Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwarzer Neckar

Schwarzer Neckar

Titel: Schwarzer Neckar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thilo Scheurer
Vom Netzwerk:
zurück sind.«
    Treidler hob die Augenbrauen, ließ sich aber ansonsten nichts anmerken. »Ist das alles?«
    Zögerlich nickte Schober.
    Schon heute Morgen hatte er damit gerechnet, dass Winkler ihn anschwärzen würde. Er ließ eine verdutzte Anita Schober stehen und machte sich auf den Weg zu Petersens Büro.
    Die Sekretärin im Vorzimmer bat ihn, etwas zu warten, da der Kriminalrat im Moment ein wichtiges Telefonat führe. Treidler seufzte und nahm auf einem der Besucherstühle Platz. Es sollte noch eine geschlagene Viertelstunde dauern, bis Petersen sein Telefonat beendete und er endlich eintreten konnte.
    Der »Graue« stand hinter dem Schreibtisch. Entgegen seiner sonstigen Gepflogenheit, machte er sich nicht die Mühe, seine schlechte Laune zu verbergen. Die Haut in seinem Gesicht leuchtete krebsrot und bildete einen starken Kontrast zu den silbergrauen Haaren.
    Seine eisblauen Augen fixierten Treidler, und noch bevor dieser die Tür hinter sich geschlossen hatte, brüllte Petersen schon los: »Was zum Teufel ist in Sie gefahren? Was sollte das heute Morgen mit Winkler? Nennen Sie mir nur einen Grund, warum ich Sie nicht sofort nach Hause schicken soll. Nur einen …« Drohend hielt der »Graue« den Zeigefinger hoch, um seine Aussage zu bekräftigen. Offenbar bemerkte er nicht, wie dabei seine Hand vor Empörung zitterte.
    Einen Augenblick lang dachte Treidler darüber nach, wie er sein Verhalten rechtfertigen könnte.
    Doch Petersen lieferte die Antwort auf seine eigene Frage gleich mit: »Mann, Treidler, Sie haben Glück, dass ich Sie die nächsten Tage brauche.«
    Treidler starrte auf den Boden. Was interessierte ihn schon Petersen, was interessierte ihn schon Winkler? Dieser verfluchte Schweinehund verdiente noch weitaus Schlimmeres. Und falls sich ihm nochmals eine so gute Gelegenheit wie diesen Morgen am Kaffeeautomat bot, dann würde er ganz genauso handeln. Seit der Unterhaltung mit Amstetter vor zwei Tagen wusste er, dass Winkler maßgeblichen Anteil daran hatte, dass er die Untersuchungshaft und den Prozess über sich ergehen lassen musste. Und das nur, weil er auf den Posten des Kommissariatsleiters scharf war. Doch sagen konnte er das Petersen natürlich nicht. Noch nicht. Er benötigte Beweise. Und um die Beweise zu finden, brauchte er diesen Job. Mindestens so lange, bis er Lisas Mörder hatte. So einfach war das.
    »Sie wissen sicherlich, wie man Sie bei uns in der Polizeidirektion nennt.«
    Diesmal setzte Treidler an, um etwas zu entgegnen, doch Petersen fuhr ihm über den Mund: »Das war keine Frage, sondern eine Feststellung. Die Kollegen nennen Sie ›den Psycho‹. Und wissen Sie was, Treidler?« Er machte eine auffordernden Geste.
    »Wollen Sie darauf eine Antwort?«
    »Nein!« Petersen kniff die Augen zusammen. »Ich erkenne in Ihrem Verhalten nicht einen einzigen Anhaltspunkt, der dagegen spricht.«
    Treidler starrte an Petersen vorbei, hinaus zum Fenster. Durch die Sonneneinstrahlung schmolz der Frost auf der Jalousie. Schmutzige Wassertropfen lösten sich und zerplatzten mit einem leisen Platsch auf dem metallenen Fenstersims.
    »Das war das allerletzte Mal. Falls ich Sie noch einmal zu mir rufen muss, nehme ich Ihnen Dienstwaffe und Ausweis ab. Danach können Sie sich einen neuen Arbeitsplatz suchen, und ich sorge persönlich dafür, dass Sie sich nicht noch einmal bei der Polizei einklagen können. Ist das angekommen?«
    Auch diese Worte ließ Treidler an sich abprallen. Sie interessierten ihn genauso wenig wie alle anderen zuvor.
    Der Blick des »Grauen« wurde noch eine Spur strenger. Jeden Augenblick konnte er wieder aufbrausen. Doch stattdessen fragte Petersen in einem etwas sachlichen Tonfall: »Was haben Sie inzwischen in der Mordsache Novak unternommen?«
    Treidler riss den Blick von den Wassertropfen los. Mit einem Schulterzucken erwiderte er: »Die letzte Viertelstunde überhaupt nichts. Ich habe da draußen gewartet, bis Sie endlich fertig telefoniert hatten. Und seitdem erzählen Sie mir, was ich zukünftig besser unterlassen soll.«
    Petersen schnappte nach Luft. »Mann, Treidler, hauen Sie bloß ab und bringen Sie mir schleunigst diesen Mörder. Sonst vergesse ich mich noch.«
    Die Aufforderung war sicher nicht ernst gemeint, dennoch wandte Treidler sich um und ging zur Tür.
    »Warten Sie.« Rasch kam Petersen um den Schreibtisch herum, blieb vor ihm stehen und musterte ihn von oben bis unten. »Was soll ich nur mit Ihnen anstellen, Treidler? Sie benehmen sich wie der

Weitere Kostenlose Bücher