Schwarzer Mond über Soho: Roman (German Edition)
Fensterscheiben, verrußte Wände und abblätternde Farbe an der Tür. Vor der Beantragung des Durchsuchungsbeschlusses hatten Stephanopoulos’ Schreibtischknechte eine Überprüfung der Besitzverhältnisse durchgeführt und waren tatsächlich aufdas typische Hütchenspiel verschiedener Immobiliengesellschaften gestoßen. Da wir schlecht abwarten konnten, bis Klarheit in die Sache gebracht war, hatten wir uns einfach einen Beschluss für das ganze Gebäude geholt.
Um sicherzugehen, beobachteten wir das Haus eine ganze Stunde lang von einem zivilen Astra aus. Niemand kam heraus oder ging hinein. Stephanopoulos vergewisserte sich noch einmal, dass alle Teams auf Posten waren, dann gab sie den Befehl zum Entern.
Wir schwärmten alle aus den Autos und pirschten uns an die Hintertür heran. Dort holte einer vom Zugriffsteam mit einem Vierzig-Pfund-Nahkampframmbock aus und brach die Tür mit einem einzigen geübten Stoß auf. Einer seiner Kollegen begab sich, einen durchsichtigen Plastikschild vor sich, zuerst hinein, ein weiterer blieb mit der Schrotflinte im Anschlag dicht hinter ihm. Die Flinte war für den Fall gedacht, dass der Hausbewohner sich einen Hund hielt, aber darüber bewahren wir normalerweise Stillschweigen, weil die Leute sich sonst bloß aufregen.
Stephanopoulos und ich gingen hinter ihnen rein. Für alle, die nicht zum Zugriffsteam gehören, zählt das als »zuerst«, nur falls Sie sich wundern. Unter unseren Jacken trugen wir Stichschutzwesten und am Gürtel unsere ausziehbaren Schlagstöcke. Vor uns lag ein fensterloser Flur; zur Linken war eine geschlossene Tür und zur Rechten eine Treppe nach unten. Als ich versuchsweise auf den Lichtschalter drückte, leuchtete düster eine schirmlose 4 0-Watt -Glühbirne auf. Die Wände waren mit einer uralten rot-goldenen Velourstapete verkleidet, die sich an der Oberkante abzulösen begann.
Stephanopoulos tippte einem der Einbruchspezialistenauf die Schulter und zeigte auf die Tür. Wieder wurde der Rammbock geschwungen, und Plastikschild und Schrotflinte stiegen die dahinter liegende Treppe hinauf, gefolgt von einem halben Dutzend Mordermittlern und Angehörigen der hiesigen Standortunterstützung. Sie würden sich die oberen Geschosse vornehmen, während Stephanopoulos und ich uns unten umschauen wollten.
Ich lenkte den Strahl meiner Taschenlampe in die schattigen Tiefen der Treppe. Sie war mit einem robusten Nylonteppich belegt, wie es ihn auch in Kinos und Kindergärten gibt, passend zur Tapete ebenfalls in Rot-Gold. Ich hatte ein sehr ungutes Vorgefühl, möglicherweise ein
Vestigium
oder aber auch nur das sehr vernünftige Widerstreben, eine unbekannte dunkle Treppe hinunterzusteigen.
Das Team trampelte nach oben wie eine Horde Babyelefanten in einer Holzhandlung. Stephanopoulos sah mich an. Ich nickte, und wir machten uns auf den Weg nach unten. Im Schein der beiden lichtstarken Taschenlampen, die wir uns von der Standortunterstützung ausgeliehen hatten, kam auf dem ersten Absatz ein Kassenschalter in Sicht. Daneben befand sich ein Tresen, hinter dem Finsternis gähnte. Ich hoffte, dass es sich nur um die Garderobe handelte.
Vorsichtig, dicht an der Wand, näherte ich mich dem Absatz – ich war nicht erpicht darauf, dass etwas hinter der Ecke hervorsprang, bevor ich es sah. Aber die Treppe führte nur in der Gegenrichtung weiter nach unten in die Dunkelheit. Es roch nach Schimmel und muffigem Teppich, was ich beruhigend fand. Ich beugte mich über den Garderobentresen und ließ den Lichtstrahl durch die Finsternis gleiten. Sie entpuppte sich als schmaler L-förmigerRaum mit Kleiderhaken und Ablagen. Ich kletterte über den Tresen und sah mich genauer um. Nirgends hingen vergessene Mäntel oder Taschen herum, aber auf dem Boden lagen ein paar Papierfetzen. Ich hob einen auf. Es waren Abrisse von Eintrittskarten.
»Was gefunden?«, fragte Stephanopoulos. Ich schüttelte den Kopf.
Sie schnippte mit den Fingern, und zwei Leute von der Mordkommission mit Handschuhen und Beweisbeuteln in der Hand kamen zu uns heruntergestiegen. Auf einen Wink von Stephanopoulos trabten sie an mir vorbei, um die Garderobe einer gründlichen Untersuchung zu unterziehen. Eine von ihnen war eine junge Somalierin in Motorradlederjacke und edlem schwarzem Seiden-Hijab. Sie bemerkte, dass ich sie anstarrte, und grinste. »Muslim-Ninja«, flüsterte sie.
Gewöhnlich macht die Polizei gern ordentlich Lärm, wenn sie in ein Gebäude eindringt, weil es (außer bei
Weitere Kostenlose Bücher