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Schwarzer Engel

Schwarzer Engel

Titel: Schwarzer Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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den hohen Hecken sahen gleich aus und beinahe hatte ich Angst, mein tröstliches Stoffstück zu verlassen, das mir wenigstens sagen konnte, wo ich dreimal gewesen war.
    Wie ich so unschlüssig dastand und meine Ohren spitzte, um das Krachen der Brandung am Strand zu hören, hörte ich zwar nicht die Wellen, die sich an den Felsen brachen, dafür aber ein ständiges Poch-Poch – jemand hämmerte irgendwo, menschliche Wesen in der Nähe! Von meinen Ohren ließ ich mich vorwärts führen.
    Rasch und schwer brach die Nacht herein, und Nebelschwaden wirbelten auf dem Boden, wo die kalte Luft auf die noch warme Erde traf. Und kein noch so leiser Windhauch blies sie auf und davon. Immer weiter folgte ich dem Klang des Hämmerns, und dann, beunruhigenderweise, hörte ich, wie ein Fenster geschlossen wurde, peng! Kein Pochen mehr! Die Stille mit ihren schrecklichen Folgen betäubte mich. Die ganze Nacht lang könnte ich hier draußen herumwandern und niemand wüßte es. Wer würde schon daran denken, im Gartenlabyrinth nachzusehen? Verflixt, warum war ich nur rückwärts gelaufen? Meine Gewohnheit aus den Bergen erschien jetzt albern.
    Wie Granny kreuzte ich die Arme über der Brust und ging die nächste Biegung nach rechts und gleich wieder rechts, wandte mich nie mehr nach links und plötzlich – war ich draußen!
    Leider nicht dort, wo ich angefangen hatte, denn nichts erkannte ich wieder, aber doch irgendwo, wo es besser war als in dem Puzzle drinnen. Es war zu dunkel und nebelig, um das Haus sehen zu können. Vor mir lag ein Weg aus hellen Platten, die in der Dunkelheit matt schimmerten. Ich roch die hohen Pinien, die wegen des Nebels und der Dunkelheit nur schwach zu erkennen waren, und dann entdeckte ich eine kleine Steinhütte mit einem roten Schieferdach. Sie duckte sich unter eine Pinientruppe, die ringsherum wuchs. Ich war so überrascht, daß ich leise aufschrie.
    Was für ein Vergnügen, reich zu sein, Geld zum Verschwenden zu haben. So eine Hütte gehört in ein Buch von
    »Mutter Gans«, aber nicht hierher. Ein kniehoher Palisadenzaun, der nichts abschrecken konnte, schlängelte sich um die Hütte, Kletterrosen, die ich fast nur ahnen konnte, wuchsen daran entlang. Bei Tag wäre dies alles eine reizvolle Entdeckung gewesen, aber in der Nacht ging meine argwöhnische Phantasie mit mir durch, und ich fürchtete mich.
    Ganz still stand ich da und überdachte die Situation: Ich könnte mich umdrehen und zurückgehen – aber bei einem Blick über die Schulter mußte ich feststellen, daß der Nebel noch dichter geworden war und ich nicht einmal das Labyrinth sehen konnte!
    Nach dem beißenden Geruch von brennendem Holz zu schließen mußte dort Rauch aufsteigen. Das war’s – ein Gärtnerhäuschen! Und drinnen ein älterer Mann mit seiner Frau, die sich gerade zu einem einfachen Essen hinsetzten. So etwas würde meinem Appetit sicher mehr Spaß machen als alle Feinschmecker-Delikatessen, die in einer Küche zubereitet worden waren, die Tony nicht einmal das Vorzeigen wert gewesen war.
    Das Licht aus den Fenstern strahlte nicht nach draußen auf den Weg, um es für mich heller zu machen. Gedämpft schien es, als ob es gleich wieder verschwinden würde. Ich steuerte auf die Fensteröffnungen zu, bevor auch sie sich noch im Nebel auflösen würden.
    An der Haustüre zögerte ich, bevor ich klopfte.
    Drei-, viermal schlug ich an die dicke Tür, an der ich meine Hände beim Klopfen verletzte – und noch immer keine Antwort! Irgend jemand war da drinnen, ich wußte, daß jemand drinnen war! Wer auch immer, er ignorierte mich, und das machte mich ungeduldig. Im Vertrauen, jetzt ein mehr oder weniger bedeutendes Mitglied der Tatterton Familie zu sein, drehte ich den Türknopf und betrat einen halbdunklen Raum, der nur vom Feuer erhellt wurde. In der Hütte war es sehr warm. Mit dem Rücken zur Tür blieb ich stehen und starrte auf einen jungen Mann, der dasaß und mir seinerseits den Rücken zukehrte. Nach seinen langen, schlanken Beinen, die in engen schwarzen Hosen steckten, zu urteilen, mußte er groß sein. Er hatte breite Schultern und dunkelbraune Locken, die an den Spitzen vom Feuerschein rötlich schimmerten. Ich starrte auf diese Locken und mußte daran denken, daß ich immer geglaubt hatte, Keiths Haare würden so aussehen, wenn er einmal ein erwachsener Mann wäre. Kräftige Locken waren es, die sich in seinem Nacken nach oben kräuselten. Ganz leicht berührten sie den weißen Kragen seines dünnen Hemdes,

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