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Schwarzer Regen

Schwarzer Regen

Titel: Schwarzer Regen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Masuji Ibuse
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mußte mit der Abschrift seines „Tagebuchs von der Bombe“ so bald wie möglich
fertig werden. Er mußte es denen zeigen, für die es gedacht war, sollten sie es
mit Yasukos Tagebuch vergleichen. Das war einfach eine Sache der Selbstachtung,
ein Problem, das nun auch seine Person betraf.
    Zum Abendbrot nahm er nur eine Schale Reis,
Essiggemüse und grünen Tee, dann machte er sich wieder ans Abschreiben.
     
    Ich schob mich am Rande des Gedränges entlang
und erreichte irgendwie den Ost-Exerzierplatz. Von der Straße zum Platz
strömten unaufhörlich Flüchtlinge. Die meisten hatten nichts weiter als die
Kleidung, die sie gerade auf dem Leibe trugen. Nur eine Familie schob eine
Schubkarre voll Hausrat, auf dem ein Kind saß. Sie stritten sich, waren jedoch
unfähig, im dichten Menschengewühl voranzukommen, wollten ihr Hab und Gut aber
auch nicht fahrenlassen. Ein Mann und eine Frau hatten mehrere große in Tücher
geschlagene Bündel, einen Koffer und eine Reisetasche an einen Tragestock
gehängt, den sie auf den Schultern schleppten. Eine Gruppe von etwa zwanzig
Schuljungen lief im Gänsemarsch hintereinander. Alle hielten sich an einem Seil
fest, damit sie nicht voneinander ‘ getrennt wurden. Ich drehte mich um; von
der Straße bis zum Exerzierplatz ergoß sich ein endloser, breiter
Menschenstrom.
    Als ich den Hauptbahnhof erreichte, waren die
Züge auf den Rangiergleisen, die an den Ost-Exerzierplatz grenzten, voll von
Flüchtlingen — Güterzüge wie Personenzüge. Bei einem Personenzug, der fast noch
im Bahnhof stand, hingen die Leute in Trauben auf den Wagendächern und riefen:
„Abfahren, los doch, abfahren!“ Nirgends sah man einen Bahnbeamten, ‘und es
schien wenig Aussicht, daß überhaupt ein Zug fahren würde. Aber immer mehr
Flüchtlinge drängten zum Bahnhof. Fenster, Fensterrahmen und Türen des
Bahnhofsgebäudes waren verschwunden, hier und da gähnten Löcher in der Fassade.
Wie ich am Gebäude vorbeiging, bemerkte ich, daß ein großes Stück Mauerwerk in
Höhe des zweiten Stocks herausgebrochen war und nur an einem dicken Moniereisen
in der Luft hing. Rennend passierte ich die Stelle. Bei den Weichen war ein
junger Bahnbeamter, kaum über zwanzig, eifrig damit beschäftigt, die Stellhebel
auf- und niederzubewegen. „Nicht einer funktioniert!“ sagte er plötzlich zu
sich selbst und verließ das Bahnhofsgelände. Die Straßen vor dem Bahnhof brannten,
man konnte sie nicht betreten. Ich mußte also um den Hiji-Berg herumgehen. Der
Gobenden-Tempel stand nicht mehr an der gewohnten Stelle auf dem Berg, aber
ohne Zweifel war es der Hiji-Berg, ob nun mit oder ohne Tempel. Die
Matoba-Brücke brannte auch, und es gab keine Möglichkeit hinüberzukommen. Ich
ging daher über die Taisho-Brücke, an der Südseite des Hiji-Bergs entlang und
kam bei der Handelsschule für Mädchen heraus. Das war eine Wohngegend, aber
alle Häuser schienen leer zu sein, nur wenige Leute liefen auf der Straße
herum. Eine verlassene Gegend; ein Hund heulte in der Ferne. Ein paar Hausfrauen
standen auf der Straße und sprachen miteinander. Es gebe kein Wasser, hörte ich
sie sagen; nicht mal die Hände könne man sich waschen. Bei dem Wort „Wasser“
verspürte ich plötzlich wieder Durst, die Kehle begann zu schmerzen. Ich
blickte zum Himmel und sah, daß sich ein Teil vom Kopf der Quallenwolke, die
jetzt langsam verblaßte, über den westlichen Ausläufer des Hiji ausdehnte. Es
sah aus, als würde sie mich nach der Nordseite des Berges verfolgen. Bei jedem
Windstoß, der von Osten kam, wurde die Qualle vom Rauch der Brandstellen
verdunkelt, kam aber wieder zum Vorschein, sobald sich der Wind drehte.
    Ich hatte hundertzwanzig Yen und etwas Kleingeld
in der Tasche. Hätte jetzt jemand Wasser verkauft, alles hätte ich ihm dafür
geboten. Man sagt, daß es in solchen Situationen hilft, Teeblätter zu kauen. In
meinem Zustand hätte ich sie mit Freuden von jedem Strauch gepflückt. Was blieb
mir übrig, als weiterzugehen und den Durst auszuhalten. Schließlich fand ich
einen Eimer an einer öffentlichen Zapfstelle. Er war dreiviertel voll Wasser.
Ich beugte mich über den Eimer, stützte mich mit den Händen auf, schob mein
Gesicht wie ein Hund ins Wasser und trank hemmungslos, bis ich genug hatte.
Dabei vergaß ich völlig, daß man erst dreimal gurgeln muß. Ich trank einfach.
Augenblicklich fühlte ich mich wohler und erfrischt. Doch ganz plötzlich schien
alle Kraft aus meinem Körper zu weichen, meine

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