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Schwarzer Koks (German Edition)

Schwarzer Koks (German Edition)

Titel: Schwarzer Koks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Grenton
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Granada!«
    Eine Explosion fuhr durch den engen Tunnel. Die Wände erbebten. Die Druckwelle warf Nathan nach vorne und kopfüber in den stinkenden Schleim. Prustend tauchte er wieder auf. Rund um ihn regnete es Betonfragmente. Er watete weiter. Getrieben von einer merkwürdigen Mischung aus Verzweiflung und Hochgefühl darüber, Amonite noch einmal entwischt zu sein. Er stellte sie sich vor: schreiend vor Frustration, ihre hässliche Visage verzerrt vor rasender Wut.
    Geschrei und Schüsse blieben hinter ihm zurück. Da er in der Dunkelheit nichts sah, streckte er die Hände vor sich aus wie ein Blinder. Stille hatte sich über den Tunnel gelegt. Nur hier und da war ein Tröpfeln oder ein huschender Nager zu hören. Womöglich wussten die Wärter, wo der Tunnel hinführte, und erwarteten ihn am Ausgang, um ihn zu pflücken wie einen tiefhängenden Apfel.
    Minuten schienen sich zu Stunden zu dehnen. Die Tiefe des Abwassers war trügerisch; reichte es ihm eben noch bis zu den Knöcheln, stand er im nächsten Augenblick wieder bis zu den Hüften im Schlamm. Es war jedoch immer dieselbe dicke, schmierige, schlickige Masse, die an seiner Hose zog, die vom ersten Augenblick an vollgesogen war, klebrig und schwer.
    Er lief gegen etwas. Es war eine Wand. Er tastete um sich. Der Tunnel beschrieb eine scharfe Biegung nach rechts. Er folgte ihm ein paar Hundert Meter, dann blieb er stehen. Er lauschte.
    Er hörte das Flüstern mehrerer Stimmen. Jemand sprach sich ab. Waren es die Wärter?
    Schwer atmend und zunehmend verzweifelt, arbeitete er sich weiter. Womöglich führte der Tunnel nur immer tiefer in die Erde. Was wusste er schon? Nach allem, was er über Kanalisationen wusste, befand er sich in einem unterirdischen Labyrinth. In Paris, so hatte er irgendwo gelesen, hatten einmal Teenager einen Zugang zur Kanalisation gefunden und sich darin verlaufen. Man hatte sie Monate später gefunden, verhungert; die Ratten hatten ihre Leichen bis auf die Knochen abgenagt.
    Plötzlich hob ein schrilles Kreischen an – als fahre ein Güterzug zu schnell in die Kurve. Nathan erstarrte. Er lauschte angestrengt. Was zum Teufel war das?
    Irgendetwas strich an ihm vorbei. Mit einem Aufschrei drückte er sich an die Wand. Eine ganze Herde von Tieren schwärmte an ihm vorbei, Ratten wahrscheinlich, Dutzende, Hunderte, nach allem was er hörte, wenn nicht gar Tausende. Er legte sich die Arme über den Kopf, wischte sich die Tiere von der Schulter, die von der Decke über ihm fielen. Ihre Klauen gruben sich in sein Hemd. Quiekend hörte er sie ins Abwasser fallen. Zusammen mit dem Rest der Horde schwammen sie wie rasend davon. So schnell wie sie aufgetaucht waren, waren sie auch wieder fort.
    Dann war nur noch das Tröpfeln zu hören.
    Er stand da. Am ganzen Körper zitternd. Frierend. Allein.
    Dann hörte er wieder das Flüstern.
    Und mit einem Mal wusste er, warum die Ratten geflohen waren.

Kapitel 52
    Bogotá, Kolumbien
14. April 2011
    Mit wiegenden Hüften schlenderte Lucia an dem Dicken im zerkrumpelten Anzug vorbei. Sie warf ihm einen anzüglichen Blick zu, klimperte mit den falschen Wimpern, zeigte ihm ein weißes Lächeln. Er glotzte sie über den Rand seiner Bierflasche hinweg an. Die kleinen gierigen Augen waren gerade noch zu sehen zwischen den Speckwülsten über seinen Backen. Eine halb geöffnete Krawatte hing ihm wie eine lose Henkersschlinge aus dem offenen Hemd. Er hatte Schwitzflecken von den Achselhöhlen bis auf den Bauch.
    Der pulsierende Beat von Clubmusik dröhnte im Hintergrund der Open-Air-Lounge hoch auf dem Dach. Der Stripschuppen war voller Drogenhändler, hinreißender Mädchen und
gomelos
, wie man die betuchten Yuppies der kolumbianischen Hauptstadt nennt. Sie alle ließen eben den Abend angehen. Man hörte das Klirren der kleinen Gläser voll
aguardiente
, dem heißgeliebten Anislikör des Landes. Es wurde gelacht. Es herrschte eine geradezu greifbare Aufregung zu Beginn einer weiteren großen Nacht.
    Lucia stieß die Tür zur Toilette auf. Junge Frauen in Leggings und Stiefeln standen herum, legten Puder auf, plauderten, lachten über Freier und Luden.
    Sie baute sich vor dem Waschbecken auf und musterte sich im Spiegel. Ihre vollen Lippen waren dunkelrot vom Lippenstift, ihre Augen mit schwarzem Eyeliner nachgezogen. Sie versuchte sich daran zu erinnern, wie sie als Teenager die Obsession ihrer Freundinnen für offenherzige Kleidung und Make-up zu imitieren versuchte. Sie zog den schwarzledernen Minirock

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