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Schwarzer Purpur

Schwarzer Purpur

Titel: Schwarzer Purpur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wahl
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Freundin gehört die Gärtnerei, Ihnen die Lizenz. Wer von Ihnen ist nun eigentlich mein Geschäftspartner?«
    »Beide«, antwortete ich kurz und bündig und erläuterte: »Ich bringe die Lizenz als meinen Geschäftsanteil in unser gemeinsames Unternehmen mit ein.«
    »Heißt das, Sie haben noch keine weiteren Verträge abgeschlossen?«, wollte er wissen.
    Ich zögerte mit einer Antwort. Natürlich hatten wir uns bereits im Vorfeld bemüht, eventuelle Interessenten anzusprechen, aber über Optionen war das nicht hinausgegangen. Ohne die Unterschriften, die mein Abkommen mit Abernathy besiegelten, hatte ich einfach nicht den Mut besessen, feste Lieferverträge abzuschließen. Was, wenn in letzter Minute etwas dazwischengekommen wäre? Dann könnten wir nicht liefern, kämen in finanzielle Schwierigkeiten, müssten Blütenzauber aufgeben … Auch Alfons hatte weise erklärt, man solle das Fell des Bären erst verteilen, wenn er erlegt wäre: »Und wenn wir erst nächstes Jahr voll einsteigen können, ist das schließlich auch keine Katastrophe. Bis sich diese Mode wirklich durchgesetzt hat, sitzen wir sonst nur auf unnötig großen Vorräten.«
    Aber mir war ebenso wie Abernathy klar, dass ohne bestehende Lieferverträge unsererseits die Gefahr für ihn, in die Ecke gedrängt zu werden, praktisch nicht mehr bestand. Bis nächstes Jahr konnte er problemlos mithalten.
    Die wackelige Rückenlehne knirschte bedenklich, als er sich fröhlich pfeifend zurücklehnte und die langen Beine weit von sich streckte. Seine Zufriedenheit ärgerte mich.
    »Fühlen Sie sich lieber nicht so sicher«, warnte ich ihn. »Die großen Gärtnereien mögen konservativ sein, aber die deutschen Baumärkte reagieren unter Umständen schneller, als man denkt.«
    Es war eine durchschaubare Bosheit, und er würdigte sie keiner Antwort, grinste mich nur wissend an und legte beiläufig seinen Arm auf die Rückenlehne. Die Hauptpflanzzeit war fast vorüber. Die Zeit spielte auf seiner Seite.
    »Sie sollten noch etwas an Ihrem Stil feilen«, riet er mir. »Dieses Zögern – ganz zu schweigen von der unnötigen Bemerkung eben –, das passt nicht zu Ihrem Image der eiskalten Geschäftsfrau.«
    Während er sprach, strichen seine Fingerspitzen kaum spürbar über meine Schulter. Ich konnte die Wärme seines Körpers neben mir deutlich fühlen, obwohl wir zwei Handbreit voneinander entfernt saßen. Sie durchdrang meine Kleidung, meine Haut. Etwas in mir schrie danach, ihrer Verlockung nachzugeben, mich an ihn zu schmiegen und seine Nähe auszukosten. Ein anderer Teil von mir – und eindeutig der stärkere – hielt meinen Rücken steif wie ein Brett.
    Der Moment verstrich ungenutzt. Mark Abernathy seufzte fast unhörbar und begann, die Reste des Picknicks einzupacken. »Wie lange bleiben Sie noch in London?«, fragte er, ohne aufzublicken, im Konversationston.
    »Zwei Tage. Eigentlich wäre ich lieber schon heute zurückgeflogen, aber ich habe erst für übermorgen einen Platz bekommen, und ich wollte mich natürlich auch noch ein wenig in London umsehen …«, antwortete ich vor lauter Unsicherheit unnötig ausführlich.
    »Hätten Sie dann Lust, mich morgen Abend auf den Empfang des Staudenzüchterverbandes zu begleiten?«
    Die leichthin gestellte Frage überraschte mich.
    Mein Herz hüpfte unkontrolliert.
    Ein ganzer Abend mit ihm!
    »Sehr gerne«, erwiderte ich, schwindlig vor Vorfreude. »Das wird sicher sehr … interessant.«
    Er warf mir einen mehrdeutigen Blick zu. »Wir wollen es hoffen«, meinte er trocken. »So«, damit stopfte er die Überreste unseres Picknicks in einen halb verrosteten Blechmülleimer und warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Was halten Sie von einer kurzen Führung durch dieses botanische Juwel? Es wäre schade, die Gelegenheit nicht zu nutzen.«
    Nachdem ich mich nicht mehr unwissend stellen musste, konnte ich die sachkundige Führung ehrlich genießen. Nicht nur den floristischen Teil: In den alten Gewächshäusern nutzte ich die räumliche Enge, um Mark Abernathy so nahe wie möglich zu kommen und seinen Körperduft tief einzuatmen. Im Felsengarten beobachtete ich die elegante Gestik seiner Hände, während er mir die einzelnen Pflanzen zeigte. In der Freilandsammlung der pharmazeutisch genutzten Pflanzen lauschte ich seiner Stimme, prägte mir jede Nuance ein, ohne wirklich aufzunehmen, was er eigentlich sagte.
    Das Orchideenhaus beherbergte eine Ehrfurcht gebietende Sammlung uralter Exemplare und Sorten. Auf

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