Schwarzer Rauch
sich dabei wohl per Telepathie, denn irgendwann sagte Aurelia laut: »Ich denke, du hast recht. Das sollten wir uns genauer anschauen. Aber ich glaube auch, dass dies eine gute Übung für dich wäre und du mich deshalb begleiten solltest. Was hältst du davon?«
Victoria überlegte nicht lange: »Ich würde gerne mitgehen.«
»Wohin bitte schön?« Diese wortlosen Unterhaltungen gingen mir auf die Nerven. Ich kam mir dabei immer so ausgeschlossen vor.
»Tut mir leid. Wir haben überlegt, ob wir dieser Sache sicherheitshalber nachgehen sollten. Aurelias Meinung nach zeigt sich bei ihm eine sehr starke negative Tendenz, findest du nicht auch?« Ich konnte ihr hier nur zustimmen.
»Also gehen wir jetzt in Aurelias Zimmer und werden uns von dort aus auf die Lunar-Ebene begeben, um Elrics Zukunft ein bisschen berechenbarer für uns zu machen. Musst du nicht auch zu deiner Trainingsgruppe?«
Ja, musste ich. »Die anderen warten sicher schon. Ich war gerade auf dem Weg, als ich durch das von Elric verursachte Chaos da draußen aufgehalten wurde. Mach’s gut und verlauf dich da draußen nicht.« Ich zwinkerte Victoria zu und gab ihr dann einen kurzen Kuss. Was sein musste, musste sein.
Dann lief ich in die Hotellobby. Dort wollte ich mich mit meinem Team treffen, der naturwissenschaftlichen Gruppe. Teamleiter war Mars mit seiner Kontrolle über das Licht. Zu seiner Truppe gehörten Kyle, Lara, Paolo, Colin, Lenny und ich. Unsere Talente hatten entweder einen biologischen oder physikalischen Hintergrund, daher fand Etienne es angemessen, uns zusammen trainieren zu lassen. So konnten wir uns auch mit den anderen austauschen, was das »Fühlen« für die Begabung angeht.
Ich trat soeben durch die Hintertür in die Lobby, als ich Lara zusammen mit Kyle aus der Vordertür des Hotels gehen sah. Ich sprintete hinter ihnen her und entschuldigte mich bei allen für die Verspätung. Die Sache mit Elric behielt ich vorerst für mich. Solange Aurelia und Vic nicht mehr herausgefunden hatten, wollte ich nicht noch mehr Unruhe schüren, als durch das baldige Ankommen seiner ganzen Familie schon vorhanden war.
Mars teilte uns zuerst in Zweiergruppen auf. Lenny und ich waren eine davon. Er kontrollierte die Pflanzen auf dieselbe Weise wie ich die Tiere. Nach seiner Wiedergeburt konnte er ihnen nur zureden und sie wachsen lassen. Aber seit seiner Erweiterung ging das in Sekundenschnelle und er konnte aus ein paar Wurzeln eines Grashalmes ein menschengroßes, schlängelndes Ungeheuer machen, das ihm aufs Wort gehorchte. So weit war es bei mir leider nicht. Ich könnte lediglich ein paar Vögel auf die Gegner hetzen. Die würden mir aber eher leidtun, weil sie natürlich sofort vom Zirkel vernichtet werden würden. Ein Blick genügte.
Wir tauschten uns länger als eine Stunde über die unterschiedlichen Gefühle aus, die den Verstand über die Gabe kontrollierten. Kyle teilte viele seiner Erfahrungen mit mir und ich konnte meinen sechsten Sinn gezielter einsetzen.
Kurz vor Ende des Trainings hörte ich Aurelias Stimme in meinem Kopf. Victoria war erneut verschwunden.
Die Zukunft
Aurelia wollte mich mit in Elrics Zukunft nehmen. Da ich noch viel zu lernen, und noch viel mehr zu üben hatte, war ich natürlich sofort einverstanden.
Wir gingen in ihr Zimmer und ich setzte mich auf den Stuhl, der vor dem kleinen Schreibtisch neben dem Fenster stand.
»Wohin genau wollen wir denn gehen?«, fragte ich.
»Ich bin mir noch nicht sicher. Eigentlich würde es uns ja reichen, wenn er den Kampf auf unserer Seite zu Ende bringt und sich nicht durch den Zorn, den er scheinbar in sich trägt, auf die dunkle Seite zerren lässt. Also müssten wir nur die möglichen Zukunftsversionen des Kampfes anschauen, oder?«
»Sind die Versionen immer fest geschrieben oder lässt sich das kurzfristig ändern? Ich meine, wenn wir jetzt in die Zukunft blicken und dann mitteilen, was wir gesehen haben. Kann es sein, dass keine der Versionen zutrifft?«
»Das ist immer möglich, aber unwahrscheinlich. Es sei denn, jemand hätte enorm viele kleine Entscheidungen mit großer Tragweite zu treffen – und dies in kürzester Zeit. Im Großen und Ganzen stimmt die Tendenz der Vorhersagen. Detailänderungen sind natürlich immer möglich.«
»Aber …«, ich unterbrach den Satz, weil ich nicht wusste, wie ich mich ausdrücken sollte. In meiner geschlossenen Kammer dachte ich darüber nach: Wenn wir in Elrics Zukunft blickten und er in sämtlichen Versionen
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