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Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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vorgeschriebenen Vorgehensweise entsprach.
    »Damit wollen Sie also sagen, es wurde gegen Gesetze verstoßen!«, rief jemand von hinten.
    Man habe inzwischen die erforderlichen Maßnahmen ergriffen, fuhr der Beamte fort. Die Verantwortlichen seien verwarnt, die Regeln verschärft worden. Zu solchen Fehlern werde es nicht mehr kommen.
    »Und was ist mit Mister Conley?«, fragte eine junge Frau in der ersten Reihe.
    »Wie meinen Sie das?«
    »Er war seit 2005 im Gefängnis.«
    »Wir bedauern alle Fehler, die in diesem Zusammenhang gemacht wurden.«
    »Wurde jemand gefeuert?«, rief eine Stimme.
    Die Miene des Inspektors verfinsterte sich.
    »Wie gesagt haben wir die Art und Weise, wie diese Ermittlungen geführt wurden, sehr genau unter die Lupe genommen. Einzelne Beamte wurden verwarnt, aber es wäre niemandem geholfen, einen Sündenbock …«
    Fearby fand die Botschaft recht deutlich: Die Polizei war der Meinung, dass Conley den Mord begangen habe, nun aber wegen eines Verfahrensfehlers davongekommen sei. Mit dieser Erklärung wollte man das allen im Raum Versammelten explizit klarmachen. Fearby spürte Wut in sich aufsteigen.
    »Entschuldigen Sie«, rief er mit lauter Stimme, »ich hätte auch noch eine Frage an Sie!«
    Alle Blicke richteten sich auf ihn. Dort stand er, Jim Fearby, der seit Jahren von dem Fall besessen war. Ein Journalist, den man schon seit Jahrzehnten kannte, einer von der alten Garde, der sich noch richtig in eine Story verbiss und nicht mehr lockerließ. Mittlerweile war er über sechzig, gebeugt und weißhaarig. Mit seiner Hakennase und den hellen Augen wirkte er ein wenig wie ein sturmgebeutelter Raubvogel.
    »Mister Fearby«, sagte der Inspektor lächelnd, aber ohne jede Herzlichkeit, »ja?«
    »Nachdem George Conley nun aus dem Gefängnis freigelassen wurde, und zwar als unschuldiger Mann …« Er legte eine Pause ein, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen. »Können Sie uns sagen, welche Maßnahmen Sie nun ergreifen werden, um den wahren Täter zu finden? Immerhin wurde eine junge Frau brutal ermordet.«
    Der Inspektor begann wieder mit seinem Gehuste, einem harten, abgehackten Bellen, das ihm Zeit verschaffte, seine Antwort zu formulieren.
    »Im Moment gibt es keine neuen Spuren«, erklärte er schließlich.
    »Im Moment?«
    »Ja, wie gesagt. Weitere Fragen?«
    Fearby fuhr durch die Dämmerung nach Hause. Conleys letztes Gefängnis war im Gegensatz zu allen früheren nicht allzu weit von dort entfernt gewesen, wo er wohnte – in einem kleinen Ort im Umland von Birmingham. Als Sandra ihn damals verließ, hatte er überlegt, anderswo hinzugehen, vielleicht in den Lake District oder sogar noch weiter nach Norden, wo kalte, saubere Luft von den Hügeln herabwehte. Er hätte noch einmal ganz neu anfangen können, aber am Ende war er doch geblieben, umgeben von seinen Akten, seinen Büchern, seinen Bildern und seinen DVD s mit den alten Filmen. Ihm war es nicht so wichtig, wo er wohnte. Im Grunde brauchte er nur einen ruhigen Platz zum Schlafen und zum Nachdenken.
    Er ging in sein Arbeitszimmer und ließ den Blick über die Berge von Notizbüchern und Aktenordner schweifen, gefüllt mit den Beweisen seiner Besessenheit: Polizeiberichte, juristische Berichte, abgeschickte und eingegangene Schreiben, Anträge … Er schenkte sich einen großen Schluck Gin ein, weil ihm sowohl Whisky als auch Tonic Water ausgegangen waren. Das haben die Seeleute früher auch immer getrunken, dachte er – einen traurigen, einsamen Drink, der einen die Stunden überstehen ließ. Irgendwann schlief er wohl in seinem Sessel ein, denn als das Telefon klingelte, hatte er anfangs das Gefühl, als wäre dieses Läuten Teil eines Traums.
    »Spreche ich mit Jim Fearby?«
    »Wer sind Sie?«
    »Ich habe Sie bei der Pressekonferenz gesehen. Schreiben Sie noch über den Fall?«
    »Worum geht es?«, fragte Fearby noch im Halbschlaf.
    »Ich möchte mich mit Ihnen treffen.«
    »Warum?«
    »Sagt Ihnen die Kneipe Philip Sidney etwas?«
    »Nein.«
    »Sie finden die Adresse bestimmt heraus. Ich erwarte Sie dort morgen Abend um fünf.«
    Ich habe versucht, dich anzurufen. Wenn wir uns das nächste Mal sehen, werde ich dir kurz erklären, wie man ein Handy benutzt! (Bis dahin lass es doch einfach eingeschaltet und trage es mit dir herum.) Jetzt ist es wahrscheinlich zu spät, um es noch einmal zu versuchen. Bestimmt schläfst du schon. Oder du schleichst gerade mal wieder durch die Straßen von London – mit diesem Stirnrunzeln, das

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