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Schwarzer Mittwoch

Schwarzer Mittwoch

Titel: Schwarzer Mittwoch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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alle Informationen zusammenzufügen. Was haben wir dann? Kekse oder Küchlein, die im Ofen verbrennen. Einen Rauchmelder. Und einen auf zehn nach vier eingestellten Wecker. Wir können mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass der Alarm sie daran erinnern sollte, dass das Gebäck fertig war.«
    »Ja, wahrscheinlich.«
    »Wir können außerdem davon ausgehen, dass Misses Lennox zu diesem Zeitpunkt nicht mehr in der Lage war, darauf zu reagieren. Demnach war sie spätestens um zehn nach vier tot.«
    Rund um den Tisch herrschte einen Moment Schweigen.
    »Mist!«, platzte Yvette heraus.

15
    S ie erwartete seinen Besuch. Mit einem raschen Blick in den Spiegel überzeugte sie sich davon, dass sie einen souveränen und einigermaßen gesunden Eindruck machte – Mitleid konnte sie nicht ertragen, schon gar nicht von ihm. Dann aß sie, am Küchenfenster stehend, das Stück Quiche, während der Kater ihr um die Füße strich und sich an ihre Waden schmiegte. Im Haus herrschte endlich Ruhe, nachdem es den ganzen Tag von lautem Hämmern und Bohren erfüllt gewesen war. Für Frieda hatte es sich angehört, als würde ihr komplettes Bad herausgerissen. Stefan hatte zusammen mit Josef zwei industriell aussehende Eisenträger ins Haus geschleppt. Inzwischen aber waren die beiden Männer gegangen. Frieda wusste selbst nicht so recht, was sie sich eigentlich wünschte. Immerhin spürte sie, dass sie sich wacher und nicht mehr so erschöpft fühlte, als wäre ein Schalter ein klitzekleines Stück gedreht worden – mit dem Ergebnis, dass sie ihre Welt nun wieder etwas klarer sah.
    An diesem Abend wurde es zehn nach neun, bis schließlich die Türglocke schrillte.
    »Hallo, Frieda.« Karlsson hielt ihr einen Strauß rote Tulpen hin, eingewickelt in feuchtes Papier. »Die hätte ich Ihnen schon vor Wochen bringen sollen.«
    »Damals hatte ich viel zu viele Blumen. Sie sind alle gleichzeitig verwelkt. So ist es besser.«
    »Darf ich reinkommen?«
    Im Wohnzimmer ließ er sich in einen der Sessel neben dem leeren Kamin sinken.
    »Wenn ich an Sie denke, sehe ich Sie immer neben einem Feuer sitzen«, erklärte er.
    »Sie haben mich im Grunde nur im Winter erlebt.«
    Einen Moment lang herrschte zwischen ihnen Schweigen. Sie erinnerten sich beide an die Zeit ihrer Zusammenarbeit, und daran, wie brutal sie geendet hatte.
    »Frieda …«, begann er.
    »Sie müssen das nicht.«
    »Doch, ich muss. Es ist mir wirklich ein Bedürfnis. Ich habe Sie seit Ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus nicht mehr besucht, weil ich mich wegen des ganzen Desasters derart miserabel fühlte, dass ich es einfach verdrängt habe. Dabei haben Sie uns so geholfen – nein, mehr als das, Sie haben uns gerettet. Und zum Dank haben wir Ihnen den Laufpass gegeben und Sie auch noch beinahe umbringen lassen.«
    »Sie haben mir weder den Laufpass gegeben, noch haben Sie mich beinahe umbringen lassen.«
    »Vielleicht nicht ich persönlich, aber mein Team, wir. Daran führt kein Weg vorbei: Ich war verantwortlich und habe Sie im Stich gelassen.«
    »Aber ich bin nicht gestorben. Sehen Sie mich an.« Sie reckte ihr Kinn vor, straffte die Schultern und lächelte. »Es geht mir gut.«
    Karlsson schloss kurz die Augen.
    »In diesem Beruf muss man sich ein dickes Fell zulegen, oder man wird verrückt. Aber das mit der dicken Haut funktioniert nicht, wenn es um jemanden geht, dem man sich freundschaftlich verbunden fühlt …«
    Einen Moment herrschte Schweigen, während seine letzten Worte noch in der Luft hingen. Vor Friedas geistigem Auge tauchten Bilder von Karlsson auf: Karlsson, wie er am Schreibtisch saß und dabei einen ruhigen, souveränen Eindruck machte. Karlsson, wie er mit angespannter Miene neben ihr eine Straße entlangging. Karlsson am Bett eines kleinen Jungen, von dem sie beide dachten, er müsste vielleicht sterben. Karlsson, wie er beim Polizeipräsidenten für sie, Frieda, eintrat. Karlsson mit seiner Tochter auf dem Arm, die sich wie ein verängstigter Koala an ihn klammerte. Karlsson, wie er an ihrem Kaminfeuer saß und sie anlächelte.
    »Wollen wir uns nicht endlich duzen?«, brach Karlsson schließlich das Schweigen.
    »Es tut gut, dich zu sehen«, antwortete Frieda.
    »Das bedeutet mir sehr viel.«
    »Sind deine Kinder schon weg?«, erkundigte sie sich.
    »Nein. Aber bald ist es soweit. Eigentlich sollte ich viel Zeit mit ihnen verbringen, doch dann kam dieser Fall dazwischen.«
    »Das ist bitter.«
    »Es fühlt sich an wie ein Zahnschmerz, der einfach

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