Schwarzer Rauch
auch so gut. Mein Körper hatte sich von den Strapazen der letzten Tage, insbesondere von den Anstrengungen der Trainingseinheit, erholt und meine Akkus waren komplett aufgeladen. Ich fühlte mich wie neu geboren. Einfach herrlich.
»Hast du auch geschlafen?« Darian sah nicht ganz so erholt aus.
»Nein«, erwiderte er. »Ich konnte mich nicht von deinem Anblick trennen. Du siehst im Schlaf so unbeschwert aus. Wie eine Prinzessin.«
»Du Spinner!«, rief ich, während ich ihm das Kissen an den Kopf warf. Ich genoss diesen Moment Normalität. Darian schien es genauso zu gehen. Wir tollten noch einige Minuten durch unser Zimmer und ich kicherte, bis mir der Bauch wehtat. Dann holte uns der Ernst der Lage wieder ein und schwebte wie ein Damoklesschwert über uns.
So voller frischer Energie schwirrten mir wieder tausend Dinge durch den Kopf. Ich schnappte meine Tasche und griff nach dem Grimoire. Vorsichtig, beinahe rituell, platzierte ich es vor uns auf dem Bett und schlug es auf.
Die Auserwählte
Darian
Victoria schien gar nicht mehr aus dem Niemandsland zurückzukehren. Das Training meiner Gruppe war schon längst beendet. Also ging ich in die Lobby, wo der Portaleingang von Elrics Vater eingerichtet worden war.
Während ich wartete, kam auch Elric von seinem Training. Er hatte anscheinend doch noch eingesehen, dass es eine Belohnung von unserem Gott war, wie Sofia es genannt hatte, keine Bestrafung. Er wirkte beinahe glücklich und ausgeglichen. Ich spürte ihm gegenüber auch keine Feindseligkeit mehr. Nach dem Löschen seiner angelegten Gefühle konnte mein sechster Sinn nichts mehr finden, was an diesem Jungen auszusetzen war. Er war mir sogar recht sympathisch, wenn man das vom gleichen Geschlecht behaupten konnte.
Ich schaute ihm also freundlich ins Gesicht und lächelte ihn an. Zu meinem Erstaunen lächelte er zurück. Seine Antipathie mir gegenüber war ebenfalls verschwunden. Daher traf ich eine Entscheidung, ging auf ihn zu und reichte ihm meine Hand. »Entschuldige bitte, dass ich so schlecht auf dich zu sprechen und nicht sonderlich nett war.«
Auch Elric reichte mir seine Hand, umfasste meine fest und drückte sie kurz. »Mir tut es leid, dass ich darauf programmiert war, deine Freundin toll zu finden.«
Ich erwiderte den Händedruck und sagte, noch ehe ich die Hand wieder zurückzog: »Ich hoffe, wir können die Vergangenheit hinter uns lassen. Auf einen Neuanfang!«
»Auf einen Neuanfang!«
Die Erleichterung war ihm anzusehen und entsprach genau dem, was ich empfand. Den wenigen Zuschauern, die unsere Aussprache verfolgten, ging es wohl genauso. Jeder von uns wusste, dass eine solche Diskrepanz die ganze Gruppe hätte sprengen und unser Vorhaben zum Scheitern hätte verurteilen können.
In dem Moment tauchten Sofia, Aurelia und eine vollkommen erschöpft aussehende Victoria auf. Sie wirkte ausgezehrt, energie- und antriebslos. Ich hatte so viele Fragen im Kopf: Wie es gelaufen war, was sie gelernt hatte, ob sie sich jetzt trauen würde, gegen mich anzutreten. Okay, letzteres war eher scherzhaft gedacht. Sollte sie nur einen guten Spruch voller Energie auf mich schleudern, müsste ich mich vermutlich den Rest der Woche unter Aufsicht einer Heilerin aufhalten. Ich wusste schließlich aus eigener Erfahrung, wie mächtig sie war.
Mit einem Blick in ihre Augen verbarg ich sofort alle Gedanken. Sie brauchte gar nicht erst den Kopf zu schütteln, ehe ich verstand, dass sie Ruhe brauchte. Ich brachte sie also auf unser Zimmer, wo sie auch schon nach wenigen Minuten tief und fest schlief. Sie wirkte so entspannt im Schlaf. Ihr gestresster und ernster Ausdruck, der unserer momentanen Situation geschuldet war, war wie weggeblasen. Dann, als der Mond sie mit seinem Schein durchs Fenster segnete, begann sie sogar zu lächeln. Sie war wundervoll. Meine Prinzessin, und wie Victoria in ihrer Vision erfahren hatte, auch so etwas wie meine Gemahlin. Mehr brauchte ich nicht. Mehr würde ich niemals zu wünschen wagen.
Ich nutzte die Gunst der Stunde, meine neu gewonnene Fähigkeit auszunutzen, fischte das Grimoire aus Vics Tasche und blätterte etwas darin.
Sie erwachte etwas benommen und benötigte ein paar Minuten, sich zu orientieren. Ich packte das Buch schnell wieder in die Tasche.
Nachdem ich ihren Gedanken, nur kurz eingenickt zu sein, korrigiert hatte, führten wir aus mir unerklärlichen Gründen eine ausgelassene Kissenschlacht durch. Ich hatte so etwas noch nie gemacht. Ich sah bisher
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