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Schwarzer Koks (German Edition)

Schwarzer Koks (German Edition)

Titel: Schwarzer Koks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Grenton
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aus. Den gebeugten Kopf zwischen die knochigen Schultern gezogen, sprang er über Steine und Löcher. Nach all den Jahren dort unten legte er dabei ein schier angeborenes Geschick an den Tag. Etwa zehn Minuten später blieb er stehen, ließ die Arme hängen und starrte auf den Boden wie ein Spielzeug, dem die Batterien ausgegangen waren.
    »Was ist?«, fragte Nathan, der bewusst einige Schritte Abstand hielt. Er nahm die Taschenlampe herum. Einige Meter vor ihnen befand sich ein kleiner Geröllhaufen, aus dem einige Metallstäbe staken. Dahinter führte der Tunnel weiter ins Dunkel.
    Der Junkie ging in die Hocke und begann im Geröll zu scharren. Nathan zog die Brauen zusammen. War das wieder ein Trick?
    »Was machst du denn?« Er richtete den Schein der Lampe in das Gesicht des Junkies, der blinzelnd die Stirn kraus zog.
    »Der Ausstieg.« Der Junkie hielt sich eine Hand vor die Augen. »Ich habe die Stelle markiert. Hier. Auf dem Boden.«
    »Wo ist er denn?«
    »Da.« Der Junkie wies auf die Wand zu ihrer Linken. Nathan richtete die Lampe darauf. »Da ist doch nichts.«
    Der Junkie trat auf die Wand zu. Nathan spannte die Muskeln, aber der Junkie streckte nur die Hände und tätschelte die bröckelige Wand.
    »Hier«, sagte er. »Die kleinen Stufen. In der Wand.« Er hob den Kopf und blickte hinauf. »Da oben ist der Ausgang.«
    »Okay, geh mal weg.« Nathan sah sich die Wand genauer an. Der Junkie hatte nicht gelogen. Nathan sah kleine Vertiefungen, gerade groß genug für Finger und Zehenspitzen. Er richtete den Strahl der Lampe nach oben. Die Decke war hier viel höher. Sie war aus grob behauenen Steinquadern mit dunklen Stellen dort, wo welche herausgefallen waren.
    »Wo soll denn da ein Ausstieg sein?«, fragte Nathan. Dann stutzte er. »Augenblick. Du hast Recht. Sieht nach einem Mannloch aus. Wo führt denn das hin?«
    »Ciudad Bolivar.«
    »Verdammt.« Die Ciudad Bolivar war der größte und ärmste Slum Bogotás. Er lag im Südwesten der Stadt. Es war ein gewalttätiger Stadtteil unter der Kontrolle von Gangs. Es war nicht gerade der Ort, an dem man als weißer Brite alleine rumlief.
    »Wenn du bezahlst, helf ich dir da raus.«
    »Du zuerst.« Nathan senkte die Lampe. »Keine Tricks.«
    »Ohne mich überlebst du Ciudad Bolivar nicht.«
    »Mach zu, Sportsfreund. Wir klären das, wenn wir hier raus sind.«
    »Hast du Dollars?«
    »Sehe ich aus, als hätte ich einen Koffer voll Geld dabei?«
    Der Junkie kratzte sich die Stoppeln am Kinn. »Wie machen wir das denn?«
    »Ich habe Freunde. Und jetzt mach, dass du da raufkommst.«
    Irgendwo hinter ihnen waren wieder Stimmen zu hören, diesmal jedoch beträchtlich näher. Nathan fuhr herum, aber der Tunnel war leer.
    Er wandte sich eben wieder dem Junkie zu, als ihn ein harter Schlag zwischen die Schulterblätter nach vorn taumeln ließ. Stoßartig entfuhr ihm die Luft. Schon kam der nächste Schlag. Stöhnend sackte er auf die Knie. In seinem Kopf drehte sich alles, er sah nicht mehr klar. Er duckte sich und spürte einen Luftzug, als etwas über ihn hinwegwischte. Er warf sich nach vorn und rollte sich seitwärts ab, bis er an der Wand aufschlug. Er blickte auf. Der Junkie hatte einen der Metallstäbe in der Hand und zielte damit auf Nathans Gesicht.
    Nathan rollte sich seitwärts weg, aber der Metallstab streifte ihn. Er rappelte sich auf, trat ein paar Schritte zurück und schüttelte sich, um einen klaren Kopf zu bekommen. Er stellte sich auf Gegenwehr ein. Und diesmal würde er den Kerl nicht schonen.
    Die Taschenlampe lag dort, wo sie ihm aus der Hand gefallen war und warf ihr Licht über das Geröll.
    Aber der Junkie war nicht mehr da.

Kapitel 57
    Bogotá, Kolumbien
14. April 2011
    Nathan hob die Lampe auf und richtete sie nach oben. Der Junkie krabbelte wie eine Spinne die Wand hinauf. Nathan nahm die Lampe zwischen die Zähne und machte sich unter Schmerzen an den Aufstieg. Über ihm hörte er das Geräusch von Metall auf Metall. Er sah nach oben, verdrehte den Kopf so, dass der Schein der Lampe gegen die Decke fiel. Der Junkie hatte die Schultern gegen den Gullydeckel gestemmt und versuchte ihn anzuheben. Der Deckel bewegte sich nicht.
    Unter ihnen hallten die Stimmen durch den Tunnel. Wieder waren sie ein Stück näher als zuvor.
    Nathan zog sich weitere zwei Meter nach oben. Klettern war noch nie seine Stärke gewesen, aber Verzweiflung und Zorn trieben ihn an. Steine rieselten auf ihn herab, trafen ihn am Kopf. Der Junkie trat gegen die Wand in dem

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