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Schwarzer Purpur

Schwarzer Purpur

Titel: Schwarzer Purpur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wahl
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nicht erzählen, dass Sie diesen ganzen Aufwand betrieben haben, um mich wegen Ihrer Freundin zur Rede zu stellen?« Die Ungläubigkeit in seiner Stimme mahnte mich, es nicht zu übertreiben.
    »Nicht nur. Wenn es sich nicht aus wirtschaftlichen Gründen lohnen würde, wären Sie für mich uninteressant«, gab ich zu und biss herzhaft in ein Krabbensandwich. Zufrieden mit mir beobachtete ich ihn, wie er einen großen Schluck trank und nachdenklich die japanische Iris betrachtete. Im Profil beherrschten seine kräftige Nase und das ausgeprägte Kinn das Gesicht. Die dichten Augenbrauen signalisierten seine Stimmung wie ein Paar Wetterfahnen. Waren sie gerade geschwungen wie Vogelflügel, war er ausgeglichener Stimmung wie vorhin, als er sich von seinem Angestellten verabschiedet hatte. Zogen sie sich zusammen und schienen sich zu sträuben, wurde es gefährlich. Das hatte ich bei seinem Gespräch mit dem dicken Reporter beobachtet. Hoben sie sich zu Rundbögen, kündigte das nach meiner kurzen Erfahrung eine spöttische Bemerkung an.
    Der Mund war von perfekter Schönheit – oder besser, wäre es gewesen, wenn er die Lippen nicht gewohnheitsmäßig zusammengepresst hätte, als müsse er sich zum Schweigen zwingen. Der verkniffene Zug und die hervortretenden Wangenmuskeln sprachen von eiserner Selbstbeherrschung.
    »Wieso ist Ihre Freundin nicht hier?«, fragte Abernathy plötzlich und sah mir scharf in die Augen. »Wenn sie die Fachfrau ist, wäre es an ihr, mit mir die Einzelheiten zu klären.«
    Die Frage war berechtigt.
    »Weil sie sich dummerweise letzten Sonntag das Bein gebrochen hat.«
    Er verdrehte die Augen himmelwärts. Ich konnte ihm nachfühlen, was er dachte: Sicher malte er sich aus, um wie viel einfacher es mit jemand anderem als mir gewesen wäre.
    Es war unvernünftig, sich verletzt zu fühlen, aber auf einmal wurde mir seine demonstrative Abneigung zu viel. »Beruhigen Sie sich«, sagte ich patziger als nötig. »Wenn Sie mir die Pflanzenlisten und möglichen Liefermengen geben, wird meine Freundin entscheiden, was wir ordern. Mit etwas Glück müssen Sie mich nie Wiedersehen.«
    »Wie kommen Sie darauf, dass ich das nicht will?« Die schwarzen Bögen hoben sich verblüfft. »Ihre Gesellschaft ist ausgesprochen … anregend!« Herausfordernd strich sein Blick über mein Gesicht. Ich spürte ihn auf meinen Haaren, wie er über mein Gesicht wanderte, den Hals hinunter und das Dekolleté auslotete, das mehr von mir zeigte, als ich es gewohnt war.
    Der Wind löste eine Haarsträhne aus meinem lockeren Knoten, und Abernathy hob eine Hand, um sie wieder hinter mein Ohr zu streichen. Er berührte mich nur ganz kurz, aber der Augenblick genügte. Elektrische Ströme rasten durch meinen Körper, verwirrten mich. Unsicher, wie ich reagieren sollte, überspielte ich meine Befangenheit, indem ich so tat, als sei die Wahl zwischen Käsetörtchen und Dessert eine schwierige Angelegenheit, die höchste Konzentration erforderte.
    »Was mich noch interessieren würde: Wie kommt eine so bemerkenswert geschäftstüchtige Lady wie Sie in unsere Branche? Pflanzen stehen heutzutage nicht gerade im Brennpunkt der Geschäftswelt. Nicht einmal meine.«
    Die Frage war schwer zu beantworten. Ich suchte fieberhaft nach einer plausiblen Antwort.
    »Haben Sie schon irgendwo eine solch fantastische Gunnera gesehen?«, rief er plötzlich bewundernd aus. Automatisch schaute ich auf die Uferstaude, die wie ein überdimensionaler Rhabarber das Ufer beschattete.
    »Also … zugegeben, ein schönes Exemplar, aber ich habe schon imposantere …«
    Abernathy grinste triumphierend. »Aha!«, schnitt er mir das Wort ab. – »Sie kennen sich besser aus, als Sie zugeben! Den Verdacht hatte ich schon gestern Nachmittag. Wieso spielen Sie mir vor, nichts von Pflanzen zu verstehen?«
    »Wären Sie dann nicht schrecklich enttäuscht gewesen?«, fragte ich ironisch zurück.
    Er zog einen Mundwinkel hoch. »Gut, ich gebe zu, ich hatte ziemlich feste Vorstellungen von Ihnen. Und ich habe mich offensichtlich geirrt. – Nehmen Sie ruhig das letzte Lachsbrötchen. Sie scheinen Ihnen zu schmecken.«
    Rasch zog ich meine Hand zurück und griff mir stattdessen einen Dessertkuchen, nur um feststellen zu müssen, dass er mich perfide ausgetrickst hatte. Das letzte Lachsbrötchen verschwand hinter seinen weißen Zähnen.
    »Ich finde, Sie sollten mir wenigstens sagen, welche Rolle Sie in diesem ganzen Hin und Her spielen«, sagte er kauend. »Ihrer

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