Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
Vom Netzwerk:
gelblich-violetten Bluterguss an der einen Wange, und seine Unterlippe war aufgeplatzt. Außerdem hatte er vor Erschöpfung Tränensäcke unter den Augen und tiefe Furchen zu beiden Seiten des Mundes, der so schlaff wirkte wie der eines alten Mannes. Rasiert hatte er sich auch nicht. Der Kragen seines Hemds war schmutzig und einer der Knöpfe abgerissen, so dass sein erschreckend bleicher, weicher Bauch hervorlugte. Alles in allem machte er einen gebeugten, fertigen Eindruck. Die Haut unterhalb seiner Nase sah gerötet aus, und er war die ganze Zeit am Niesen, Husten und Naseputzen. Karlsson fragte ihn ein weiteres Mal, wo er sich am Mittwoch, dem sechsten April, aufgehalten habe, während Ruth Lennox ermordet wurde – woraufhin der Befragte sein ramponiertes Gesicht in einem großen weißen Taschentuch verbarg.
    »Entschuldigen Sie«, röchelte er dann, »aber ich begreife nicht, warum Sie mich das noch einmal fragen. Wie Sie wissen, war ich gerade im Krankenhaus.«
    »Ich frage Sie das, weil ich endlich Klarheit in die ganze Sache bringen möchte. Da ist nämlich längst noch nicht alles geklärt. Was haben Sie nach Ihrem Treffen mit Ruth Lennox getan?«
    »Das habe ich Ihnen doch schon gesagt: Ich bin nach Hause.«
    »Um welche Zeit?«
    »Am Spätnachmittag oder frühen Abend. Ich habe mit Elaine zu Abend gegessen.« Er zog sein schlaffes Gesicht in Falten. »Als Nachspeise gab es Pudding«, fügte er langsam und deutlich hinzu, als wäre dieses Dessert sein Alibi.
    »Sie sind an dem besagten Abend erst ziemlich spät nach Hause gekommen, Mister Kerrigan.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Ihre Frau hat uns gesagt, dass Sie erst kurz vor acht zu Hause aufgetaucht sind.«
    »Elaine hat das gesagt?«
    »Ja. Und dass Sie sofort geduscht und Ihre Sachen in die Wäsche gegeben haben.«
    Paul Kerrigan nickte wie in Zeitlupe.
    »Das ist nicht richtig«, flüsterte er.
    »Wir möchten einfach wissen, was Sie in der Zwischenzeit getan haben – nachdem Ruth Lennox die Wohnung verlassen hatte bis hin zu dem Zeitpunkt, als Sie mehrere Stunden später nach Hause kamen.«
    »Sie ist wütend auf mich. Sie will es mir heimzahlen. Das muss Ihnen doch klar sein.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass Ihre Frau lügt, was den Zeitpunkt Ihres Eintreffens zu Hause betrifft?«
    »Mein Leben liegt in Scherben«, sagte er. »Ruth ist tot, meine Frau hasst mich, und meine Söhne haben nur noch Verachtung für mich übrig. Elaine will es mir heimzahlen.«
    »Wissen Sie, wie Ruth Lennox verhütet hat?«
    »Verhütet? Wovon sprechen Sie?«
    »Sie haben schließlich zehn Jahre lang mit ihr geschlafen. Da müssen Sie das doch gewusst haben.«
    »Ja. Sie hatte eine Spirale.«
    »Das heißt also, Sie wussten, dass sie verhütet hat.«
    »Das habe ich doch gerade gesagt.«
    »Trotzdem hat Ihre Frau in Ihrer Fahrradtasche Kondome gefunden.« Karlsson betrachtete Kerrigans geschwollenes, gerötetes Gesicht. »Wenn Ihre Frau nicht mehr fruchtbar ist und Ruth Lennox eine Spirale hatte, wozu brauchten Sie dann Kondome?«
    Im Raum herrschte eine ganze Weile Stille. Karlsson wartete geduldig, ohne eine Miene zu verziehen.
    »Das ist kompliziert«, sagte Kerrigan und brach schließlich das Schweigen.
    »Dann sollten Sie es mir erklären.«
    »Ich liebe meine Frau, auch wenn Sie mir das wahrscheinlich nicht glauben werden. Wir hatten eine gute Ehe, zumindest bis jetzt. Ruth hat daran nichts geändert. Ich habe zwei parallele Leben geführt, die nichts miteinander zu tun hatten. Hätte Elaine nicht davon erfahren, dann würde das alles überhaupt keine Rolle spielen. Mir war daran gelegen, meine Ehe vor Schaden zu bewahren.«
    »Sie wollten mir das mit den Kondomen erklären.«
    »Ich weiß nicht, wie ich das sagen soll.«
    »Sie werden es trotzdem müssen.«
    »Ich habe Bedürfnisse, die meine Frau nicht befriedigen kann.«
    Karlsson wurde vor Unbehagen fast ein wenig flau im Magen. Trotzdem musste er weitermachen.
    »Und dafür hatten Sie Ruth Lennox, vermute ich.«
    Kerrigan machte eine hilflose Handbewegung.
    »Anfangs schon. Mit der Zeit wurde das Ganze dann wie eine zweite Ehe. Irgendwie hat mir das sogar gefallen, aber ich brauchte noch etwas anderes.«
    »Und?«
    »Es gibt noch eine andere Frau. Seit einer Weile.«
    »Wie heißt sie?«
    »Müssen Sie das unbedingt wissen?«
    »Mister Kerrigan, was ich wissen muss und was nicht, überlassen Sie bitte mir. Beantworten Sie einfach meine Fragen.«
    »Ihr Name ist Sammie Kemp. Samantha. Sie hat hin und wieder

Weitere Kostenlose Bücher