Schwarzer Engel
verputzte dann noch meine Reste, obwohl ich noch für einen weiteren Gang bezahlt hätte. Ab und zu musterte sie mich verstohlen und abschätzig. Aber ohne zu raten wußte ich, sie war dabei, ihren nächsten Schachzug zu planen. Obwohl ich mich danach sehnte, mich von ihr zu trennen und zu Troy zurückzukehren, gestattete ich ihr, mich dazu zu überreden, in ihr kleines Zimmer zurückzugehen.
»Bitte, Heaven, bitte, wegen der alten Zeiten, und weilsde meine Schwester bist und mich doch nich einfach aufgeb’n und mir selber überlassen kannst.«
In dem Moment, als wir wieder in ihrem Zimmer waren, drehte sie sich frontal zu mir. »Jetzt wart mal ’ne Minute!«
schrie sie, stemmte die Fäuste in ihre Hüften und spreizte die Beine. »Wer glaubste denn, daß de bist? Kannst nich einfach komm’n und geh’n, ohne mehr für mich zu tun, als mir ’n kostenloses Essen, billige Fetzen und das bißchen Geld zu spendieren!«
Sie machte mich zornig. Nie in ihrem Leben hatte Fanny ein freundliches Wort für mich übrig gehabt, geschweige denn, irgend etwas anderes. »Warum fragst du mich nicht mal nach Tom oder Keith und Unsere-Jane?«
»Kann mich um niemand kümmern, nur um mich!« blaffte sie und versperrte mir den Weg, so daß ich die Tür nur erreichen konnte, wenn ich sie beiseite schob. »Bist mir was schuldig, Heaven, biste! Als Ma wegging, wurde von dir erwartet, daß de dein Bestes für mich tust – und du hast’s nich getan! Hast zugelass’n, daß mich Pa an diesen Reverend und sein Weib verkaufte. Und jetzt hab’n se auch noch mein Baby!
Obwohl du wußtest, daß ich’s nicht hätt’ verkaufen sollen!
Hättest mich dran hindern können, aber hast’s nicht genug versucht!«
Mir stand der Mund offen! Ich hatte mein Möglichstes getan, um Fannys Entscheidung, ihr Baby für zehntausend Dollar aufzugeben, zu begreifen. »Ich versuchte es doch, und wie«, erwiderte ich mit steigender Ungeduld. »Jetzt ist’s zu spät!«
»’s ist nie zu spät! Und du hast’s eben nich genug probiert!
Hätt’st die richtigen Worte find’n müss’n, und ich hätt’ mich besser ausgekannt! Jetzt hab’ ich nichts! Kein Geld und auch kein Baby! Ich möcht’ mein Baby so sehr, daß es schon weh tut! Kann nich schlaf’n, weil ich denk’, daß se se hab’n und ich nie… und ich liebse, brauchse, magse. Hab’ mein eignes Baby nie gehalt’n, nur einmal, denn se haben se mir weggenommen und der alt’n Schachtel Wise gegeb’n!«
Über Fanny und ihre irrationalen Temperamentsausbrüche verblüfft, versuchte ich, Mitgefühl auszudrücken, aber davon wollte sie nichts wissen.
»Versuch nich, mir weiszumach’n, ich hätt’s besser wiss’n müss’n. Hab’s nich besser gewußt, und jetzt tut’s mir leid.
Also, das könnts’ de mit deinen ganzen Mäusen schon anfangen, die de irgendwo vergrab’n hast… gehste nach Winnerow zurück und gibst dem Reverend und seim Weib die ganzen Zehntausend, die se mir für se gezahlt haben, wieder!
Oder du zahlst ihnen doppelt so viel, aber du mußt mein Baby zurückkaufen!«
Ich war sprachlos. Wonach sie fragte, war unmöglich.
Ihre dunklen Augen fraßen sich in meinen fest. »Hörst mich?
Mußt zurück, mein Baby wieder kaufen!«
»Du kannst doch nicht wirklich meinen, was du da sagst! Es gibt keine Möglichkeit für mich, dein Baby zurückzukaufen!
Du hast mir erzählt, daß du beim Betreten des Krankenhauses Papiere unterschrieben hast, die eine Adoption gestatteten – «
»Nein, hab’ ich nich! Hab’ nur ’n Wisch unterschrieb’n, daß Mrs. Wise mein Baby behalten kann, bis ich alt genug bin, um mich drum zu kümmern.«
Ich konnte nicht sagen, ob sie log oder nicht. Nie hatte ich Fanny so durchschauen können wie Tom. Trotzdem versuchte ich, vernünftige Gründe anzuführen. »Ich kann nicht dorthin zurückgehen und ein Baby Eltern wegnehmen, die es anbeten und gut dafür sorgen. Du hast mir die Fotos gezeigt, Fanny. Ich kann sehen, daß sie sie genug lieben, um ihr alles zu geben.
Aber was kannst du ihr bieten? Ich kann nicht dir und deiner Art zu leben ein hilfloses Baby ausliefern.« Ich breitete die Arme aus, um auf den hoffnungslosen Raum zu deuten, wo eine Babywiege nie hineinpassen würde. »Was würdest du mit einem so kleinen Kind, das so viel fordert, anfangen? Wo würdest du sie lassen, während du rausgehst, um dir deinen Lebensunterhalt zu verdienen? Kannst du mir das verraten?«
»Muß dir gar nichts verraten!« schrie sie mit funkelnden Augen,
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