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Schwarzer Regen

Schwarzer Regen

Titel: Schwarzer Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masuji Ibuse
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man könnte
unsere Familienkost als „untere Mittelklasse“ bezeichnen, wie das bei einfachen
Angestellten üblich war. Vor dem Krieg gab es in Hiroshima in Hülle und Fülle
Produkte aus Fischerei und Landwirtschaft, und obwohl die Stadt so groß war,
hatte sie keine Slums. Aber ich spürte dann, wie wahr es ist, wenn man sagt, je
größer die Stadt, um so weniger Lebensmittel haben die Einwohner, wenn der
Krieg lange dauert, und ich begriff auch, wie der Krieg sadistisch Menschen
umbrachte, junge und alte, Männer wie Frauen.
    Aufgezeichnet von Shigeko Shizuma
     
    Shigematsu heftete diesen Bericht als Anhang an
sein „Tagebuch von der Bombe“. Auf Shigekos Bitte begab er sich dann zu Kotaros
Hof mit Reiskuchen zur Messe für die Toten Insekten. Das Lackkästchen mit den
Kuchen wurde in die Blechschüssel gestellt, in der Kotaro die Schmerlen
gebracht hatte, und diese in ein Umschlagtuch gewickelt.
    Die Messe für die Toten Insekten war eine
Zeremonie, die am Tage nach dem Fest stattfand. Dabei formten die Bauern
Reiskuchen als Opfergabe für die Seelen der Insekten, die sie versehentlich
während der Arbeit auf dem Feld zertreten hatten. An diesem Tag war es auch
Brauch, daß man alle Gegenstände zurückgab, die man sich von den Nachbarn
geborgt hatte.

Fünftes Kapitel
     
     
    Kotaros Haus stand seitlich am Hang des Berges.
Als Shigematsu näher kam, erblickte er unten am Hang ein nagelneues
mittelgroßes Auto. Damit hatte er nicht gerechnet. Der Wagen war leer, und ein
Mann mittleren Alters, der der Fahrer zu sein schien und die Schirmmütze
hochgeschoben auf dem Kopf trug, schaute gerade in den großen Tonkrug, in den
Wasser aus der Bambusrohre floß. Man sah, daß Kotaro außergewöhnlichen Besuch
hatte.
    Shigematsus Herz begann beim Anblick des Fremden
zu schlagen. „Schönes Wetter heute“, sagte er und versuchte ganz unbeteiligt
auszusehen, als er näher an den Tonkrug herantrat. „Das ist der Wagen von der
Fujita-Klinik in Fukuyama, nicht wahr?“ fuhr er hinterlistig fort. „Ihr
Fahrgast kommt wohl aus Fukuyama?“
    „Nein, das ist ein Mietwagen“, erwiderte der
Mann mit der Schirmmütze. „Ich bin nur der Fahrer. Ich habe eine Dame von
Yamano hergebracht.“
    „Eine Ärztin also? Na klar, wenn einem ganz
plötzlich was passiert, muß man schon den Doktor mit dem Wagen holen lassen.
Was mag mit dem alten Kotaro wohl los sein?“
    „Nein, nein — die Dame ist hier wegen
irgendeiner Heiratsvermittlung. Wenigstens hatte ich so ‘n Eindruck nach dem,
was sie erzählt hat. Ich warte schon über ‘ne Stunde.“
    Wenn sie aus dem Dorf Yamano gekommen war, um
Erkundigungen wegen einer Heirat einzuziehen, dann konnte es sich nur um Yasuko
handeln. Das Dorf war zu klein für eine andere Möglichkeit.
    Wieder fing Shigematsus Herz an, schneller zu
schlagen. Doch er tat, als interessierte es ihn nicht weiter, und blickte in
den Tonkrug.
    „Die Schmerlen da drin sind wohl alle schwarz,
was?“ meinte er. „Als ich noch ‘n Junge war, gab’s ‘ne Sorte, die war braun mit
schwarzen Flecken, Sunahami hießen die.“
    „Ich denke, das ist die Sorte, die Sunamuguri
heißt? Früher gab’s die in Gebirgsbächen. Heute sind sie allerdings alle
hinüber wegen der Chemikalien in der Landwirtschaft.“
    „In unserem Dorf sind nicht nur die Sunahami
draufgegangen, auch die Gigicho sind völlig verschwunden.“
    „Das sind wohl die, die wir Gigi nennen. Ist das
nicht so ein blaß rötlicher Fisch mit stachligen Flossen an Rücken und Bauch?
Ja, die findet man bei uns im Fluß auch nicht mehr.“
    Shigematsu spähte durch das Laubwerk und konnte
sehen, daß die papierbespannten Schiebewände zur Veranda und auch die im
Inneren von Kotaros Haus geschlossen waren. Er hätte gern gewußt, was Kotaro
und die Frau über Yasuko sprachen. Eigentlich müßte sie jetzt zum Ende ihres
Besuchs kommen, schoß es ihm dann durch den Kopf. Vielleicht stand sie gerade
auf, um zu gehen. „Aber ich will Sie hier nicht weiter aufhalten“, erwiderte
er, weil er plötzlich Angst hatte, gesehen zu werden. „Ich hab bloß gedacht, es
ist der Wagen vom Doktor, weil bei uns nebenan einer krank ist. Auf
Wiedersehen.“
    Er ging den Pfad hinauf, der in einen Hain mit
Eichenbäumen führte, und setzte sich auf einen flachen Stein. Auch gut, sagte
er sich, ich muß Geduld haben und hier warten, bis die Frau nach Hause fährt.
Er konnte ja auch nicht wieder gehen, ohne Kotaro die Reiskuchen gegeben zu
haben. Wenn er sie wieder

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