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Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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papierene Vogelscharen, als sie so durch die kalte Luft schwirrten und gegeneinanderprallten.
    In panischem Schrecken taumelte Dom durch das Zimmer und suchte nach dem Ausgang. Aber er konnte vor lauter umherflatternden Monden nichts sehen. Keine Türen. Keine Fenster.
    Er stolperte völlig desorientiert umher.
    Die Situation spitzte sich noch mehr zu, und der Lärm schwoll noch stärker an, als sich nun auch im Flur und in den anderen Zimmern des Bungalows tausend Monde von den Wänden zu lösen begannen. Reißzwecken fielen zu Boden, Klebestreifen rissen sich vom Verputz los, Leim verlor seine Haftfähigkeit. Tausend Mondbilder -und dann weitere tausend -flogen knisternd, raschelnd, rauschend und zischend auf das Wohnzimmer zu, umkreisten Dom mit stetig anschwellendem Brausen, das sich anhörte, als stünde er inmitten eines rasenden Flammenmeers. Die glänzenden Farbfotos aus Büchern und Zeitschriften funkelten, schimmerten und leuchteten im Licht der Taschenlampe wie Feuerzungen, und die Schwarzweißbilder glichen Aschenfetzen.
    Jedesmal, wenn Dom keuchend nach Luft schnappte, saugte er Papiermonde ein und musste sie ausspucken. Tausende kleiner papierener Himmelskörper rasten schichtweise um ihn herum, und wenn er hysterisch einen Vorhang aus Monden zerteilte, sah er sich nur einem neuen gegenüber.
    Er begriff intuitiv, dass dieses unvorstellbare Spektakel ihm helfen sollte, sich an seine quälenden Alpträume zu erinnern. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wer oder was hinter diesem Phänomen steckte, aber er spürte den Zweck der Inszenierung.
    Wenn er in diesen Mondsturm eintauchte, sich davon mitreißen ließ, würde er seine Träume verstehen, würde auch ihre erschreckende Ursache erfahren und endlich wissen, was ihm vor achtzehn Monaten auf seiner Reise widerfahren war. Aber er fürchtete sich davor, von den hypnotisierenden bleichen Himmelskörpern in Trance versetzt zu werden. Er sehnte sich nach der Offenbarung, aber gleichzeitig schreckte er davor zurück.
    Er rief: »Nein, nein.«
    Er presste seine Hände auf die Ohren und kniff die Augen zu.
    »Aufhören! Aufhören!«
    Sein Herz raste in der Brust.
    »Schluss! Aufhören!« brüllte er krächzend. »Schluss jetzt!«
    Er war zutiefst erstaunt, dass der Tumult so abrupt abbrach, als wäre ein Symphonieorchester nach einem letzten donnernden Creszendo plötzlich verstummt. Er hatte nicht erwartet, dass sein Kommando diese Wirkung haben würde, und er glaubte auch nicht, dass seine Worte das vollbracht hatten.
    Er nahm seine Hände von den Ohren. Er öffnete seine Augen.
    Eine Galaxie von Monden hing um ihn herum.
    Mit zitternder Hand griff er nach einem der Fotos, die in der Luft schwebten. Er drehte es verwundert um, betastete es. Es hatte nichts Besonderes an sich, und doch hatte es entgegen jedwedem Naturgesetz frei im Raum hängen können, wie es all die anderen Fotos immer noch taten.
    »Wie ist das nur möglich?« fragte er mit schwankender Stimme, so als erwartete er, dass die schwebenden Monde auch sprechen könnten.
    »Wie? Warum?«
    Als wäre irgendein Zauber gebrochen worden, fielen Tausende von Papierstücken gleichzeitig zu Boden, wo sie in unordentlichen Haufen liegenblieben und Doms Winterstiefel bedeckten.
    Von ihrer mysteriösen Lebendigkeit war absolut nichts mehr vorhanden.
    Verstört ging Dom auf die Tür zum Flur zu. Die Monde raschelten und knisterten unter seinen Füßen wie welkes Herbstlaub. Auf der Schwelle blieb er stehen und leuchtete mit seiner Taschenlampe in den kurzen Flur hinaus. Die Wände waren völlig kahl. Kein einziges Mondfoto hing mehr dort.
    Er kehrte ins Wohnzimmer zurück, kniete zwischen den Papierhaufen nieder, legte die Taschenlampe auf den Boden und ließ Mondfotos durch seine zitternden Hände gleiten, suchte nach einer Erklärung für dieses mysteriöse Geschehen.
    In seinem Innern tobte ein Kampf zwischen Angst und verzücktem Staunen, zwischen Schrecken und Ehrfurcht. Er war völlig durcheinander, weil dieses Erlebnis sich mit keiner bisherigen Lebenserfahrung vergleichen ließ. Er schwankte zwischen Lachen und kaltem Entsetzen. Einmal glaubte er, etwas unvorstellbar Böses sei hier am Werk gewesen, und im nächsten Moment war er überzeugt davon, es habe sich um die Manifestation von etwas Gutem und Reinem gehandelt.
    Böse.
    Gut.
    Vielleicht beides ... oder keines von beidem. Einfach etwas ... nun ja, irgend etwas. Etwas Mysteriöses, das sich mit Worten nicht beschreiben ließ.
    Er wusste nur

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