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Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Ärger verbergen zu wollen, sagte Alex: »Wenn du ihr hilfst, werden sie auch dir eine Kugel durch den Kopf jagen. Gibt dir das nicht zu denken?«
    »Mit einundachtzig erlebt man nicht mehr viel Interessantes. Man kann es sich in diesem Alter nicht mehr leisten, auf ein aufregendes Erlebnis zu verzichten. Ich muss es einfach versuchen.«
    »Du machst einen großen Fehler.«
    »Vielleicht, mein Freund. Mag sein. Aber ... warum fühle ich mich dann so großartig?«

Chicago, Illinois
    Dr. Bennet Sonneford, der am Vortag Winton Tolk operiert hatte, führte Vater Wycazik in ein großes Zimmer, dessen Wände mit präparierten Fischen dekoriert waren: Forellen, Barsche, Schwertfische, ein riesiger Mariin. Mehr als dreißig Glasaugen starrten blind auf die beiden Männer hinab. Eine Trophäenvitrine war mit silbernen und goldenen Pokalen, Schalen und Medaillen gefüllt. Der Arzt setzte sich hinter einen Kieferschreibtisch unter dem phänomenalen Mariin, und Stefan nahm neben dem Schreibtisch in einem bequemen Sessel Platz.
    Obwohl Vater Wycazik im Krankenhaus nur Dr. Sonnefords Diensttelefonnummer erhalten hatte, war es ihm gelungen, mit Hilfe von Freunden bei der Telefongesellschaft und bei der Polizei die Privatadresse des Chirurgen ausfindig zu machen. Um halb acht abends hatte er sich an dessen Haustür wortreich für die Störung am Weihnachtsfeiertag entschuldigt.
    Jetzt erklärte Stefan: »Brendan ist einer meiner Mitarbeiter in St. Bernadette, und ich habe von ihm eine sehr hohe Meinung. Deshalb möchte ich nicht, dass er Schwierigkeiten bekommt.«
    Sonneford, der selbst etwas Ähnlichkeit mit einem Fisch hatte blass, vorstehende Augen, ein aufgeworfener Mund -, sagte: »Schwierigkeiten?«
    Er öffnete einen kleinen Werkzeugkasten, nahm einen winzigen Schraubenzieher zur Hand und wandte seine Aufmerksamkeit einer Angelrolle zu. »Was denn für Schwierigkeiten?«
    »Behinderung der Polizei bei ihrer Arbeit.«
    »Lächerlich.« Sonneford schraubte sehr sorgfältig winzige Schräubchen aus dem Rollengehäuse heraus. »Wenn er sich nicht um Tolk gekümmert hätte, wäre der Mann jetzt tot. Wir haben ihm viereinhalb Liter Blut übertragen.«
    »Tatsächlich? Es handelt sich also nicht um einen Irrtum im Krankenbericht?«
    »Nein.« Sonneford entfernte das Metallgehäuse der Rolle, spähte aufmerksam ins Innere. »Ein erwachsener Mensch hat 70 Milliliter Blut pro Kilogramm Körpergewicht. Tolk ist ein großer, schwerer Mann -100 Kilo. Er hat also normalerweise etwa sieben Liter Blut. Als ich bei der Blutbank Konserven anforderte, hatte der Mann über sechzig Prozent seines eigenen Blutes verloren.« Er nahm einen winzigen Schraubenschlüssel zur Hand.
    »Und zuvor hatte er schon im Krankenwagen einen Liter bekommen.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass er über fünfundsiebzig Prozent seines Blutes verloren hatte, bis man ihn aus der Imbissstube in den Krankenwagen brachte? Aber ... kann denn ein Mensch einen derartigen Blutverlust überleben?«
    »Nein«, sagte Sonneford ruhig.
    Ein freudiger Schauer überlief Stefan. »Und beide Kugeln steckten in weichem Gewebe, hatten aber keine wichtigen Organe verletzt. Wurden sie von Rippen oder anderen Knochen abgelenkt?«
    Sonneford hatte aufgehört, an der Rolle herumzuarbeiten.
    »Wenn diese 38er Kugeln auf Knochen geprallt wären, hätten diese splittern müssen. Ich habe jedoch nichts Derartiges festgestellt. Andererseits - wenn sie nicht von Knochen abgelenkt wurden, hätten die Kugeln ihn durchdringen und schwere Austrittswunden verursachen müssen. Aber ich habe sie im Muskelgewebe gefunden.«
    Stefan betrachtete den gesenkten Kopf des Chirurgen. »Warum habe ich nur das Gefühl, dass Sie mir eigentlich gern noch etwas anderes erzählen würden, dass Sie aber andererseits Hemmungen haben, darüber zu sprechen?«
    Sonneford blickte endlich auf. »Und warum habe ich plötzlich das Gefühl, dass Sie mir nicht die Wahrheit über die Gründe für Ihren Besuch gesagt haben, Vater?«
    »Volltreffer!« gab Stefan zu.
    Sonneford seufzte und legte die Werkzeuge in den Kasten zurück. »Also gut. Die Eintrittswunden zeigten deutlich, dass eine Kugel in Tolks Brust eingedrungen und gegen den unteren Teil des Brustbeins geprallt ist, das durch die Wucht des Geschossaufschlags hätte abknicken oder brechen müssen; die Splitter hätten lebenswichtige Organe und Blutgefäße durchbohren müssen. Anscheinend war das jedoch nicht der Fall.«
    »Weshalb sagen Sie >anscheinend