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Schwarze Themse

Schwarze Themse

Titel: Schwarze Themse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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darin Trost fand, zeigte sich das nicht in ihrer Miene. Sie nickte, aber eher förmlich, denn aus wirklicher Zustimmung, und ging die Treppe hinunter.
    Der Rest der Nacht verstrich relativ ereignislos, und Hester konnte noch ein paar Stunden schlafen. Am Morgen schickte sie Squeaky zum Leichenbestatter, damit dieser kam und den Leichnam der Frau wegbrachte, dann machte sie sich daran, für alle, die etwas zu sich nehmen konnten, Frühstück vorzubereiten.
    Claudine war müde und verschlossen, führte aber die ihr übertragenen Aufgaben schon mit etwas mehr Geschick aus. Sie ging sogar mit einer Schale Haferschleim zu Ruth Clark hinauf und half ihr beim Essen.
    Â»Ich mache mir Gedanken, ob es der Frau besser geht oder nicht«, sagte sie, als sie mit der Schale in die Küche zurückkam. »Eine Minute denke ich, es geht ihr besser, in der nächsten hat sie wieder Fieber und sieht aus, als würde sie es nicht bis zum Einbruch der Nacht schaffen.« Sie kippte den Rest Haferschleim in den Ausguss und stellte die Schale in das Waschbecken.
»Ich gehe die Straße runter, Wasser holen«, fügte sie schmallippig hinzu. »Da draußen ist es kalt wie im Grab.«
    Hester dankte ihr aufrichtig und beschloss, selbst nach oben zu gehen und nach Ruth zu schauen. Sie fand sie von Kissen gestützt, das Gesicht gerötet, die Augen blitzten wütend.
    Â»Wie geht es Ihnen?«, fragte Hester forsch. »Claudine sagte, Sie hätten ein wenig essen können.«
    Ein säuerliches Lächeln huschte über ihre Lippen. »Besser, es runterzuschlucken, als es rauszuwürgen. Sie hat Hände wie ein Pferd, Ihre verkniffene Mrs. Burroughs. Sie verachtet Ihre Hilfskräfte, aber ich würde behaupten, dass Sie das sehen können.« Ein halb neugieriger, halb wissender Ausdruck huschte über ihr Gesicht. »Selbst wenn Sie nicht so schlau sind zu verstehen, warum«, fügte sie noch hinzu.
    Hester schauderte einen Augenblick, sie spürte etwas Hässliches im Raum, aber sie weigerte sich, näher darauf einzugehen. »Es geht mich nichts an, warum, Miss Clark«, antwortete sie in scharfem Ton. »Genauso wenig wie ich mir Gedanken darüber mache, warum Ihr Liebhaber es einem Freund überlassen hat, Sie in eine Wohltätigkeitsklinik zu bringen, damit man sich hier um sie kümmert. Sie sind krank, und wir können Ihnen helfen, das ist alles, was mich angeht. Ich bin froh, dass Sie ein wenig essen konnten.«
    Â»Wohltätigkeitsklinik!«, sagte Ruth mit erstickter Stimme, als würde sie lachen, wenn sie die Kraft dazu hätte, aber in ihren Augen lag Hass.
    Aber Hester sah auch die Angst. »Wir tun unser Bestes«, sagte sie etwas freundlicher. »Schauen Sie, ob Sie ein wenig ruhen können. Ich komme nachher wieder.«
    Ruth antwortete nicht.
    Der Leichenbestatter kam, und Squeaky kümmerte sich um die Einzelheiten, einschließlich der Bezahlung. Eine weitere Belastung für ihre schwindenden finanziellen Mittel, über die er sich lautstark bschwerte.
    Kurz vor Mittag kam der Rattenfänger. Hester hatte vollkommen
vergessen, dass sie nach ihm geschickt hatte, und einen Augenblick war sie so verdutzt, dass sie ihn nicht erkannte. Er war dünn, ein wenig breitschultrig und nur drei oder vier Zentimeter größer als sie. Dann trat er ins Licht, und sie sah sein schiefes, humorvolles Gesicht und den kleinen braunweißen Terrier, der um seine Füße herumlief.
    Â»Mr. Sutton! Haben Sie mich erschreckt. Ich habe völlig vergessen, was für ein Tag heute ist. Es tut mir Leid.«
    Er schenkte ihr ein schiefes Lächeln, denn sein Gesicht war angenehm unsymmetrisch, eine Augenbraue etwas höher als die andere. »Dann kann es mit den Ratten nicht allzu schlimm sein, sonst hätten Sie es kaum erwarten können, mich zu sehen. Aber Sie sehen ziemlich erschöpft aus, so wahr ich hier stehe.«
    Â»Wir haben im Augenblick viele Kranke hier«, antwortete sie. »Die Jahreszeit, nehme ich an.«
    Â»Da draußen bläst es dermaßen, dass es sicher bald schneit«, meinte er. »Ich schätze, dass es heute Nacht friert. Selbst die Ratten haben so viel Verstand, dass sie sich dann nicht da draußen rumtreiben. Haben Sie viele?« Er schaute sich in der Küche um, bemerkte die Kästen mit Lebensmitteln, den sauberen Fußboden, die Kübel mit Wasser. »Seien Sie nicht verstimmt, wenn dem so ist.

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