Schwarzer Mittwoch
Gartenarbeit, seinem ewigen Reparieren und Streichen.«
»Jedenfalls … danke für den Tee. Es war schön, mit Ihnen beiden hier im Garten zu sitzen.«
»Gehen Sie jetzt zum Bahnhof?«, fragte Gerry.
»Ja.«
»Ich muss auch in die Richtung. Dann kann ich Sie noch ein Stück begleiten.«
Zusammen verließen sie das Haus. Gerry bestand darauf, Friedas Tasche zu tragen, obwohl ihr das eigentlich nicht recht war. Mit seinen unterschiedlichen, nicht harmonierenden Karos und seinem einseitigen Bärtchen marschierte er neben ihr her, über der Schulter eine Damentasche, die ihn noch schräger aussehen ließ. Ein paar Minuten lang schwiegen sie beide.
»Haben Sie einen Garten?«, fragte Gerry schließlich.
»Garten wäre übertrieben. Es sind nur ein paar Quadratmeter.«
»Das Entscheidende ist die Erde – dass man sich die Hände schmutzig machen kann. Es ist so schön, etwas zu essen, das man selbst angebaut hat. Mögen Sie Saubohnen?«
»Ja, gern sogar«, antwortete Frieda.
»Von der Erde in die Pfanne. Das ist mit nichts zu vergleichen. Lawrence arbeitet im Garten, damit er nicht so viel grübeln muss.«
»Sie meinen, wegen seiner Tochter?«
»Er hat sie vergöttert.«
»Es tut mir leid, wenn ich schmerzhafte Erinnerungen geweckt habe.«
»Nein. Die sind sowieso immer präsent. Er hat nie aufgehört, auf seine Tochter zu warten, und fragt sich die ganze Zeit, was er falsch gemacht hat. Gerade deswegen ist es für ihn so wichtig, in Bewegung zu bleiben – zu graben und zu reparieren, zu säen und zu ernten.«
»Das kann ich verstehen.«
»Ja, wahrscheinlich. Trotzdem sollten Sie ihm keine falschen Hoffnungen machen, wenn dann am Ende nichts dabei herauskommt.«
»Das war nicht meine Absicht.«
»Die Hoffnung ist das, was ihn kaputtmachen wird. Denken Sie daran, und seien Sie ein bisschen vorsichtig.«
Während der Heimfahrt starrte Frieda aus dem Zugfenster, ohne etwas zu sehen. Sie spürte ein schmerzhaftes Ziehen in der Brust, weil es ihr nicht gelungen war, ihr Vorhaben abzuschließen. Sie war gescheitert, aber vor allem war sie müde.
Ein einziges Telefonat noch, sagte sie sich. Dann hatte sie alles getan, was in ihrer Macht stand, um diese junge Frau zu retten, der sie nie begegnet war und mit der sie im Grunde nichts verband, auch wenn sich deren Geschichte irgendwie in ihrem Kopf festgehakt hatte.
»Agnes? Hier ist Frieda Klein.«
»Haben Sie etwas herausgefunden?«
»So gut wie gar nichts. Ich wollte Sie nur etwas fragen.«
»Was denn?«
»Allem Anschein nach kannte Lila einen Mann namens Shane. Sagt Ihnen der Name etwas?«
»Shane? Nein, ich glaube nicht. Obwohl ich ein paar von ihren neuen Freunden kennengelernt habe, hauptsächlich in diesem ätzenden Pub, The Anchor. Da hingen die immer rum. Vielleicht war ja ein Shane dabei, auch wenn ich mich nicht an ihn erinnere. Ich weiß keinen ihrer Namen mehr.«
»Danke.«
»Sie werden Sie nicht finden, oder?«
»Nein, ich glaube nicht.«
»Die arme Lila. Keine Ahnung, warum Sie sich überhaupt solche Mühe gegeben haben. Sie haben sich viel mehr reingehängt als alle, die Lila persönlich kannten. Als würde Ihr Leben davon abhängen.«
Die letzten Worte trafen Frieda wie ein Schlag. Sie schwieg einen Moment benommen. Dann sagte sie: »Sollen wir einen letzten Versuch unternehmen? Zusammen?«
Vielleicht hat Chloë dir gesagt, dass ich bei dir angerufen und mit ihr gesprochen habe. Sie meinte, es gehe dir gut, aber irgendwie kam sie mir ein bisschen zerstreut vor. Im Hintergrund war es sehr laut. Wahrscheinlich weißt du aber nicht, dass ich auch bei Reuben angerufen habe. Er hat gesagt, dass es dir nicht gut geht. Dass sich alle Sorgen um dich machen, aber keiner wirklich an dich herankommt. Was, zum Teufel, ist mit dir los, Frieda? Soll ich einfach zu dir hinüberfliegen und so lange an deine Tür hämmern, bis dir irgendwann nichts anderes mehr übrig bleibt, als mir eine Antwort zu geben? Sandy
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I ch verstehe das nicht.«
Agnes saß neben Frieda in einem Taxi, bekleidet mit einer weiten Jogginghose und einem grauen Kapuzenshirt, bei dem die Ärmel bereits ausfransten. Sie wirkte müde. Es regnete, und durch die nassen Scheiben sahen sie nur Autoscheinwerfer und dicht gedrängte Gebäude. Frieda ging durch den Kopf, dass sie jetzt in ihrem Haus sein könnte, das nach so vielen Wochen der Störung endlich einmal leer war: Sie könnte sich in ihre neue Wanne legen oder eine Schachpartie durchspielen – oder sich in ihr
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