich nicht erdreisten, sie in der Wahl ihres Engagements zu beeinflussen. Die Klinik ist ihr sehr wichtig, und ich glaube, sie würde jegliche Einmischung meinerseits als unangebracht empfinden, wodurch ich ihre Freundschaft verlieren würde.« Er wusste nicht, ob das stimmte, aber der Gedanke daran war ihm äußerst unangenehm, was ihn überraschte.
    Â»Oh, so dumm wäre sie nicht!« Mrs. Ballinger wies den Gedanken mit einem leichten Lachen von sich. »Ihre Achtung vor Ihnen ist viel zu hoch, um nicht auf Sie zu hören, Sir Oliver.« Ihre Stimme war voller Zuversicht, als sei er ihr ebenso teuer.
    Er wünschte, das wäre wahr. Oder hatte er Recht? Hester wäre wütend auf ihn, wenn er versucht hätte, sie in Gewissensangelegenheiten zu bevormunden. Das würde sie nicht einmal von Monk dulden. Er konnte sich in der Tat an eine ganze Reihe von Gelegenheiten erinnern, bei denen Monk so unklug gewesen war, es zu versuchen!
    Â»Ich empfinde zu viel Respekt für Margaret, um den Versuch zu wagen, sie gegen ihre Überzeugung zu beeinflussen, Mrs. Ballinger«, antwortete er. Der Zorn um Margarets willen ließ ihn Dinge sagen, die weit über das hinausgingen, wozu er sich hatte bekennen wollen. Und doch entsprach es der Wahrheit,
und er sagte es mit einer Gewissheit, die er nicht hätte zurücknehmen können.
    Mrs. Ballinger sah gleichermaßen erschreckt und aufgeregt aus, als hätte sie die Angel ausgeworfen und einen Wal gefangen, von dem sie nicht wusste, wie sie ihn an Land bringen sollte, den sie aber auch nicht mehr vom Haken lassen wollte. Sie wollte etwas sagen, besann sich jedoch und saß, die Lippen ein wenig geöffnet, vorne auf der Kante ihres Sessels.
    Â»Kommt noch hinzu«, fuhr Rathbone fort, der das Schweigen nicht ertrug, »dass die Klinik von einer meiner teuersten Freundinnen geleitet wird, und ich würde nicht im Traum wagen, diese ihrer treuesten Hilfe zu berauben. Es war durch die Jahrhunderte die Berufung großartiger Frauen, sich um die weniger Glücklichen zu kümmern, und zwar voller Mitleid und ohne zu urteilen. Kein Arzt hat je danach gefragt, ob sein Patient es wert ist, geheilt zu werden, sondern nur, ob er eine Behandlung braucht. Das Gleiche gilt für jene, welche die Kranken pflegen.«
    Â»Meine Güte!«, sagte sie verblüfft. »Ich hatte keine Ahnung, dass Sie sich so stark engagieren, Sir Oliver! Es muss ein sehr viel edleres Bestreben sein, als ich angenommen habe. Dann arbeiten Sie also eng mit ihnen zusammen? Margaret hat das mir gegenüber nie erwähnt.« Bei dem Gedanken stockte ihr der Atem.
    Rathbone fluchte innerlich. Warum, um alles in der Welt, war er so ungeschickt? Vor Gericht sah er eine Fallgrube auf hundert Meter und umging sie mit solcher Eleganz, dass es seine Gegner zur Weißglut trieb. Und er hatte seit sicher zwanzig Jahren ehestiftende Mütter ausgetrickst, zugegebenermaßen nicht immer mit Charme, aber er war im Laufe der Zeit besser geworden.
    Â»Ich arbeite keineswegs mit ihnen zusammen«, sagte er bestimmt. »Aber wegen meiner langen

Weitere Kostenlose Bücher