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Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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geschnitten war.
    »Sie beide sind Nachbarn?«, fragte Frieda.
    »Fast«, antwortete Gerry, »zumindest teilen wir uns einen Fluss.«
    »Gerry wohnt ein paar Häuser bachaufwärts«, erklärte Dawes. »Er kann meinen Bach verschmutzen, ich den seinen aber nicht.«
    »Unverschämter Kerl«, meinte Gerry.
    »Wir haben uns gerade ein wenig um meine Rosen gekümmert«, fuhr Dawes fort. »Die wachsen inzwischen richtig gut, und wir versuchen sie in Form zu trimmen, damit sie sich schön um die Tür ranken. Mögen Sie Rosen?«
    »Ja, eigentlich schon«, antwortete Frieda.
    »Wir wollten gerade Tee trinken«, bemerkte Dawes.
    »Wollten wir?«, fragte Gerry.
    »Wir sind doch die ganze Zeit am Teetrinken. Entweder wir hatten gerade welchen oder wollen gerade welchen machen, oder beides. Möchten Sie uns Gesellschaft leisten?«
    »Aber nur ein paar Minuten«, sagte Frieda, »ich will Sie nicht von der Arbeit abhalten.«
    Dawes verstaute seine Trittleiter. »Die jungen Leute klauen heutzutage alles, was nicht niet- und nagelfest ist«, erklärte er. Dann gingen sie durchs Haus nach hinten in den Garten. Frieda ließ sich auf der Bank nieder, während die beiden Männer Tassen, eine Teekanne, ein Kännchen Milch und einen Teller mit Schokoladenkeksen heraustrugen und alles auf einen kleinen Holztisch stellten. Dawes schenkte den Tee ein und reichte Frieda eine Tasse.
    »Ich weiß, was Sie jetzt denken«, sagte er.
    »Was denn?«, wollte Frieda wissen.
    »Sie sind schließlich Psychiaterin.«
    »Na ja, eigentlich Psychotherapeutin …«
    »Jedes Mal, wenn Sie kommen, mache ich irgendetwas am Haus. Ich grabe den Garten um oder sorge dafür, dass die Rosen hübsch aussehen. Bestimmt denken Sie, dass ich mir einbilde, wenn ich mein Haus nur schön genug herrichte, wird meine Tochter irgendwann den Wunsch haben zurückzukehren.« Er nippte an seinem Tee. »Ich schätze mal, das ist einer der Nachteile Ihres Berufs.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Sie können nie einfach nur in einem Garten sitzen, eine Tasse Tee trinken und eine normale Unterhaltung führen. In Ihrer Gesellschaft denken die Leute immer: Also, wenn ich das jetzt so und so sage, wird sie mich so und so einschätzen, und wenn ich dieses oder jenes sage, wird sie mich in diese oder jene Schublade stecken. Bestimmt fällt es Ihnen schwer, zwischen Beruf und Freizeit zu trennen.«
    »Ich habe gar nichts Derartiges gedacht, sondern wirklich nur meinen Tee getrunken, ohne über Sie nachzudenken.«
    »Das ist gut«, meinte Dawes. »Woran haben Sie denn dann gedacht?«
    »An den kleinen Fluss am Ende Ihres Gartens. Ich habe mich gefragt, ob ich ihn von hier aus hören kann, aber ich höre nichts.«
    »Wenn es länger geregnet hat, kann man ihn hören – sogar im Haus. Nehmen Sie doch einen Keks.«
    Er schob den Teller hinüber zu Frieda, die jedoch den Kopf schüttelte.
    »Danke, ich bin wunschlos glücklich.«
    »So sehen Sie aber nicht aus«, entgegnete Dawes. »Sie sehen aus, als sollten Sie dringend ein bisschen zulegen. Oder was meinst du, Gerry?«
    »Lassen Sie sich nicht von ihm aufziehen«, meinte Gerry. »Er ist wie meine alte Mutter. Alle sollen immer schön aufessen.«
    Ein paar Minuten saßen sie schweigend da. Frieda kam es vor, als könnte sie den Bach nun doch ganz leise murmeln hören.
    »Was führt Sie her?«, fragte Dawes schließlich. »Haben Sie wieder einen freien Tag?«
    »Ich arbeite im Moment nicht so richtig. Ich nehme mir gerade eine Auszeit.«
    Dawes schenkte ihr Tee und Milch nach.
    »Wissen Sie, was ich glaube?«, fuhr er fort. »Ich glaube, Sie haben sich eine Auszeit genommen, weil Sie sich eigentlich ausruhen sollten, aber stattdessen hetzen Sie durch die Gegend.«
    »Ich mache mir ein bisschen Sorgen um Ihre Tochter«, erklärte Frieda. »Klingt das für Sie seltsam?«
    Das Lächeln auf Dawes’ Gesicht verschwand.
    »Ich mache mir schon seit ihrer Geburt Sorgen um sie. Ich weiß noch genau, wie ich sie das erste Mal gesehen habe: Da lag sie in ihrem Kinderbett neben dem Bett meiner Frau auf der Entbindungsstation. Als ich auf sie hinuntersah, fiel mir sofort auf, dass sie am Kinn ein kleines Grübchen hatte, genau wie ich. Sehen Sie.« Er deutete auf die Spitze seins Kinns. »Damals habe ich zu ihr oder zu mir selbst gesagt, ich würde sie immer beschützen – stets dafür sorgen, dass ihr nie etwas Schlimmes passiert. Das ist mir nicht gelungen. Ich nehme an, man kann ein Kind niemals ganz und gar beschützen, zumindest nicht, wenn es älter

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