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Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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gegeben. Jemand war in der letzten Zeit hier gewesen, und zwar oft genug, dass er es für lohnend befunden hatte, Geld in ein paar neue Glühbirnen zu investieren.
    Als das Scharren diesmal wiederkam, bemerkte ich amanderen Ende des Foyers, wo halb verborgen hinter rotem Samt der Durchgang in die Tiefen des Clubs lag, eine Bewegung   – ein seltsames Kicken gegen den Vorhangstoff. Es gelang mir, das Werlicht in die Nähe zu lenken, und ich erkannte zwei menschliche, vermutlich weibliche Beine, die darunter hervorragten. Sie waren in Seidenstrümpfe in derselben tiefroten Farbe wie die Tapete gehüllt, und ein Fuß steckte noch in einem scharlachroten, vorn spitz zulaufenden Schuh mit Stiletto-Absatz. Als mein Licht näher wankte, begannen die Beine zu strampeln, eine krampfartige, mechanische Bewegung, die in schauriger Weise an frühe wissenschaftliche Experimente mit Fröschen erinnerte. Außer dem Klopfen der Fersen auf dem Teppich war kein Laut zu hören, und was oberhalb der Schenkel war, lag hinter dem Vorhang verborgen   – sofern überhaupt etwas oberhalb der Schenkel existierte.
    Möglicherweise war hier aber ein Mensch in Not, und es war meine Pflicht, das zu überprüfen   – wenn ich bloß meine Füße dazu hätte bringen können, auch nur einen Schritt nach vorn zu machen. Die Beine strampelten immer stärker, und ich bemerkte, dass mein Werlicht schwächer wurde und eine rötliche Färbung annahm. Inzwischen hatte ich einige Übung mit Werlichtern, und sie änderten normalerweise nur noch die Farbe, wenn ich die
Forma
modifizierte. Doch ich hatte dieses Phänomen schon einmal erlebt, als ich Colonel De Veils Geist »gefüttert« hatte   – ich konnte nur vermuten, dass die Anteile mit kürzerer Wellenlänge, also höherer Energie, zuerst ausfielen, wenn dem Licht Magie entzogen wurde. Diese Erklärung kann allerdings nicht die geringste Vorstellung davon vermitteln, wie verdammt unheimlich dieser Effekt war.
    Die Beine wurden jetzt so wild, dass der verbliebene Schuh sich löste und in die Schatten davontrudelte. Mein Werlicht wurde schwächer und schwächer, aber ich konnte mich immer noch nicht überwinden, hinzugehen.
    »Machen Sie’s aus, Peter«, sagte Nightingale hinter mir. Ich ließ das Werlicht platzen wie einen Luftballon. Sofort hörte das Strampeln auf.
    Mit Nightingale zusammen war eine ernst blickende Spurensicherungstruppe eingetroffen, allesamt in Plastikanzügen und mit Kamerataschen, in denen sie ihre Ausrüstung mit sich herumtrugen. Dahinter bugsierten ein paar Leute von der Mordkommission einschließlich der Somali-Ninja einige tragbare Flutlichtscheinwerfer die letzten Stufen hinunter.
    Auch Nightingale trug einen Plastikoverall. Obwohl es das bei weitem modernste Outfit war, das ich je an ihm gesehen hatte, wirkte er darin immer noch eher wie der Held in einem schwarzweißen Science-Fiction-Klassiker aus den fünfziger Jahren. In der rechten Hand hielt er einen seiner Spazierstöcke mit Silberknauf, und über die Schulter hatte er ein Nylonseil geschlungen.
    »Die Tiere bitte nicht füttern«, sagte er.
    »Glauben Sie, da drin ist etwas Lebendiges?«, fragte ich.
    »Das werden wir jetzt herausfinden müssen.«
    Während hinter uns die Scheinwerfer aufgestellt wurden, legte sich Nightingale einen Klettergurt um, hakte ein Ende des Seils darin ein, winkte mich heran und drückte mir den Rest des Seils in die Hand. Leise, nur für meine Ohren, sagte er: »Möglicherweise gibt es hier Fallen. Falls das Seil schlaff wird, ziehen Sie mich raus. Aber folgen Sie mir unter keinen Umständen hinein. Alles, wogegenich nicht ankomme, würde Sie unweigerlich vernichten. Klar?«
    »Klar.«
    »Außerdem besteht die entfernte Möglichkeit, dass etwas anderes als ich versucht, von dort zu entwischen. Es könnte ähnlich aussehen wie ich oder gar in meinen Körper geschlüpft sein, aber ich verlasse mich darauf, dass Sie den Unterschied erkennen. Auch klar?«
    »Und was tu ich dann?«
    »Ich zähle darauf, dass Sie es lange genug aufhalten, dass die anderen«, er nickte zu den Spurentechnikern und Ermittlern hin, »entkommen können. Bieten Sie alles auf, was Sie haben, aber die beste Chance hätten Sie wohl, wenn Sie die Decke über ihm einstürzen lassen.«
    »Über Ihnen, meinen Sie.«
    »Es würde sich nicht mehr um mich handeln. Also keine Sorge, ich wäre nicht beleidigt.«
    »Sehr ermutigend. Angenommen, ich überlebe mein heldenhaftes Rückzugsgefecht, was dann?«
    Nightingale

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