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Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ben Aaronovitch
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Sydenham? Ich beschloss, mir einen ganz persönlichen Regelkanon zu erstellen, einfach, um ihm eine brandneue Regel hinzuzufügen: Red nie schlecht über die Mutter von irgendjemandem,spiel nie Schach mit der kurdischen Mafia und geh nie mit einer Frau ins Bett, die magischer ist als du selber.
     
    An einem kalten, düsteren Tag im Oktober fuhr ich aus London hinaus. Während ich mich im Rushhour-Verkehr zentimeterweise dem Stadtrand näherte, hatte ich viel Zeit, die Leute zu beobachten, die in Mäntel gehüllt mit hochgezogenen Schultern und eingezogenen Köpfen zur Arbeit eilten   – der Sommer war vorüber, und der vielversprechende Mittelstürmer saß mit einer Kosmetikerin aus Malaga im Flieger nach Rio.
    Aber London kümmerte sich nicht darum. Dieser Stadt ist es egal, wenn man sie verlässt, weil sie weiß: Für jeden, der geht, kommen zwei Neue. Außerdem war sie ganz damit beschäftigt, sich den Neonlippenstift nachzuziehen und sich mit gold-rotem Flitterkram zu behängen.
Ach, Süßer, Fußballer sind doch mega-out. Diese Saison dreht sich alles ums Theater.
Sie hatte es jetzt auf einen Hollywoodstar abgesehen, der Lust hatte, sein Können im West End unter Beweis zu stellen.
    Wieder umfuhr ich Colchester, und diesmal rief ich noch rasch an, damit Lesley wusste, dass ich kam. Der eisengraue Horizont kam immer näher, und rechts und links von mir dümpelte Brightlingsea herum wie steinernes Packeis unter einem trüben Himmel. Als ich vor Lesleys Haus parkte, wartete sie schon unter der Kutschenlaterne. Dem Wetter entsprechend trug sie eine wasserfeste blaue Kapuzenjacke, und sie hatte den Rockstar-Schal und die Brille gegen eine Gesichtsmaske aus hypoallergenem Plastik vom Staatlichen Gesundheitsdienst ausgetauscht. Als sie sprach, klang ihre Stimme noch immer fremd.
    »Ich muss dir was zeigen.«
    Auf dem Weg durch die nassen Straßen begegneten wir ein paar Einheimischen, die Lesley heiter zuwinkten und mir misstrauische Blicke zuwarfen.
    »Der Vorteil, wenn man in einer Kleinstadt wohnt«, sagte sie. »Alle wissen’s, niemand ist geschockt.«
    »Mich mögen sie nicht so, glaube ich«, sagte ich.
    »Sie spüren, dass du aus dem verruchten Sündenpfuhl kommst.«
    Wir überquerten wieder den Parkplatz mit den Segelbooten, die jetzt für den Winter mit Planen verhüllt waren und in deren Takelage der eisige Wind sang, und erreichten die Strandpromenade mit der langen Reihe Strandhütten. Wieder führte Lesley mich in den gemauerten Unterstand mit der Wandmalerei aus unwahrscheinlich blauem Himmel und weißen Stränden.
    »Ich nehme jetzt die Maske ab«, sagte sie. »Glaubst du, du kommst damit klar?«
    »Nein«, sagte ich. »Aber ich versuch’s.«
    Lesley zupfte an den Verschlüssen herum. »Das ist so ein blödes Gefummel. Ich hab noch eine mit Klettverschluss, die ist noch schlimmer   – na endlich.«
    Und bevor ich eine Chance hatte, mich darauf vorzubereiten, war die Maske weg.
    Es war noch schlimmer, als ich es mir vorgestellt hatte. So schlimm, dass mein Verstand sich dagegen wehrte, dass das überhaupt ein Gesicht sein sollte. Ihr Kinn war weg. Stattdessen floh die Haut unter der absurd vollen Unterlippe knotig nach hinten weg, bis sie sich mit der unbeschädigten Haut an der Kehle vereinigte. Die Nase war flach und formlos, ein unregelmäßiger rosa Knubbelinmitten einer Landschaft aus erhabenen weißen Narben kreuz und quer über Wangen und Stirn. Mir zog sich alles zusammen. Hätte ich mich nicht ganz angespannt, ich wäre bis auf die andere Seite des Unterstands zurückgewichen.
    »Kann ich jetzt die Augen aufmachen? Bist du fertig?«, fragte sie.
    Ich sagte etwas   – ich weiß nicht mehr, was.
    Sie öffnete die Augen. Sie waren immer noch blau. Es waren immer noch Lesleys Augen. Ich versuchte mich ganz auf diese Augen zu konzentrieren.
    »Was meinst du?«, fragte sie.
    »Hab schon Schlimmeres gesehen.«
    »Lügner. Wen denn?«
    »Deinen Dad.«
    Es war nicht besonders witzig, aber ich merkte, dass der Versuch sie freute. »Glaubst du, du kannst dich daran gewöhnen?«
    »An was?«
    »An mein Gesicht.«
    »Weißt du, du denkst immer nur an dein Gesicht«, sagte ich. »Du bist
so
eitel! Denk mal an andere Leute statt die ganze Zeit nur an dich.«
    »An wen soll ich denn denken?«
    Es war schrecklich, wie die Haut unter ihrem Mund sich verformte, wenn sie sprach. »An mich zum Beispiel. Als du mich zwischen den blöden Booten durchgezerrt hast, hab ich mir am Bordstein den Zeh

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