Schwarzer Rauch
erklären.« Ich atmete tief ein und sah den beiden nacheinander in die Augen, bis sie etwas ruhiger wurden. »Das Buch ist hier in meiner Handtasche. Was glaubt ihr, warum ich mich für die Shopper entschieden habe?«
Die beiden zögerten mit einer Antwort. Darian begann zu grinsen und Tom lachte beinahe hysterisch auf. »Ich werde nie wieder zu einer Frau sagen, sie hätte genügend Handtaschen. Uns hat das Monsterding um deine Schulter wohl eben allen das Leben gerettet. Das Grimoire in den falschen Händen wäre der Anfang vom Ende, der erste Schritt in eine düstere Zukunft.« Er machte eine beinahe theatralische Pause, ehe er hinzufügte: »Wir müssen dennoch zu Aurelia. Sie muss davon erfahren. Sie muss auch wissen, dass das Umbrae Lunae hier ist. So etwas Wichtiges können und dürfen wir ihr nicht vorenthalten. Sie ist auf unserer Seite.«
Ich sah ihn skeptisch an. Aurelia war ja ganz sympathisch. Aber war sie nicht diejenige, die sich für einen anderen Namen entschieden hatte, weil sie die Gemeinschaft in eine bessere Zukunft schicken wollte? Tom erkannte meine Bedenken und beruhigte mich.
»Für Aurelia würde ich mich tausendfach verbürgen, wir können und müssen ihr vertrauen.«
So machten wir uns auf den Weg in ihr Apartment, das sie gleichzeitig als Büro und Empfangsraum nutzte.
Tom klopfte an und trat dann sofort ein. Aurelia saß an einem wunderschönen, gläsernen Schreibtisch und strahlte uns an. Ihre Augen wurden mit jedem Satz von uns größer, als sie sich die Geschichte von uns erzählen ließ.
»Und ihr habt das Grimoire hier bei euch?« Ihre Neugier konnte sie nicht verbergen.
Ich nickte ihr zu, griff in meine Tasche und holte das Grimoire heraus. Aurelia entfuhr ein ehrfürchtiges Seufzen, als sie den Umschlag berührte. »Ich hätte niemals nur zu hoffen gewagt, das Buch zu sehen; geschweige denn, es berühren zu dürfen. Du musst eine sehr tiefe und mächtige Gabe besitzen, ansonsten hätte sich das Buch nicht von dir finden lassen.« Sie verneigte sich vor mir. »Wie heißt du?«
»Mein Name ist Victoria Ried.« Ich verneigte mich ebenfalls respektvoll. »Es ist mir eine Ehre, Sie kennenlernen zu dürfen.«
»Die Ehre liegt ganz auf meiner Seite, junge Victoria. Du kannst mich ruhig duzen. Ich werde deiner Selena von alldem erzählen. Sie muss erfahren, welch großartige Macht sich in einer ihrer Neulinge verbirgt. Wir werden noch viel von dir hören, junge Victoria.« Sie schloss kurz die Augen und tippte sich an die Stirn. »Und du weißt, dass ich Recht habe, oder?«
Mir stand wohl ins Gesicht geschrieben, dass ich keine Ahnung hatte, von was Aurelia sprach. Daher erklärte sie es mir:
»Ich hab die ganz seltene Gabe der Prophezeiungen und Vorhersehungen … Und bei dir habe ich so ein Gefühl .« Das Wort Gefühl setzte sie in imaginäre Gänsefüßchen. Meine Nackenhaare stellten sich auf. War das aufregend! Mir wurde von einer echten Prophetin eine große Zukunft vorausgesagt! Dabei wusste ich bis gerade eben nicht einmal, dass es Propheten unter uns gab. Nun unterzog Aurelia Darian einer ausführlichen Musterung. Er wurde durch das lange Angestarrt-Werden ganz rot im Gesicht. Letztendlich sprach sie: »Dasselbe gilt für dich, junger Mann. Wer es als erster geschafft hat, mit den Lupinen zu sprechen, verdient dies auch. Wie ist dein Name?«
»Darian«, erwiderte er und verbeugte sich kurz vor Aurelia.
»Es freut mich auch sehr, dich kennenzulernen. Ihr seid ein unglaubliches Paar. Faszinierend. Und ihr habt Mächte, von denen so manch Erwachsener nur träumen kann. Ich werde ganz sicher weiterverfolgen, was aus euch wird. Auch während eures Schlafes werde ich höchst persönlich über eure Zukunft wachen. Das verspreche ich euch.«
Plötzlich schien Aurelia kurz zu zittern. Sie fasste sich an die Schläfe, schüttelte dann kurz den Kopf und verhielt sich, als sei nichts geschehen.
»Jetzt wird erstmal herausgefunden, wer der diesjährige Debütant wird. Aber ich glaube, hier haben wir keine allzu großen Überraschungen zu erwarten.« Aurelia grinste und tippte sich noch einmal an ihre Seite.
Was das auch immer bedeutete. Sie warf uns praktisch aus ihrem Büro und meinte, sie müsse noch letzte Vorbereitungen für das Wahlritual am Abend erledigen.
Total erschöpft vom Flug und dem chaotischen Vormittag gingen Darian und ich Hand in Hand in unser Zimmer. Zuerst war die Beseitigung des Durcheinanders angesagt, was mit einem Ordnungszauber aber sehr schnell
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