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Schwarzer Engel

Schwarzer Engel

Titel: Schwarzer Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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hielten sie einen Moment inne, starrten auf meine Lippen und versanken dann tief und lang in meinen Augen. Ich fühlte, wie alles Blut aus mir wich, ehe er seine Augen abwandte, die allmählich ins Leere starrten.
    Aha, ich machte Eindruck auf ihn, soviel konnte ich feststellen, denn irgend etwas, was er gesehen hatte, ließ ihn die Lippen zusammenpressen und die Fäuste ballen. Er drehte sich von mir weg und nahm wieder diesen verdammten kleinen Hammer in die Hand, als ob er einfach weitermachen und sich von nichts in seiner Tätigkeit stören lassen wollte! Zum zweitenmal schrie ich los, mit einer lauten und zornigen Stimme wie eine Casteel: »Hör auf! Warum kannst du dich nicht zivilisiert mir gegenüber benehmen? Es ist mein erster Tag hier, mein Gastgeber und meine Gastgeberin sind zu einer Abend-Party gegangen und haben mich mit Dienern zu meiner Unterhaltung allein gelassen, und ich weiß nicht, was ich mit mir anfangen soll. Ich brauche jemanden zum Sprechen – aber sie haben mir nicht erzählt, daß jemand wie du auf dem Grundstück lebt.«
    »Wie ich? Was meinst du damit?«
    »Jemand so jung wie du. Wer bist du?«
    »Ich weiß, wer du bist«, sagte er, als ob ihm das Sprechen noch immer widerstrebte. »Ich wünschte, du wärest nicht gekommen. Ich habe unsere Begegnung nicht geplant, aber noch ist es nicht zu spät. Geh nur mit gerade ausgestreckten Armen zur Türe hinaus und nach fünfzig Schritten wirst du an die Hecke stoßen. Wenn du sie dann vor dir spürst, halte deine rechte Hand an die Hecke und laß dich von ihr führen, solange du nach links gehst. Im Handumdrehen wirst du dann zurück beim Haupthaus sein. Die Bibliothek enthält eine hübsche Auswahl von Büchern, falls du lesen möchtest. Wenn nicht, dann gibt’s dort einen Fernseher und in der Schublade auf dem dritten Regal von unten liegen Fotoalben, die dich amüsieren sollten. Sollte das alles nichts sein, der Küchenchef ist äußerst freundlich und redet gerne, er heißt Ryse Williams, aber wir alle rufen ihn Rye Whiskey.«
    »Wer bist du?« fuhr ich ihn zornig an.
    »Ich sehe nicht ein, welchen Unterschied das für dich macht.
    Wie auch immer, da du darauf bestehst, ich heiße Troy Langdon Tatterton, dein ›Onkel‹ ist mein älterer Bruder.«
    »Du lügst!« schrie ich. »Sie hätten mir davon erzählt, daß du hier bist, wenn du wirklich der wärst, für den du dich ausgibst!«
    »Ich finde es unnötig, wegen etwas so Banalem wie meinem Namen zu lügen. Vielleicht wissen sie es nicht einmal, daß ich hier bin. Außerdem bin ich einundzwanzig. Ich schicke ihnen keine Vorankündigung, wenn ich in meine Hütte und mein Atelier komme, genausowenig wie ich ihnen erzähle, wann ich gehe.«
    Ich stotterte. »Aber… aber warum lebst du nicht im Haupthaus?«
    Er lächelte. »Ich habe meine Gründe, warum es mir hier besser gefällt. Muß ich dir das erklären?«
    »Aber in diesem Haus sind so viele Räume, während hier wenig Platz ist«, murmelte ich jetzt ziemlich verlegen, so sehr, daß ich den Kopf hängen ließ und mich fürchterlich mies fühlte. Er hatte recht, natürlich. Ich hatte mich zum Esel gestempelt. Was gab mir schon das Recht, meine Nase in seine Angelegenheiten zu stecken?
    Diesmal befestigte er den Hammer in einer speziellen Nische in der Wand, wo noch anderes Werkzeug in Reih und Glied hing. Seine tiefliegenden, ernsten Augen blickten traurig und voll von etwas, das ich nicht verstand, als sie meine trafen.
    »Was weißt du von mir?«
    Meine Knie knickten zusammen, und wie von selbst saß ich auf einem kleinen Sofa vor dem Feuer. Bei diesem Anblick seufzte er, als ob er mich lieber zur Tür hinausgehen hätte sehen wollen. Aber ich wollte einfach nicht glauben, daß er das tatsächlich wünschte. »Ich weiß nur, was mir dein Bruder erzählt hat, und das ist nicht allzuviel. Er sagte, du bist hochintelligent und hast mit achtzehn dein Studium in Harvard abgeschlossen.«
    Er stand vom Tisch auf und kam, um sich in einem Sessel gegenüber meinem auszustrecken. Und dann wischte er meine Worte wie beleidigenden Rauch, der die Atmosphäre zerstört, beiseite. »Mit meiner sogenannten Genialität habe ich nichts Entscheidendes bewirkt, so daß ich ebensogut mit einem IQ
    von fünfzig hätte geboren werden können.«
    Mir blieb der Mund offen, als ich ihn Gedanken äußern hörte, die so völlig im Gegensatz zu meiner Überzeugung standen.
    Mit der nötigen Bildung lag einem doch die Welt zu Füßen!
    »Aber du hast an einer

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