Schwarze Verführung: Die Herren der Unterwelt 9 (German Edition)
würden.
Und er hier … Wer auch immer ihn geschaffen hatte, war ein Meister seines Fachs. Wie betörend schön Paris war. Kein Sterblicher konnte sich je mit ihm messen. Kein anderer Unsterblicher oder mythischer Gott konnte es mit ihm aufnehmen. Er besaß ein Gesicht, das für den Luxus des Schlafzimmers ebenso gemacht war wie für die Grausamkeit des Schlachtfelds. Augen von einem leuchtenden Blau, verführerischumrahmt mit Kajal, den sie noch nie an ihm gesehen hatte. Seine Haare ein Meer an Farben: Schwarz, Braun, sogar ein paar Strähnen Flachsblond. Ein hochgewachsener, köstlich muskulöser Körper.
Er war die Perfektion in Person – und nichts weiter als ein Trugbild. Trotzdem wollte sie nichts mehr, als zu ihm zu laufen, ihn mit Küssen zu übersäen, während sie um Vergebung bettelte.
Vergebung, die sie nicht verdiente.
Wenigstens war er in dieser Erinnerung nicht verletzt. Das war nur ein kleiner Trost, doch sie nahm, was sie kriegen konnte.
Eine weitere Vision entfaltete sich hinter Paris, eine zweite Horde Gargl, die einen zweiten dunkelhaarigen Krieger hinter sich herschleppten. Dieser Mann war genauso groß wie Paris, genauso muskulös und, Wunder über Wunder, fast genauso schön – aber er war definitiv verletzt. Bissspuren überzogen seine Arme, und auf seiner Brust erstreckten sich Stichwunden von den Hörnern der Gargl, ein abstraktes Kunstwerk der Schmerzen. Seltsam. Von ihm hatte sie noch nie eine Vision gesehen. Sie erinnerte sich nicht einmal, ihn je getroffen zu haben.
Ihr Blick wanderte zurück zu Paris. Zwei der Gargl … versuchten, ihn zu bespringen? Tatsächlich. Die Zungen hingen ihnen aus den Mäulern, die Unterkörper rieben sie rhythmisch an seinen Beinen. Warum sollte Cronus ihr so etwas zeigen? Um sie eifersüchtig zu machen? Auf die Gargl?
Irgendetwas daran war … seltsam.
Bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, warf sich Zorn von innen gegen ihre Schädeldecke, wieder und wieder, und lenkte sie ab. Ihre Schläfen hämmerten im Takt seiner Angriffe, während die Hitze in ihr wuchs, das Frösteln besiegte, sie schwitzend und mit geröteten Wangen zurückließ. Jedes Mal, wenn sie eine Erinnerung an Paris sah, reagierten ihr Dämon und ihr Körper auf diese Weise.
Himmel … Hölle … Immer wenn sie Bilder von Paris erblickte, raunte Zorn diese zwei Wörter. Er kann uns helfen.
„Ich weiß, dass er das kann“, wisperte sie, nicht länger überrascht, dass sie mit dem Ungeheuer sprach. „Und er ist definitiv unser Himmel, nicht wahr?“ Ihr einziger Funken Hoffnung.
Soso. So weit war es mit ihr also gekommen. Von Hass zu … Liebe? Liebte sie ihn? Sicher nicht. Sie kannte ihn ja kaum. Aber wenn er mehr als ein grausamer, herzloser Trick wäre, mit dem Cronus mich bloß gefügig machen will, könnte ich mehr über ihn in Erfahrung bringen, dachte sie wehmütig.
„Sienna?“ Das war Paris’ Stimme, tief, schroff und rau.
Ein weiterer Schauer überlief sie, als ihr Blick den seinen traf. Ihr gesamter Körper schien ihn plötzlich wahrzunehmen, sehnte sich nach ihm. Genug, hätte sie beinahe geschrien. Du hast mich genug gefoltert. Ich gebe nach.
„Sienna!“ Ein heiserer Schrei voller Verzweiflung und Erwartung. „Sienna!“
„Genug!“ Diesmal konnte sie den Befehl nicht zurückhalten. In ihren Augen brannten Tränen. Ihr Kinn zitterte, dass ihr die Zähne klapperten. Fest klammerte sie sich in den Stoff ihres Hemdes, um nicht nach ihm zu greifen, als die Gargl ihn an ihr vorbeischleppten.
Am Anfang hatte sie die Illusionen für real gehalten. Sie hatte sich mit aller Macht hineingestürzt, doch jedes Mal feststellen müssen, dass sie keine Verbindungen zu den Menschen in den Illusionen herstellen konnte. Das hatte sie Stück für Stück zerstört.
Himmelhölle. Hilfe. Hilfe!
„Sienna!“ Paris kämpfte so wild gegen die Gargl, wand sich, drehte sich, trat und schlug um sich, dass er sich einen Arm auskugelte. „Ich bin deinetwegen hier. Ich werde nicht ohne dich gehen. Sienna!“
HIMMELHÖLLE. HILFE!
Es fühlte sich an, als rollten Eisenkugeln in ihrem Magen umher. In ihrer Kehle stieg Galle auf. Sie ließ das Hemd los, um die Fingernägel in ihre Oberschenkel zu bohren, durchstieß die Haut, versuchte, bis auf den Knochen durchzudringen. Bleib ruhig. Obwohl sie irgendetwas, alles tun wollte, um Paris zu besänftigen, wusste sie: Je mehr sie unternahm, desto heftiger würde er kämpfen. Das hier ist nicht real. Er ist nicht
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