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Schwarzer Koks (German Edition)

Schwarzer Koks (German Edition)

Titel: Schwarzer Koks (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Grenton
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Der Raum zum Atmen über dem Wasser wurde immer kleiner. Er wandte das Gesicht nach vorne. Er streckte die Hände vor sich. Der Lärm des Wassers war ohrenbetäubend.
    Wieder knallte er gegen eine Wand. Der Kanal beschrieb einen weiteren rechten Winkel. Etwas grub sich in seine Seite. Er griff danach. Es war eine weitere Metallstange. Unter dem Bombardement harten Abfalls hielt er sich fest. Er fasste nach oben, um die Höhe der Decke auszuloten. Seine Hand fand eine weitere Stange. Sie war kalt und schlüpfrig. Er zog sich nach oben, Griff einmal mehr über sich hinaus, fand eine dritte Stange. Er kletterte weiter, zog sich Sprosse um Sprosse nach oben. Er musste an eine in die Mauer eingelassene Leiter geraten sein.
    Er erreichte einen Sims. Mit beiden Händen tastete er die Fläche ab. Sie musste gut zwei Meter messen. Er kniete nieder, die Stirn auf dem kalten Steinboden, die Hände über dem Kopf, und ließ den Hustenanfall über sich ergehen, mit dem er den Müll ausspuckte, der ihm im Rachen hing.
    Das Tosen nahm ab, bis nur noch das Fließen von Wasser in der Rinne unter ihm zu hören war. Nathan setzte sich auf und lehnte sich gegen die Wand. Er tastete seinen Körper ab. Von den Prellungen abgesehen, schien er noch ganz.
    Er hätte nicht sagen können, wie lange er so dalag. Minuten vielleicht, vielleicht eine Stunde. In der Dunkelheit tanzten ihm kleine Fraktalmuster vor den Augen wie ein Kaleidoskop. Nathan schüttelte den Kopf, um wachzubleiben.
    Seine Gedanken wanderten zurück zu Lucia. Hatte man sie tatsächlich erwischt oder hatte Amonite nur geblufft? Er stieß das Bild von Caitlins Leiche beiseite, das sich ihm immer wieder in den Sinn stahl. Nein, so etwas durfte ihm nicht noch einmal passieren.
    Unter einem heftigen Schauer merkte er, wie kalt ihm war. Seine Kleidung war völlig durchnässt und dreckig. Er stank. Er schlang die Arme um die Brust, um sich zu wärmen. Er ging seine Möglichkeiten durch. Es hatte ihn ein gutes Stück durch die Kanalisation gespült. Irgendwo musste sie in einen Fluss münden, in eine Kläranlage vielleicht. Das wäre die eine Möglichkeit. Oder er ging den Weg wieder zurück, gegen die Strömung, und suchte dort nach einem Ausstieg. Aber dazu hätte er an dem Geheimgefängnis der ASI vorbeigemusst.
    Besser, er behielt die eingeschlagene Richtung bei.
    Er nahm all seine Kraft zusammen, um wieder aufzubrechen, als zu seiner Linken ein orange-gelbes Licht auftauchte. Im ersten Augenblick hielt er es für eine weitere Halluzination, die ihm seine Müdigkeit bescherte. Es hatte dieselbe traumartige Qualität: dünne, pulsierend in der Dunkelheit tanzende Schlieren. Nur dass es größer wurde, mal nach links tanzte, mal nach rechts, wie ein Glühwürmchen. Das Leuchten nahm zu.
    Dann hielt es inne.
    Flackerte. Einmal, zweimal.
    Um dann in einer blauen Flamme zu explodieren.

Kapitel 54
    Bogotá, Kolumbien
14. April 2011
    »Worauf zum Teufel wartet ihr denn?«, rief Amonite, als sie in den Raum gestürmt kam. Einige kolumbianische Geheimpolizisten spähten in den Gully wie eine Gruppe Touristen, die hinter ihren Münzen im Brunnen hersahen.
    »Macht, dass ihr da reinkommt«, rief sie. »Fangt mir den Scheißkerl ein.«
    General Zathanaís, ein kleiner hässlicher Mann im schwarzen Anzug, funkelte sie wütend an.
    »Meine Leute kriechen nicht wie Ratten in der Kanalisation herum.«
    »Dann müssen sie eben diesmal eine Ausnahme machen, Sportsfreund. Der Typ ist weit mehr als Ihr Terrorist von der Stange.« Sie wies mit dem Finger auf die anderen Männer, die rauchend miteinander scherzten. »Macht schon, Jungs, Gerät aufnehmen und los! Ihr geht da rein!«
    Zathanaís pflanzte sich vor ihr auf. »Kommt überhaupt nicht in Frage, dass meine Leute da runtergehen.«
    »Ach ja? Wie lange ist er schon weg?«
    »Fast eine Stunde«, sagte einer der Geheimpolizisten, ein breiter Mann mit Halsmuskeln wie Felswülste an einer Steilwand. »Abgesehen davon haben wir ihn ersäuft.«
    »Ihr habt was?«
    »Wir haben bei der Empresa de Acueducto angerufen. Die sind für Wasser und Kanalisation zuständig.«
    Amonite blickte in den Gully hinab. Ein Strom von Abwasser gurgelte tief unten vorbei.
    »Kennen wir die Ausstiege?«
    »Einige«, sagte der Mann. »Nicht alle.«
    »Bewacht sie.«
    »Aber die Kanalisation ist riesig«, sagte Zathanaís. »Abgesehen davon ist er tot.«
    »Wartet, bis das Wasser wieder sinkt.« Amonite wandte sich an Zathanaís. »Wer ihn findet, kriegt eine dicke

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