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Schwarzer Schmetterling

Schwarzer Schmetterling

Titel: Schwarzer Schmetterling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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Röhrchen hin. »Da, nehmen Sie, Paracetamol plus Ephedrin. Das ist im Allgemeinen recht wirksam. Sie sind wirklich sehr blass. Soll ich nicht doch einen Arzt rufen?«
    »Danke, geht schon.«
    Xavier ging zu einem kleinen Kühlschrank in einer Ecke des Raumes und kam mit einer Flasche Mineralwasser und einem Glas zurück. Xaviers Büro war schlicht eingerichtet, mit Aktenschränken aus Metall, einer Minibar, einem bis auf Telefon, Rechner und Lampe leeren Tisch, einem Bücherregal voller Fachliteratur und einigen Topfpflanzen auf der Fensterbank.
    »Nehmen Sie immer nur eine. Höchstens vier pro Tag. Sie können das Röhrchen behalten.«
    »Danke.«
    Einen Moment lang vertiefte sich Servaz in die Betrachtung der Tablette, die sich im Wasser auflöste. Er spürte pochende Kopfschmerzen hinter den Augen. Das kalte Wasser tat seinem Hals wohl. Er war in Schweiß gebadet; das Hemd unter seiner Jacke klebte ihm am Rücken. Er hatte bestimmt Fieber. Außerdem war ihm kalt – aber es war eine innere Kälte: Das Thermostat bei der Tür zeigte 23  °C an. Er sah das Bild auf dem Bildschirm noch einmal vor sich: der Vergewaltiger, der seinerseits von Maschinen, Sonden, elektronischen Instrumenten vergewaltigt wurde – und wieder brannte ihm die Kehle vor Wut.
    »Wir werden Station A besuchen müssen«, sagte er, als er das Glas wieder abgestellt hatte.
    Er hatte mit fester Stimme sprechen wollen, aber wegen des Brennens im Hals war nur ein schwaches Krächzen herausgekommen. Auf der anderen Seite des Schreibtischs trübte sich der humorvoll funkelnde Blick. Servaz glaubte eine Wolke zu sehen, die sich vor die Sonne schob und eine bis dahin frühlingshafte Landschaft plötzlich unheimlich werden ließ.
    »Ist das wirklich notwendig?«
    Der Blick des Psychiaters suchte diskret die Unterstützung des Richters, der links von den beiden Ermittlern saß.
    »Ja«, reagierte Confiant sofort, während er sich ihnen zuwandte, »müssen wir wirklich …?«
    »Ich denke, ja«, fiel ihm Servaz ins Wort. »Ich werde Ihnen etwas anvertrauen, das unter uns bleiben muss«, sagte er, sich zu Xavier beugend. »Aber vielleicht …
wissen Sie es ja schon …
«
    Er hatte seinen Blick auf den jungen Richter geheftet. Einen kurzen Moment lang musterten sich die beiden Männer schweigend. Dann wanderte Servaz’ Blick weiter zu Ziegler, und er las klar und deutlich die stumme Botschaft, die sie an ihn richtete:
Immer mit der Ruhe …
    »Wovon reden Sie?«, fragte Xavier.
    Servaz räusperte sich. Die Wirkung des Medikaments würde erst nach einigen Minuten eintreten. Seine Schläfen fühlten sich an, als steckten sie in einem Schraubstock.
    »Wir haben die DNA eines Ihrer Insassen gefunden … und zwar dort, wo das Pferd von Monsieur Lombard getötet worden ist: an der Bergstation der Seilbahn … Die DNA von Julian Hirtmann …«
    Xavier machte große Augen.
    »Großer Gott, das ist doch unmöglich!«
    »Verstehen Sie, was das bedeutet?«
    Der Psychiater sah Confiant verwirrt an, dann senkte er den Kopf. Seine Bestürzung war nicht gespielt.
Er wusste es nicht.
    »Das bedeutet«, fuhr Servaz schonungslos fort, »es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder war Hirtmann selbst in dieser Nacht da oben oder jemand, der ihm so nahe kommen kann, dass er sich eine Speichelprobe von ihm beschaffen konnte … Ganz gleich, ob Hirtmann oder nicht, jedenfalls ist jemand aus Ihrem Institut in diesen Fall verwickelt, Dr. Xavier.«

15
    » Mein Gott, das ist ja ein Alptraum«, murmelte Dr. Xavier.
    Der kleinwüchsige Psychiater sah sie verzweifelt an.
    »Mein Vorgänger, Dr. Wargnier, hat für diese Einrichtung gekämpft. An Widerstand gegen dieses Vorhaben hat es nicht gemangelt, wie Sie sich vielleicht vorstellen können. Und dieser Widerstand kann jederzeit neu aufbrechen. Leute, die meinen, diese Verbrecher gehören ins Gefängnis. Die sich nie damit abgefunden haben, dass sie jetzt in diesem Tal sind. Wenn das bekannt wird, steht die schiere Existenz des Instituts auf dem Spiel.«
    Xavier setzte seine extravagante rote Brille ab. Er zog ein kleines Tuch aus seiner Tasche und begann wütend, die Gläser zu putzen.
    »Die Menschen, die hier landen, können sonst nirgendwo untergebracht werden. Wir sind ihr letzter Zufluchtsort: Nach uns gibt es nichts mehr. Weder die klassischen psychiatrischen Kliniken noch die Strafvollzugsanstalten können sie aufnehmen. Es gibt in ganz Frankreich nur fünf Einrichtungen für gemeingefährliche Gewaltverbrecher –

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