Schwarzer Regen
verschwunden.
Rote Flammen, die hinter der Mitaki-Brücke und
dem Honganji-Tempel auf dem anderen Ufer hochloderten, ließen erkennen, wo sich
Brandherde bildeten. Möglicherweise hatten sie Spreng- und Brandbomben
abgeworfen, aber wiederum konnte man sich nicht vorstellen, daß so etwas ohne
vorherigen Fliegeralarm passieren konnte. Drei oder vier Rekruten aus meiner
Einheit tauchten auf, unter ihnen Miyoshi und Ito, alles Männer, die mit mir
zusammen im hintersten Glied gestanden hatten. Keiner von ihnen schien reden zu
können. Viele Männer aus den ersten Reihen lagen sicher unter den Gebäuden
begraben, aber es bestand keine Hoffnung, sie unter den Trümmern hervorzuholen,
aus denen schon die Flammen emporschlugen, wenn man selbst verletzt war und
keinerlei Werkzeug hatte außer den bloßen Händen.
Miyoshi und Ito hielten die Gegend, wo wir jetzt
lagen, für gefährlich und meinten, wir sollten im Hilfslazarett in Mitaki
Zuflucht suchen. Ich ging mit den anderen. Ich wußte aus Erfahrung, daß die
Flammen eines Brandes dazu neigten, über Flüsse hinwegzufegen. In Tokio hatte
sich in der Nacht vom 9. März, als Asakusa, Honjo, Mukojima und andere Bezirke
am Sumida-Fluß bei den Angriffen niederbrannten, das ganze Gebiet in ein
Flammenmeer verwandelt; ich selbst hatte Menschen gesehen, die in den Flammen
den Tod fanden, als sie sich ins Wasser retteten.
Wir bewegten uns stromaufwärts. Alles
Straßenähnliche war durch eingestürzte Gebäude blockiert, und wir mußten eine
Weile einem ausgetretenen Pfad am Flußufer folgen. Ich stolperte mehrfach über
Löcher und verlor schließlich dabei einen meiner Schuhe. Ich suchte ihn, aber
vergebens, und Ito rief, ich sollte nicht Zurückbleiben. Mir war so, als hörte
ich in einem Brombeergestrüpp nahebei jemanden stöhnen, aber ich lief fort wie
benommen und war unfähig, ihm irgendwie zu helfen. Die Feuer kamen immer näher.
Mein Gesicht schwoll allmählich zu, und der Schmerz wurde ständig stärker. Ich
konnte nur noch mit Mühe laufen. Ich machte mir als Arzt Vorwürfe, daß ich
einen anderen Menschen einfach seinem Schicksal überlassen hatte, aber in
dieser verzweifelten Situation blieb einem nichts weiter als Flucht übrig.
Ich weiß nicht, wie spät es war, aber für die
Strecke vom Nigitsu-Schrein bis zurück zum Flußufer brauchten wir mindestens
zwei Stunden. Als wir endlich ankamen, versuchte eine schwache Sonne durch den bewölkten
Himmel zu brechen. Nach späteren Berichten nehme ich an, daß sich zu diesem
Zeitpunkt der dunkle Wolkenpilz endlich aufzulösen begann...
Die Kaserne, in der Iwatake stationiert war, lag
nahe dem Zentrum der Explosion. Er konnte deshalb auf seinem Fluchtweg die
pilzförmige Wolke wahrscheinlich direkt von unten sehen. Das würde seinen
„bewölkten Himmel“ erklären. Es ist erstaunlich, daß er sich mit so schweren
Verletzungen in Sicherheit bringen konnte, die Katastrophe überlebte und von
den Geschehnissen berichten konnte. Er war einer der drei einzigen Überlebenden
von den mehr als hundertdreißig Männern der Einheit.
Als er mit seinen beiden Kameraden bis zur
Straße am Nigitsu-Schrein gekommen war, warnte sie jemand weiterzugehen, wegen
der Explosionsgefahr im Hauptquartier der schweren Artillerie, und man riet
ihnen, den Fluß bis zu den Sandbänken in der Mitte zu durchwaten. Also hoben
sie die Decken auf den Kopf, um sie nicht naß werden zu lassen, und wateten
brusttief durch das Wasser bis zu den Sandbänken mitten im Fluß. Von hier aus
sahen sie in den Rauchschwaden, die sich auf Mitaki zu wälzten, Flammen
hochzüngeln. Demnach schien es in Mitaki nicht anders zu sein. Sie änderten
ihren Plan und gingen weiter stromaufwärts ans Ufer. Bis jetzt hatte Iwatake
weder Hunger noch Schmerz verspürt; das einzige, wonach ihn verlangte, war eine
Stelle, wo er sich hinlegen konnte und man ihn in Ruhe ließ.
Viele Armeelastwagen fuhren in schnellem Tempo
in die Stadt. Einer von den Fahrern, der sie da liegen sah, rief ihnen im
Vorbeifahren zu:
„He, ihr! Seid ihr Soldaten? Auf der Nordseite
von dem Berg liegt Hesaka. Sie machen dort ein Lazarett auf, geht dorthin. Sie
sollen jede Menge Medikamente haben. Also gleich überm Berg am Nordhang.“
„Hesaka, Hesaka!“ wiederholten sich die drei
gegenseitig und machten sich nach Norden auf den Weg. Iwa-take, mit nur einem
Schuh, humpelte hinter den anderen her. Man hatte ihnen gesagt, daß es gleich
hinter dem Berg sein sollte, aber es schien ihnen ein
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