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Schwarzer Mond: Roman

Schwarzer Mond: Roman

Titel: Schwarzer Mond: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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trotzdem schrie er in seiner Angst und Wut: »Warum kann ich mich nicht erinnern? Ich muss mich erinnern!«
    Er streckte die linke Hand nach dem Poster mit seinem Namen aus, so als könnte er diesem Mond jene Erinnerung entreißen, die Lomack dazu veranlasst hatte, >Dominick< zu kritzeln. Sein Herz dröhnte zum Zerspringen. Er brüllte in rasendem Zorn: »Verdammt, wer immer ihr auch sein mögt, ich schwöre euch, dass ich mich erinnern werde! Ich werde mich an euch Dreckschweine erinnern! Ihr gemeinen Verbrecher! Hört ihr? Ich werde mich erinnern!«
    Obwohl er es überhaupt nicht berührt hatte, obwohl seine Hand immer noch etwa einen Meter davon entfernt war, löste sich das Poster mit seinem Namen plötzlich von der Wand. Es war mit breitem Klebeband an den vier Ecken befestigt gewesen, aber die Klebestreifen rollten sich auf, was sich anhörte, als würden Reißverschlüsse geöffnet - und das Poster sprang regelrecht von der Wand, so als hätte ein heftiger Windstoß die Holzmauer und den Verputz durchdrungen. Es flog knisternd auf Dom zu, und er wich überrascht und erschrocken zurück und wäre um ein Haar wieder über die Bücher gefallen.
    Die Taschenlampe in seiner zitternden Hand zeigte ihm, dass das Poster jetzt etwa einen halben Meter entfernt in Augenhöhe frei in der Luft hing, sich wellenförmig bewegte, sich ihm entgegenwölbte und dann wieder eindellte. Während die gleichsam pockennarbige Mondoberfläche sich derart kräuselte, zuckte und flatterte sein Name wie die Schrift auf einer windgepeitschten Flagge.
    Eine Halluzination, versuchte er sich einzureden.
    Aber er wusste, dass es Wirklichkeit war.
    Er konnte nicht richtig durchatmen. Die kalte Luft schien sirupartig zu sein.
    Das Poster schwebte näher an ihn heran.
    Seine Hände zitterten heftig. Der helle Lichtstrahl der Taschenlampe tanzte zuckend über die wellige Oberfläche des glänzenden Papiers.
    Eine Zeitlang war das Knistern des zum Leben erwachten Posters das einzige Geräusch im Zimmer. Dann war plötzlich ringsum jenes reißverschlussähnliche Geräusch zu hören: Alle Klebestreifen lösten sich von Wänden, Fenstern und von der Decke ab, und fünfzig Mondabbildungen kamen raschelnd und knisternd und sausend von allen Seiten auf Dom zugeflogen. Er schrie vor Überraschung und Angst laut auf.
    Es war so, als hätte er plötzlich einen Knebel ausgespuckt, denn plötzlich konnte er wieder frei atmen.
    Die fünfzig Poster hingen jetzt völlig regungslos in der Luft, so als wären sie an unsichtbaren Flächen befestigt. Die tiefe Stille im Haus des toten Spielers erinnerte an die Atmosphäre eines menschenleeren, düsteren alten Tempels; diese lähmende Grabesstille traf Dom bis ins Mark.
    Urplötzlich -so als wären es fünfzig Teile eines einzigen Mechanismus, den man eingeschaltet hatte -begannen die großen Mondplakate zu zucken, zu flattern und im Zimmer umherzuwirbeln, nicht wild durcheinander, sondern so geordnet wie die Pferde auf einem Kinderkarussell. Dom stand im Zentrum dieses gespenstischen Karussells, und die Monde umkreisten ihn, drehten sich um sich selbst, rollten sich auf und entrollten sich, waren einmal nur als Sicheln zu sehen, dann wieder als Halb-oder Vollmonde, nahmen ab und wieder zu, gingen auf und nieder, immer schneller und schneller. Im Schein der Taschenlampe hatte dieses unheimliche Schauspiel große Ähnlichkeit mit den wasserschleppenden Besen, die der Zauberlehrling in der Ballade zum Leben erweckt hatte.
    Doms Furcht machte einem verzückten Staunen Platz. Das Phänomen kam ihm nicht mehr bedrohlich vor, sondern erfüllte ihn mit wilder Freude. Er suchte keine Erklärung dafür, stand einfach da und besah sich fasziniert dieses Spektakel. Normalerweise war nichts so erschreckend wie das Rätselhafte, aber vielleicht fühlte er, dass hier positive Kräfte am Werk waren.
    Langsam drehte er sich im Kreis und beobachtete die Parade der Monde, und schließlich lachte er auf.
    Von einer Sekunde zur anderen trat eine dramatische Veränderung ein. Die Poster schwirrten plötzlich wie fünfzig riesige, wütende Fledermäuse auf Dom zu. Sie flogen dicht über seinem Kopf hinweg, schossen auf ihn herab, schlugen ihm ins Gesicht, peitschten ihm den Rücken. Obwohl sie nicht lebendig waren, vermutete Dom eine böse Absicht hinter diesem unerwarteten Angriff. Er legte einen Arm schützend vors Gesicht und schlug mit der Taschenlampe nach ihnen, aber sie wichen nicht zurück.
    Sie verursachten einen Lärm wie

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