Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzer Neckar

Schwarzer Neckar

Titel: Schwarzer Neckar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Scheurer
Vom Netzwerk:
den Servern rumgeschnüffelt habe.«
    »Jetzt fehlt noch die Tonaufzeichnung des Notrufes. Dann habe ich die kompletten Unterlagen zusammen.«
    »Bist du wirklich schon so weit?« Amstetter klang beinahe vorwurfsvoll.
    Treidler zuckte mit den Achseln. »Vor Gericht haben sie die Aufzeichnung auch abgespielt – bestimmt drei Mal. Dann werde ich es wohl jetzt ebenfalls ertragen.«
    »Klar, wie du meinst.«
    »Hast du sie?«
    Amstetter nickte knapp und zog eine kleine Silberscheibe in einem durchsichtigen Kunststoffumschlag aus der Hosentasche. Er reichte sie Treidler.
    »Was ist das?«, wollte der mit einem skeptischen Gesichtsausdruck wissen.
    »Eine Mini- CD .«
    »Ist da die Aufzeichnung drauf?« Treidler wog die silberne Scheibe in der Hand und schaute Amstetter mit einer Mischung aus Zweifel und Ratlosigkeit an.
    »Ja.« Amstetter nickte. »Für Leute ohne eigenen Computer. Kannst du dir auf jedem herkömmlichen CD -Spieler anhören …«
    Treidler ließ die Mini CD in seiner Jackentasche verschwinden. »Und die Zeit?«
    »Der Notruf kam um dreiundzwanzig Uhr fünf und dreizehn Sekunden rein. So jedenfalls hat es die Telefonanlage im Header der Originaldatei gespeichert.«
    Treidler wusste zwar nicht, was das Wort »Header« in diesem Zusammenhang bedeutete, dennoch wiederholte er Amstetters Zeitangabe und betonte dabei jede einzelne Ziffer, als ob sie einen Geheimcode darstellte: »Dreiundzwanzig Uhr fünf und dreizehn Sekunden.« Etwas stimmte nicht. »Bist du sicher mit der Zeit?«
    »Klar, und zwar auf die Sekunde.«
    »Im Protokoll steht dreiundzwanzig Uhr neunzehn – vierzehn Minuten später. Hmm …« Treidler rieb sich mit dem Handrücken über sein unrasiertes Kinn. »Kann es sein, dass die Telefonanlage eine falsche Zeit gespeichert hat?«
    Amstetter schüttelte den Kopf. »Nein. Die Zeitangabe wird aus dem Telefonnetz abgerufen. Das würde bedeuten, dass deutschlandweit das gesamte Netz der Telekom die falsche Zeit ausgegeben hätte.« Er hielt kurz inne. »Meinst du, das bedeutet überhaupt was, diese vierzehn Minuten?«
    »Das kann ich im Moment nicht sagen.« Vierzehn Minuten konnten bei einem Verbrechen den Unterschied zwischen absoluter Undenkbarkeit und einer zumindest hypothetischen Gelegenheit ausmachen.
    »Bestimmt macht es diesen Fall nicht einfacher.«
    »Ja.« Treidler nickte und ließ seinen Blick nach draußen in das Dunkel der Nacht schweifen. »So wie die Tatsache, dass sie mich in der Küche bewusstlos auf dem Boden gefunden haben. Und dass es keine Einbruchspuren oder fremden Fingerabdrücke gab – auch keine Fremd- DNS . Überhaupt nichts. Als ob der Mörder ganz genau wusste, auf was er achtgeben muss, um keinerlei Spuren zu hinterlassen.«
    »Das ist nichts Besonderes. Dazu reichen Handschuhe.«
    Treidler lachte auf und schaute wieder zu Amstetter. »Wer hätte gedacht, dass fehlende Fingerabdrücke einmal das erste Indiz in einem Mordprozess gegen mich darstellen würden.«
    »Das war doch Winkler, der diesen Standpunkt während der Ermittlungen vertreten hat?«
    »Winkler, Winkler, der blöde Arsch. Kleinerts Herzinfarkt kam ihm vermutlich nicht ungelegen. Deshalb hat er die Morduntersuchung eine Weile allein leiten können. Genügend Zeit, um das eine oder andere Ergebnis so zurechtzubiegen, dass es ihm in den Kram gepasst hat.«
    »Glaubst du wirklich?«
    »Ich konnte Winkler nie ausstehen. Außerdem hat er es schon lange auf Petersens Nachfolge als Kommissariatsleiter abgesehen. Nicht, dass ich diese Position überhaupt gewollt hätte. Trotzdem bin ich ihm als dienstältester Kommissar im Weg gestanden.«
    »Tust du ihm da nicht unrecht? Kleinerts Nachfolger hat vor Gericht die gleiche Auffassung wie Winkler vertreten.«
    »Borchert? Dieser junge Pisser von der Polizeihochschule?« Treidler knurrte abfällig. »Der hat noch nie ein Verbrechen gesehen, außer im Fernsehen.«
    Amstetter nickte langsam.
    »Außerdem fehlt ihm der Mumm, um sich eine eigene Meinung zu bilden. Der quatscht Winkler alles nach, nur, um so schnell wie möglich befördert zu werden. So kann er zurück in seine beschissene Großstadt und den großen Maxe heraushängen.« Treidler ließ den Kopf hängen. »Der Richter hat im Prozess nicht einmal Kleinerts Aktennotizen zugelassen. Nur wegen Winklers Aussage, dass ich jahrelang mit ihm Squash gespielt habe.« Er machte eine abfällige Handbewegung. »›Freigesprochen mangels Beweisen‹. Das hört sich an wie: Du bist schuldig, nur kann man es dir nicht

Weitere Kostenlose Bücher