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Schwarzer Purpur

Schwarzer Purpur

Titel: Schwarzer Purpur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Wahl
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gebändigt worden; seit einigen Jahren trug ich sie aufgesteckt, weil ich mich nicht entschließen konnte, sie abschneiden zu lassen. Ich liebte es, sie spätabends, wenn Mutter bereits schlief, meine Haare zu bürsten, bis sie seidig glänzten und sich geschmeidig um meine Finger ringelten wie etwas Lebendiges.
    Mit meiner im Sommer goldenen, im Winter eher olivfarbenen Haut, den dunkelbraunen Augen und dem dunklen Haar wirkte ich neben Mutter immer auffallend exotisch. Die Gänsedistel hatte mich »Negerkind« genannt, bis unsere Klassenlehrerin es einmal zufällig mitbekam. Sie war ziemlich wütend geworden und hatte der ganzen Klasse erklärt, ich sei kein »Negerkind«, sondern ein klassischer mediterraner Typ. Besonders dankbar war ich ihr nicht, denn danach hieß ich nur noch »die Itakerin«.
    Ich bemühte mich nach Kräften, meine südländische Erscheinung durch besonders strenge Kleidung zu neutralisieren, versagte mir leuchtende Farben und trug hauptsächlich eine Art Tarnkleidung, die meine Seriosität betonen sollte. Weiße Blusen und unauffällige Kostüme verbargen außerdem erfolgreich die üppigen Formen, die sich zu meinem Entsetzen während der Pubertät entwickelt hatten.
    Ich wusch den Waschlappen schließlich dreimal mit Seife aus, ehe ich ihn in den Wäschekorb fallen ließ.
    Erstaunlicherweise duldete Mutter die wöchentlichen Kinobesuche mit der angeblichen Kollegin kommentarlos, und es spielte sich eine Art Routine ein: Mittwochs gingen Dieter und ich zwar getrennt aus der Bank, trafen uns aber im Park um die Ecke und fuhren von dort aus gemeinsam weiter. Spielte das Wetter mit, ging Dieter nach dem Kino mit mir in den Park. Regnete es, fuhr er in eine dunkle Seitenstraße. Leider blieben mir die Empfindungen, die Dieter so zu genießen schien, versagt, aber ich liebte es, mich an ihn zu pressen; seine Nähe gab mir das Gefühl, lebendig zu sein, zu jemandem zu gehören.
    Das Ende kam brutal und plötzlich.
    »Sie möchten bitte zu Herrn Lautenschläger kommen!« Die Nachricht allein klang harmlos, aber mein Herzschlag schnellte innerhalb von Sekundenbruchteilen in die Höhe. Mein Mund schien völlig ausgetrocknet, als ich mit zwei Fingerknöcheln zitternd an die massive helle Holztür pochte.
    Seine hellblauen Augen musterten mich ausdruckslos. Das eisige Blau der sibirischen Iris. Er war dafür bekannt, dass seine Nackenschläge ohne jede Vorwarnung kamen. Ich duckte mich wie ein Kaninchen vor dem Habicht. Eine Spur Mitgefühl flackerte in den Eislöchern, als er mich bat, Platz zu nehmen. Ein dezentes Räuspern, dann sagte er bedächtig: »Ich muss mit Ihnen über Ihre Beziehung zu Herrn Grieshaber sprechen.«
    Mir wurde schwindlig, und ich presste meine verschlungenen Finger ineinander, dass es schmerzte. Was war mit Dieter? Ich hatte ihn heute Morgen noch nicht gesehen. War ihm etwas zugestoßen?
    Herr Lautenschläger schien nach Worten zu suchen. »Sehen Sie, Frau Naumann, wir haben als angesehene Bank auch eine gewisse Verantwortung, und Sie sind noch sehr jung. Sonst hätten wir uns in diesem Fall herausgehalten und Sie beide entlassen. Ich gehe davon aus, dass Sie nicht wissen, dass Herr Grieshaber verheiratet und Familienvater ist?«
    Der solide Bürostuhl, auf dem ich saß, schien plötzlich zu schwanken. Mir wurde übel. Ich musste schlucken.
    Herr Lautenschläger nickte bedächtig: »Das dachte ich mir. Es liegt nicht in unserem Interesse, uns unnötig in das Privatleben unserer Angestellten einzumischen, aber in diesem Fall …« Taktvoll verzichtete er auf weitere Ausführungen und erklärte nüchtern, dass Dieter in eine andere Filiale versetzt worden sei und man davon ausgehe, dass die Sache damit erledigt sei. Mit den Worten »Ich hoffe sehr, dass Sie sich in Ihren wirklich guten Leistungen nicht beirren lassen. Ab nächsten Montag sind Sie in der Devisenabteilung« schüttelte er mir kurz die Hand, und ich stand vor der Tür. Es dauerte eine Zeit lang, bis es wirklich zu mir durchdrang, dass meine Sonnenblume verwelkt und zerrupft auf dem Kompost gelandet war.
    Die Versetzung in die Devisenabteilung half mir. Dort herrschte ein anderer Umgangston, kollegialer und doch zurückhaltender. Man behandelte mich freundlich, aber distanziert, und diese Professionalität half mir.
    »Nein, keine Männergeschichten. Meine Blumen sind mir lieber. Sie hintergehen mich nicht und sind … berechenbar.« Tante Hilde schnalzte bedauernd mit der Zunge. »Trotzdem ist es ein Jammer, dass

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