Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzer Engel

Schwarzer Engel

Titel: Schwarzer Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
Vom Netzwerk:
Rede hatte Jillian Essen in ihren Mund gestopft, um ihn so voll zu machen, daß keine verräterische Silbe herauskonnte. Sie sagte keinen Ton, starrte mich nur an. Ach, wie sehr wünschte ich mir, sie könnte lernen, mich zu lieben. Ich brauchte so dringend eine echte Mutter, jemanden, mit dem ich mich wirklich unterhalten konnte, jemanden, der mir beibringen konnte, eine richtige Frau zu werden. Aber ich fing an zu begreifen, daß Jillian nie so sein würde. Vielleicht wenn sie mehr von Jana gehabt hätte
    – grob und übertreibend, aber wenigstens daran interessiert, mich kennenzulernen. Gott sei Dank hatte Jana wenig Gelegenheit dazu. Das ganze Essen hindurch war ich aufgeregt. Ich hatte Angst, sie würde erneut anfangen, nach meiner Vergangenheit zu fragen. Ich hatte Angst, irgendein wahres Wort käme aus Versehen heraus und würde dem, was ich Tony erzählt hatte, widersprechen. Aber das Mahl ging unter einem Schwall von belanglosem Gerede zu Ende, und bald danach brach Jana zu ihrem eleganten Hotel in Boston auf.
    »Schade, daß ich nicht bleiben und dich besser kennenlernen kann, Heaven, aber bei einem Aufenthalt in Farthy habe ich mich noch nie wohlgefühlt« – hier warf sie Jillian einen anklagenden Blick zu – »und morgen muß ich nach Texas zurück. Vielleicht wirst du ja mal zu Besuch kommen.« Vor ihrem Abschied küßte sie mich auf beide Wangen und gab mir das Gefühl, daß mich wenigstens ein weibliches Wesen in der Familie akzeptiert hatte.
    Woche für Woche wurde ich reicher. Tony überwies mir Geld auf ein Konto, das er für mich eröffnet hatte, und er gab mir ein äußerst großzügiges Taschengeld. Ich lebte sparsam und legte, was ich konnte, auf ein Sparbuch, das langsam interessant wurde. Bei seltenen Gelegenheiten gab mir Jillian Zwanzig-Dollar-Scheine, als ob’s Kleingeld wäre. »Ach, sei doch nicht so verdammt dankbar!« schrie sie, wenn ich mich vielleicht etwas zu überschwenglich bei ihr bedankte. »Es ist doch nur Geld!«
    Das gesparte Geld war für den Tag bestimmt, an dem ich meine Familie wieder beisammen hätte, für mich selbst gab ich nur wenig aus. Wenn ich in diesem Jahr einkaufen ging, dann für uns alle, als ob wir schon wieder beisammen wären. Einen wunderschönen, handgestrickten weißen Pulli für Tom, dann eine Kamera mit Dutzenden von Filmen, damit einer seiner Freunde Bilder von ihm machen würde, die er dann wiederum mir schicken konnte.
    Ich versprach mir selbst, daß ich eines Tages die Freude hätte, ihnen beim Auspacken meiner Geschenke zuzuschauen… eines Tages. Am frühen Weihnachtsmorgen trafen Troy und ich uns in seiner Hütte, lange bevor Jillian und Tony auf waren. Er hatte schon sein Frühstück vorbereitet, den Baum hatten wir gemeinsam geschmückt, und darunter lagen unsere Geschenke füreinander. »Komm rein, frohe Weihnachten! Du siehst aber hübsch aus mit rosigen Wangen.
    Ich hatte solche Angst, du würdest zu spät kommen. Ich habe für uns das köstlichste Schwedische Weihnachtsbrot vorbereitet.«
    Später packten wir wie zwei kleine Kinder unsere Geschenke aus. Troy schenkte mir einen blauen Kaschmir-Pulli, der genau zu meiner Augenfarbe paßte. Ich schenkte ihm ein reich verziertes, in braunes Leder gebundenes Tagebuch, dessen Ränder vergoldet waren. »Was in aller Welt ist das? Ein Tagebuch für mich, um meine lächerlichsten oder bemerkenswertesten Sprüche festzuhalten?« Er machte Witze, aber mir war es todernst. »Ich möchte, daß du darin alles aufschreibst, angefangen vom ersten Tag, an dem dir Tony etwas von Jillian erzählt hat. Alles, was sie dir über meine Mutter vor ihrer Hochzeit erzählten. Wie sie zu ihrem Vater und zu der Scheidung stand. Schreibe über das erste Mal, als du sie sahst, was sie zu dir sagte und du zu ihr. Erinnere dich, was sie anhatte, an deine ersten Eindrücke.«
    Seine Miene wirkte fremd, während er nickte und das Buch von mir entgegennahm. »Nun gut, ich werde mein Bestes versuchen. Trotzdem mußt du dir ins Gedächtnis rufen, daß ich erst drei war – hörst du, Heaven, erst drei. Und sie war zwölf.«
    »Tony erzählte mir, daß du in deinen geistigen Fähigkeiten deinem Alter weit voraus warst. Aber viel jünger, wenn’s darauf ankam, daß man dich alleine ließ.«
    Ich hatte andere Geschenke für ihn, die ihm mehr gefielen.
    Seine Geschenke schätzte ich mehr als alles andere, was Jillian und Tony unter einen der riesigen Christbäume vor jedem Hauptfenster von Farthinggale Manor

Weitere Kostenlose Bücher