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Schwarzer Schmetterling

Schwarzer Schmetterling

Titel: Schwarzer Schmetterling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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therapeutischen und praktischen Aspekte Bescheid. Sie kennt auch alle achtundachtzig Insassen. Selbst die Psychiater müssen ihr ihre Arbeiten vorlegen.«
    Die Pflegedienstleiterin zeigte nicht das kleinste Lächeln. Dann gab sie Xavier ein kleines Zeichen, der sofort innehielt, um ihr zuzuhören. Sie flüsterte ihm etwas ins Ohr. Servaz meinte zu begreifen, wer hier im Haus eigentlich das Sagen hatte. Xavier flüsterte etwas zurück, während sie schweigend abwarteten, bis sie mit dem Getuschel fertig waren. Schließlich nickte sie, grüßte die anderen mit einem leichten Kopfnicken und entfernte sich.
    »Gehen wir weiter«, sagte der Psychiater.
    Während sie in die entgegengesetzte Richtung gingen, blieb Servaz stehen und sah Lisa Ferney nach – ihr Kittel spannte sich über dem breiten Rücken, ihre hohen Absätze klackerten auf den Fliesen. Ehe sie am Ende des Gangs um die Ecke verschwand, wandte sie sich ebenfalls um, und ihre Blicke kreuzten sich. Servaz glaubte, sie lächeln zu sehen.
     
    »Entscheidend ist, dass man alles unterlässt, was zu Konflikten führen könnte.«
    Sie standen vor der letzten Sicherheitsschleuse, die zur Station A führte. Keine gestrichenen Wände mehr, sondern Mauern aus Bruchsteinen, so dass man sich wie in einer mittelalterlichen Burg fühlte, wären da nicht die Panzertüren aus Stahl, das fahle Neonlicht und der Betonboden.
    Xavier sah zu der Kamera hinauf, die über dem Türstock befestigt war. Ein Lämpchen sprang von Rot auf Grün, und Schlossriegel knarrten hinter der dicken Panzerung. Er zog den schweren Türflügel auf und bat sie, den schmalen Raum zwischen den beiden Panzertüren zu betreten. Sie warteten, bis die erste langsam von selbst zufiel und sich verriegelte, dann entriegelte sich die zweite – nicht weniger laut. Es war, als stünden sie im Maschinenraum eines Schiffs, der nur durch das fahle Licht der Bullaugen erhellt wurde. Es roch nach Metall. Xavier sah sie nacheinander mit feierlicher Miene an, und Servaz ahnte, dass er einen kleinen Witz in petto hatte, mit dem er jeden Besucher, der die Sicherheitsschleuse passierte, empfing:
    » WILLKOMMEN IN DER HÖLLE !«, äußerte er lächelnd.
     
    Eine verglaste Kabine. Darin ein Wachmann. Ein Flur zu ihrer Linken. Servaz erblickte einen weißen Gang, ausgelegt mit blauem Teppichboden, eine Flucht von Türen mit Sichtfernstern zur Linken und Wandleuchten zur Rechten.
    Der Wachmann legte die Zeitschrift, die er gerade las, zur Seite und kam aus der Kabine. Xavier reichte ihm recht förmlich die Hand. Es war ein Bulle von einem Kerl, der an die eins neunzig groß sein mochte.
    »Das hier ist Monsieur Monde«, sagte Xavier. »Diesen Namen haben ihm unsere Insassen der Station A gegeben.«
    Monsieur Monde lachte. Er gab ihnen die Hand. Ein Händedruck leicht wie eine Feder, als fürchtete er, ihnen die Knochen zu brechen.
    »Wie verhalten sie sich heute Morgen?«
    »Ruhig«, sagte Monsieur Monde. »Das wird ein guter Tag werden.«
    »Vielleicht auch nicht«, sagte Xavier und sah seine Besucher an.
    »Man darf sie nur auf keinen Fall provozieren«, erklärte ihnen Monsieur Monde fast wortgleich wie der Psychiater vorhin. »Man muss seine Distanz wahren. Es gibt eine Grenze, die man nicht überschreiten darf. Sonst fühlen sie sich unter Umständen angegriffen und reagieren gewalttätig.«
    »Ich fürchte, diese Besucher werden genau das tun: die Grenze überschreiten«, sagte Xavier. »Sie sind von der Polizei.«
    Monsieur Mondes Blick verhärtete sich. Er zuckte mit den Achseln und ging zurück in die Kabine.
    »Gehen wir«, sagte Xavier.
    Sie stapften durch den Korridor; das Geräusch ihrer Schritte wurde von dem dicken blauen Teppichboden geschluckt. Der Psychiater deutete auf die erste Tür.
    »Andreas kommt aus Deutschland. Er hat seinen Vater und seine Mutter im Schlaf erschossen. Da er Angst vor dem Alleinsein hatte, schnitt er ihnen anschließend den Kopf ab und legte die Köpfe in die Gefriertruhe. Er nahm sie jeden Abend heraus, um zusammen mit ihnen fernzusehen – er setzte die Köpfe auf zwei enthauptete Schaufensterpuppen, die neben ihm auf dem Sofa saßen.«
    Servaz hörte aufmerksam zu. Er malte sich die Szene aus und erschauerte:
Er musste an den Pferdekopf denken, der hinter den Pferdeställen des Reitzentrums gefunden worden war.
    »Als der Hausarzt vorbeikam, um sich nach seinen Eltern zu erkundigen, weil er sich wunderte, dass sie schon so lange nicht mehr in seiner Praxis waren, hat Andreas

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