Schwarzer Regen
Holzfußboden setzen.
Schließlich kam ein Oberstleutnant Washio, Chef des Ersten Armeelazaretts, ein
grobschlächtiger Kerl, über 1,80 m groß, zusammen mit zwei anderen Stabsärzten
und stellte sich vor uns auf. Wir mußten rasch antreten, dann ließ er ohne
Überleitung eine donnernde Rede vom Stapel.
„Ich bin Oberstleutnant Washio“, sagte er. „Was
glauben Sie eigentlich, wer Sie sind; lungern herum, ohne sich freiwillig zu
melden, in einer Situation wie dieser, wo unser Volk um sein nacktes Leben
kämpft? Sie sind nichts anderes als eine Bande Landesverräter, wenn’s nach mir
ginge. Deshalb haben die Behörden Sie eingefangen, jeden von euch Scheißkerlen,
damit Sie endlich begreifen, was gespielt wird. Von jetzt ab liegt Ihr Leben in
meinen Händen. Bislang ist bei Ihnen alles glatt gegangen, vermutlich haben Sie
‘ne ganz ruhige Kugel geschoben! Aber mit Ihrem Wissen kommen Sie hier in der
Armee nicht weit. Wie wir das sehen, sind Ihre Köpfe mit ‘nem Haufen Zeug
vollgestopft, aber von echtem militärischem Geist haben Sie nicht mal ‘n
Fliegendreck begriffen. Von jetzt an legen wir unser Hauptaugenmerk darauf,
Ihnen den richtigen militärischen Schliff beizubringen, verlassen Sie sich
drauf!“
Dann mußte jeder von uns vortreten, seinen Namen
und die bisherige Laufbahn nennen und sich einem Kreuzverhör unterziehen, warum
er nicht freiwillig als Reservist angetreten war. Als Beweis, daß ich mich
freiwillig gemeldet hatte, nahm ich ein Papier aus dem Rucksack, das ich
bereits im Januar vergangenen Jahres an die Erste Division und das
Wehrbezirkskommando in Hiroshima geschickt hatte. Dadurch wurde die Fragerei
bei mir entschieden abgekürzt. Und dabei hatten alle, die vor mir und auch nach
mir befragt wurden, ihre Bewerbungen eingereicht. Viele waren schon in diesem
und im vergangenen Jahr eingezogen worden, man hatte sie aber noch am gleichen
Tag wegen körperlicher Mängel zurückgeschickt.
Es stellte sich dann auch heraus, als die
Musterungsuntersuchung begann, daß es kaum einen gab, den man um seinen
Gesundheitszustand beneiden konnte. Einer trug ein Stützkorsett wegen
Rückenmarkstuberkulose, ein anderer einen Verband um den Hals wegen Entzündung
der Halsdrüsen, wieder ein anderer hatte eine Höhlung in der Seite, wo er wegen
Knochenfraß an den Rippen operiert worden war, und ein weiterer konnte ein Knie
nicht richtig beugen, weil er sich beim Sport in der Schulzeit das Bein
gebrochen hatte. Oberstleutnant Washio, erst seit kurzem Chefarzt, war von
seinen Kollegen nicht über den Sachverhalt informiert worden — oder
möglicherweise waren auch die Unterlagen verlorengegangen, aus denen
hervorging, wer sich freiwillig gemeldet hatte und wer nicht. In jedem Fall
machte er völlig zu Unrecht ein solches Theater und fing schon an, einigermaßen
lächerlich zu wirken, als ein Arzt aus Hiroshima, vorwitzig genug, auf einmal
spöttisch grinste und herzhaft gähnte. Der Chef ging stracks auf ihn zu und
schlug ihm mit der Hand ins Gesicht und traf, als dieser von dem Schlag
zurückwankte, mit dem Handrücken die andere Wange. Das wiederholte er zwei-
oder dreimal. Diese Brutalität gab mir einen deprimierenden Vorgeschmack von
dem, was uns noch erwartete.
Im Ergebnis der Röntgenaufnahmen und Sputumteste
wurde eine Reihe der neuen Rekruten noch am gleichen Tag wieder nach Hause
geschickt. Andere schickte man zurück, weil sonst ihre Kliniken ohne Arzt
geblieben wären. Ich beneidete sie, als sie ihre Rucksäcke schulterten und mit
ehrbarem Gesichtsausdruck losmarschierten, wobei es ihnen kaum gelang, ihr
Frohlocken zu verbergen.
Iwatake wurde dann einer Infanterieeinheit
zugeteilt, wo er vierzehn Tage lang eine Grundausbildung erhielt. Das Hauptziel
schien darin zu bestehen, sich mit der größten Geschicklichkeit im Falle einer
feindlichen Invasion mit Granaten in den Händen vor die feindlichen
Panzerverbände zu werfen. Dutzendemal am Tage übten sie, Panzer — Attrappen aus
Holz — anzugreifen, indem sie bombenförmige Holzklötze, die an Seilen befestigt
waren, zwischen sie schleuderten und sich dann selbst so schnell wie möglich flach
auf den Boden warfen. Wie er später, nachdem man ihn im Ausbildungszentrum
stationiert hatte, erfuhr, war geplant, die Einheit mit den
„Zwangsrekrutierten“ der Küstenwacht zuzuteilen, wo jeder seine Pflicht erfüllt
hatte, wenn er einen feindlichen Panzer unter Hingabe seines eigenen Lebens
außer Gefecht gesetzt hatte.
Am 14. Juli wurden
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