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Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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Zeit verschwendet habe.«
    »Verschwendet?«
    »Ja. Es tut mir leid, dass ich dich den ganzen Weg hierher geschleppt habe.«
    »Nein, das war nicht verschwendet. Die eine Frau, die Rumänin … jedenfalls denke ich, dass sie aus Rumänien kam. Sie hat wohl auch Drogen genommen. Man sieht es an den Augen.«
    »Na ja, nicht immer …«
    »Ich schon. Ich habe mit ihr über deine Lily gesprochen. Ich glaube, sie kennt sie.«
    »Was meinst du mit ›du glaubst‹?«
    »Sie kennt eine Lila.«
    »Was hat sie über sie gesagt?«
    »Sie kennt sie ein bisschen. Aber diese Lila, sie war keine richtige … Wie sagt man, wenn jemand das manchmal macht, aber nicht immer?«
    »Du meinst, sie ist nur gelegentlich auf den Strich gegangen?«
    »Gelegentlich?« Josef ließ den Ausdruck auf sich wirken. »Ja, vielleicht. Diese Maria kennt Lila ein bisschen. Lila nimmt auch Drogen, glaube ich.«
    Frieda überlegte einen Moment. Sie musste erst einmal verdauen, was Josef gesagt hatte.
    »Kann sie uns sagen, wo wir sie finden?«
    Josef zuckte mit den Achseln.
    »Sie hat sie eine Weile nicht gesehen. Zwei, drei Monate. Vielleicht auch länger oder nicht so lang. Solche Leute sind nicht wie wir, wenn es um Zeit geht.«
    »Weiß sie, wo Lila hin ist?«
    »Nein.«
    »Sie muss weggezogen sein«, überlegte Frieda. »Keine Ahnung, wo ich da mit dem Suchen anfangen sollte. Danke, Josef. Du bist fantastisch. Trotzdem fürchte ich, dass die Spur hier endet.« In dem Moment bemerkte sie die Andeutung eines Lächelns auf seinem Gesicht. »Was ist?«
    »Diese Lila«, antwortete er, »sie hatte einen Freund. Vielleicht hatte er mit den Drogen zu tun, oder mit dem Sex.«
    »Wusste die Frau, wer dieser Freund war?«
    »Shane. Ein Mann namens Shane.«
    »Shane«, wiederholte Frieda. »Hat sie eine Telefonnummer von ihm? Oder eine Adresse?«
    »Nein.«
    »Kennt sie seinen Nachnamen?«
    »Shane, hat sie gesagt. Nur Shane.«
    Frieda dachte angestrengt nach und murmelte etwas vor sich hin.
    »Was sagst du?«
    »Nichts, nichts Wichtiges. Das hast du gut gemacht, Josef. Es ist erstaunlich, was du alles herausgefunden hast. Ich hätte nicht gedacht, dass wir überhaupt etwas erfahren würden. Aber was machen wir nun damit?«
    Josef betrachtete sie mit seinen traurigen braunen Augen.
    »Nichts.«
    »Nichts?«
    »Ich weiß, du hast das Gefühl, dass du das Mädchen unbedingt retten musst. Aber das kannst du nicht. Es ist vorbei.«
    »Es ist vorbei«, wiederholte Frieda dumpf. »Ja, wahrscheinlich hast du recht.«
    An diesem Abend steckte Frieda den Stöpsel in den Abfluss ihrer neuen Wanne. Für die Einweihung hatte sie eigens eine besondere Badelotion und eine Kerze besorgt. So lange träumte sie nun schon davon, wie sie in dem heißen, schaumigen Wasser liegen würde, mit der flackernden Kerze und dem durchs Fenster scheinenden Mond. Doch jetzt, so kurz vor ihrem Ziel, stellte sie fest, dass sie nicht in der richtigen Stimmung war. Es wäre nur ein ganz normales Bad. Resigniert zog sie den Stöpsel wieder heraus und stellte sich stattdessen unter die Dusche, um rasch den Tag abzuwaschen. Das genüssliche Vollbad musste noch warten. Es würde ihre Belohnung sein, ihr Preis.

39
    V or der Befragung von Paul Kerrigan setzte Karlsson sich in sein Büro und telefonierte per Skype mit Bella und Mikey, wobei sein Blick hin- und herwanderte zwischen den Fotos der beiden, die gerahmt auf seinem Schreibtisch standen, und ihren zuckenden Gesichtern auf dem Bildschirm. Die beiden wirkten reizbar und unaufmerksam, als hätten sie gerade gar keine große Lust, mit ihm zu reden. Ihre Blicke schweiften immer wieder zu etwas ab, das außerhalb seines Blickfelds lag. Bella erzählte von einer neuen Freundin namens Marta, die einen Hund besaß, war aber wegen eines riesigen Bonbons, das sie im Mund hatte, sehr schlecht zu verstehen. Mikey drehte ständig den Kopf zur Seite, um jemand anderem – wem auch immer – etwas ganz Dringendes zuzuflüstern. Karlsson wusste nicht so recht, worüber er reden sollte, und fühlte sich seltsam verlegen. In seiner Not erzählte er ihnen vom Wetter und fragte sie nach der Schule, als wäre er irgendein ältlicher Onkel, den sie eigentlich nur vom Sehen kannten. Dann versuchte er es mit einer lustigen Grimasse, brachte sie damit aber nicht zum Lachen. Schließlich beendete er das Gespräch viel früher, als er vorgehabt hatte, und begab sich in den Vernehmungsraum.
    Kerrigans Gesicht war von dem Überfall stark geschwollen. Er hatte einen

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