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Schwarzer Schmetterling

Schwarzer Schmetterling

Titel: Schwarzer Schmetterling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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er – wie Sie – ein unaussprechliches Geheimnis mit sich herumtrug.«
    Xavier warf ihr einen verdutzten und leicht zornigen Blick zu. Hirtmann lächelte noch breiter.
    »Nun glaube ich doch, dass wir uns gut verstehen werden«, sagte er. »Wann fangen wir an? Ich kann es gar nicht erwarten, dieses Gespräch fortzusetzen.«
     
    »Unauffindbar«, sagte Ziegler, als sie ihr Handy zuklappte. »Er ist weder im Rathaus noch zu Hause, noch in seiner Fabrik. Anscheinend hat er sich wieder in Luft aufgelöst.«
    Servaz betrachtete die Gendarmin und anschließend durch die Windschutzscheibe den Fluss.
    »Wir werden uns ernsthaft mit dem Bürgermeister befassen müssen. Sobald er wiederauftaucht. Versuchen wir es in der Zwischenzeit bei Perrault.«
     
    Die Angestellte, eine junge Frau von etwa zwanzig Jahren, kaute so kräftig auf ihrem Kaugummi, als hätte sie eine persönliche Abneigung gegen ihn.
    Sie wirkte nicht besonders sportlich. Eher wie jemand, der gern Süßigkeiten naschte und stundenlang vor dem Fernseher oder dem Computer sitzen konnte. Servaz sagte sich, dass er ihr an Perraults Stelle nur zögerlich die Kasse anvertraut hätte. Er sah sich um: die Reihen mit Skiern und Snowboards, die Gestelle voller halbhoher Schuhe, die fluoreszierenden Overalls, die Fleecejacken und die modischen Accessoires auf Regalen aus hellem Holz oder dicht hintereinander an Kleiderbügeln. Er fragte sich, nach welchen Kriterien Perrault sie ausgewählt hatte. Vielleicht war sie die Einzige, die sich mit dem Lohn, den er ihr anbot, zufriedengab.
    »Wirkte er besorgt?«, fragte er.
    »Mhm …«
    Servaz wandte sich Ziegler zu. Sie hatten gerade an der Tür des Einzimmerapartments geläutet, das Perrault, laut Saint-Cyr das dritte Mitglied des Quartetts, über seinem Laden gemietet hatte. Keine Reaktion. Die Angestellte hatte ihnen gesagt, dass sie ihn seit dem Vortag nicht gesehen hatte. Am Montagmorgen hatte er ihr mitgeteilt, er würde ein paar Tage wegbleiben – wegen einer dringenden Familienangelegenheit. Sie hatte ihm gesagt, er solle sich keine Sorgen machen, sie würde sich in der Zwischenzeit um den Laden kümmern.
    »Wie besorgt?«, fragte Ziegler.
    Die Angestellte kaute zwei- oder dreimal, ehe sie antwortete.
    »Er sah wirklich fies aus, wie jemand, der nicht geschlafen hatte.« Sie kaute wieder mit offenem Mund. »Und er konnte nicht stillsitzen.«
    »Schien er Angst zu haben?«
    »Mhm. Hab ich doch gerade gesagt.«
    Die Angestellte blies eine Kaugummiblase und sah erst im letzten Moment davon ab, sie platzen zu lassen.
    »Haben Sie eine Nummer, wo man ihn erreichen kann?«
    Die junge Frau zog eine Schublade auf und wühlte zwischen Papieren herum. Sie zog eine Visitenkarte heraus, die sie der Gendarmin hinhielt. Das Logo zeigte einen Berg mit einem Skifahrer, der Zickzackkurven in den Schnee zeichnete, darunter in Zierschrift geschrieben
Sport & Natur.
    »Was für ein Typ Chef ist Perrault?«, fragte sie.
    Die Angestellte warf ihr einen misstrauischen Blick zu.
    »Der Typ Geizhals«, sagte sie schließlich.
     
    Sufjan Stevens sang
Come on! Feel the Illinoise!
in Espérandieus Kopfhörer, als sein Computer seine Aufmerksamkeit weckte. Auf dem Bildschirm hatte das Bildbearbeitungsprogramm gerade die Aufgabe beendet, für die Vincent es programmiert hatte.
    »Schau dir das mal an!«, sagte er zu Samira.
    Die Polizistin stand auf. Der Reißverschluss ihres Sweaters war etwas zu tief gerutscht, so dass der Ansatz ihrer Brüste direkt vor Espérandieus Augen prangte, als sie sich vorbeugte.
    »Was ist das?«
    Der Ring erschien in Großaufnahme. Nicht ganz scharf, aber man konnte deutlich den goldenen Siegelring erkennen und auf der Oberseite zwei vergoldete Buchstaben vor einem roten Untergrund.
    »Dieser Ring hätte an dem Finger stecken sollen, der Grimm abgeschnitten wurde – dem Apotheker, der in Saint-Martin ermordet wurde«, antwortete er mit trockener Kehle.
    »Hm, woher wisst ihr das – wo sein Finger doch abgeschnitten war?«
    »Es würde zu lange dauern, dir das zu erklären. Was siehst du?«
    »Ich würde sagen, zwei Buchstaben«, antwortete Samira und fixierte den Bildschirm.
    Espérandieu bemühte sich, den Blick nicht vom Rechner abzuwenden.
    »Zwei C?«, sagte er.
    »Oder ein C und ein E …«
    »Oder ein C und ein D …«
    »Oder ein O und ein C …«
    »Warte mal.«
    Er öffnete mehrere Fenster auf der rechten Seite des Bildschirms, veränderte ein paar Parameter, verschob den Cursor. Dann

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