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Schwarzer Purpur

Schwarzer Purpur

Titel: Schwarzer Purpur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wahl
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er Abernathy eine Sainsbury -Papiertüte.
    »Danke. Also, bis später, und mach keine Zusagen, die wir nicht halten können«, erinnerte Mark ihn, drehte sich um und begann, uns einen Weg nach draußen zu bahnen. Ich hielt mich in seinem Kielwasser, bemüht, niemanden zwischen mich und den weinroten Rücken vor mir zu lassen. Ich reichte ihm knapp bis zu den Schultern, konnte also nicht sehen, wohin er mich führte. Vermutlich zu einer der Wiesen , dachte ich – und stutzte, als wir plötzlich vor dem Ausgang zum Themseufer standen.
    Zielstrebig verließ Abernathy das Gelände der Flower Show . Erst auf dem Gehweg sah er sich nach mir um und versprach geheimnisvoll: »Es ist nicht weit.« Tatsächlich bogen wir bereits nach wenigen Minuten in eine enge Gasse zwischen hohen Ziegelmauern. Verwittert und von Schlingpflanzen überwuchert, wie sie war, musste sie ihr Geheimnis schon lange behüten. Der Eingang lag gut getarnt zwischen zwei hohen Eiben: ein kleines, zweiflügliges Tor aus liebevoll geschmiedetem Eisen. Dahinter schaukelte ein junger Mann auf einem Plastikhocker, kaute hingebungsvoll an einem Kaugummi und hielt uns lässig zwei Eintrittskarten hin.
    Hingerissen von dem versteckten Park achtete ich nicht auf Mark Abernathy, bis er mich anstieß und sagte: »Zuerst das Essen. Mit vollem Magen streitet es sich besser.«
    Er führte mich nicht über den Hauptweg, sondern bog seitwärts ab auf einen überwucherten Pfad, der an einem japanisch anmutenden Wasserbecken endete. Von einer etwas wackeligen Holzbank aus hatte man einen schönen Ausblick auf die sich in der Wasseroberfläche spiegelnden Päonien und Iris. Hohe Bäume und ein Meer aus blühenden Büschen ließen vergessen, dass wir uns mitten in London befanden. Sogar die typischen Großstadtgeräusche waren kaum noch zu hören.
    »Wo sind wir hier?«, fragte ich ihn.
    »Im Chelsea Physic Garden . Übrigens einer der ältesten botanischen Gärten Europas. Die Apothekerzunft von London hat ihn Mitte des 17. Jahrhunderts hier angelegt als Forschungs- und Lehrgarten für medizinische Zwecke. Er ist erst seit etwa zwanzig Jahren zwei Tage die Woche für Besucher geöffnet – und während der Show. Aber das wissen viele nicht.«
    Während er sprach, hatte er eine weiße Tischdecke auf der Sitzfläche der Bank ausgebreitet und begann nun, die Delikatessen aus der schlichten Papiertüte darauf zu verteilen: Lachsbrötchen, Sandwichs, Shrimpsalat, Käsetörtchen, Kresseschnittchen und winzige Dessertkuchen in Bonbonfarben.
    »Darf ich zu Tisch bitten? Ich hoffe, der Prosecco hat mir den Transport nicht übel genommen.« Kaum hatte er die Worte ausgesprochen, zeigte der spritzende Schaum, dass er das sehr wohl getan hatte. Glücklicherweise hielt Abernathy die Flasche in die entgegengesetzte Richtung, und die Fontäne prasselte auf die Seerosenblätter.
    »Ein Opfer für die Goldfische«, meinte er trocken. »Hoffentlich haben sie ihren Spaß daran. – Der Rest ist für uns.« Damit reichte er mir ein Glas und hob seines, um mit mir anzustoßen. »Auf erträgliche Zusammenarbeit – ich hoffe, die gute alte englische Tradition des Picknicks wirkt besänftigend! Nehmen Sie eins von diesen wunderbaren Brötchen und erzählen Sie mir, wie Sie auf die Idee gekommen sind, mein friedliches Leben aufzumischen.«
    Seine Stimme klang ausnahmsweise freundlich und nicht herausfordernd, und während ich meinen ersten Bissen, um Zeit zu schinden, so gründlich kaute, wie die Gesundheitsapostel es fordern, überlegte ich hektisch, was ich preisgeben sollte und was nicht.
    »Geben Sie sich einen Ruck! Ich kann mir keinen Anwalt in Deutschland leisten, bin also ziemlich im Nachteil Ihnen gegenüber.«
    Er biss in sein Sandwich, ohne mich aus den Augen zu lassen. Irgendwie erinnerte er mich an ein Raubtier, das seine Beute belauert. Was hatte er vor?
    »Wahrscheinlich können Sie sich nicht erinnern, dass vor über einem Jahr eine kleine deutsche Gärtnerei namens Blütenzauber bei Ihnen angefragt hat, ob Sie sie beliefern würden?«, begann ich.
    Er runzelte die Stirn, rieb sich kurz das Genick und nickte dann. »Ich … ich glaube ja. Ziemlich holpriges Englisch. Was ist damit?«
    »Diese kleine Gärtnerei gehört meiner besten Freundin, und als ich davon hörte, dass Sie nicht einmal geantwortet haben, fand ich das ziemlich schäbig«, sagte ich tugendhaft.
    »Wenn wir uns nicht gemeldet haben, muss der Brief irgendwie im Büro untergegangen sein. Aber Sie wollen mir doch

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