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Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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sei nicht so streng mit ihr. Du brauchst deine Freunde jetzt.«
    »Auf keinen Fall lege ich mich auf Ihre dämliche Couch.«
    »Natürlich nicht.«
    »Und ich habe auch nicht vor, in Tränen auszubrechen und zu jammern, dass mein Leben jetzt vorbei ist, weil ich keine Mutter mehr habe.« Seine Stimme klang dennoch gefährlich schrill, während er Frieda trotzig anstarrte.
    »Du hast recht, dein Leben ist nicht vorbei. Vielleicht können wir drei hier einfach wieder rausgehen und in dem Café auf der anderen Straßenseite Tee oder eine Tasse heiße Schokolade trinken. Dort drüben ist es ruhig, und so schreckliche Gemälde hängen auch nicht an der Wand. Danach geht jeder wieder seines Weges, und nichts wirklich Schlimmes ist passiert.«
    Chloë stieß ein leises Schniefen aus und sah Ted flehend an.
    »Meinetwegen«, stimmte er zu. »Heiße Schokolade habe ich schon jahrelang nicht mehr getrunken – das letzte Mal als Kind.« Er sagte das, als wäre er inzwischen ein Mann mittleren Alters.
    »Es tut mir leid«, entschuldigte Chloë sich mit dünner Stimme.
    »Schwamm drüber, würde ich sagen.«
    »Gut«, meinte Frieda. »Können wir jetzt von hier verschwinden?«
    Chloë und Ted bestellten sich beide einen Becher heiße Schokolade und Frieda ein Glas Wasser.
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass etwas besser wird«, bemerkte Ted, »bloß weil man darüber redet.«
    »Das kommt darauf an«, entgegnete Frieda.
    »Ich glaube, es macht alles nur noch schlimmer, wie wenn man in eine Wunde piekst, damit sie weiterblutet. Weil man irgendwie will , dass sie weiterblutet.«
    »Ich bin nicht hier, um dich zu einer Therapie zu überreden, die du gar nicht machen willst. Aber deine heiße Schokolade solltest du schon trinken, finde ich.«
    »Wird es Ihnen denn nie zu blöd, Ihre Zeit mit lauter reichen, selbstverliebten Wichsern zu verbringen, die ununterbrochen jammern, was ihnen in ihrer Kindheit alles angetan wurde, und dabei selbst unendlich fasziniert sind von ihrem ganzen edlen, hausgemachten Leiden?«
    »Dein Leiden ist aber nicht hausgemacht, oder?«
    Ted bedachte sie mit einem finsteren Blick. Sein Gesicht wirkte eigenartig verletzlich, als würde sogar die ganz normale Luft seine Haut zum Brennen bringen.
    »Das vergeht wieder«, antwortete er. »Zumindest hätte das meine Mum gesagt. Man muss einfach einen verdammten Tag nach dem anderen hinter sich bringen.«
    »Das gehört zu den traurigen Dingen, wenn jemand stirbt«, bemerkte Frieda. »Wir sprechen dann in der Vergangenheit über unsere Lieben. Wir erinnern uns daran, was sie getan hätten. Aber was deine Mum gesagt hätte, ist gar nicht dumm. Die Zeit vergeht ja tatsächlich. Dinge verändern sich.« Sie stand auf. »Ich glaube, mehr gibt es dazu im Moment nicht zu sagen.«
    Chloë leerte ihre Tasse.
    »Wir haben auch schon ausgetrunken«, erklärte sie.
    Draußen wollte Frieda sich verabschieden, aber Chloë widerstrebte es offenbar, sie gehen zu lassen.
    »In welche Richtung musst du?«
    »Ich laufe durch den Park zurück.«
    »Dann hast du denselben Weg wie wir, vorbei an Teds Haus. Allerdings wohnt er da zurzeit ja nicht. Sie sind bei Nachbarn untergekommen.«
    »Ich kann für mich selbst sprechen«, meldete Ted sich zu Wort.
    »Gut«, meinte Frieda, woraufhin sie sich in Bewegung setzten – ein bedrücktes Trio, mit Chloë in der Mitte.
    »Es tut mir leid«, sagte Chloë. »Das ist alles meine Schuld. Ich hätte das nicht tun sollen. Nun habe ich euch beide in Verlegenheit gebracht.«
    »Man kann niemandem Hilfe aufzwingen«, antwortete Frieda, »aber das ist schon in Ordnung.«
    »Frieda geht alles zu Fuß. Sie kennt sich in der Stadt aus wie ein Taxifahrer. Nenn ihr zwei Punkte in London, und sie weiß sofort, wie sie am besten von A nach B kommt.« Chloë ließ keine Pause zu, als hätte sie Angst vor peinlichem Schweigen. »Dabei sieht sie auch alles sehr kritisch. Ihrer Meinung nach ist seit dem Elisabethanischen Zeitalter oder dem Großen Brand von London sowieso alles falsch gelaufen. Da ist schon Teds Straße. Hier ist das alles passiert. Tut mir leid, ich wollte nicht schon wieder damit anfangen. Ich habe genug Schaden angerichtet. Das da ist sein Haus, ich meine, das Haus seiner Eltern, aber ich begleite ihn noch die Straße entlang, um mich zu verabschieden und zu entschuldigen, und dann …« Sie wandte sich zu Frieda um, die abrupt stehen geblieben war. »Frieda, ist mit dir alles in Ordnung?«
    Frieda hatte einer Gruppe von Leuten

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