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Schwarzer Schmetterling

Schwarzer Schmetterling

Titel: Schwarzer Schmetterling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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startete er das Programm neu. Schweigend warteten sie das Ergebnis ab, wobei sich Samira noch immer über seine Schulter lehnte. Espérandieu träumte von zwei sanften und festen vollen Brüsten. Auf der linken Brust hatte sie einen Leberfleck.
    »Was, glaubst du, tun sie da drin?«, tönte eine spöttische Stimme von draußen.
    Der Computer meldete, dass die Aufgabe beendet war. Sogleich tauchte das Bild wieder auf. Scharf. Die beiden Buchstaben zeichneten sich scharf gegen den roten Hintergrund des Siegelrings ab:
    »C S«.
     
    Servaz fand die Mühle wie beschrieben am Ende einer Sackgasse, die vor einem Bach und einem Wald aufhörte. Zunächst erblickte er die Lichter, dann erkannte er ihre schwarze Silhouette. Am Ende der Straße, weit hinter den letzten Häusern, spiegelten sie sich im Bach wider. Drei erhellte Fenster. Darüber: Berge und schwarze Tannen und ein Himmel voller Sterne. Er stieg aus dem Wagen. Ein kalter Abend, aber weniger kalt als die vorangehenden.
    Er fühlte sich frustriert. Nachdem sie vergeblich versucht hatten, Chaperon und Perrault zu finden, war es ihnen auch nicht gelungen, Chaperons Ex-Frau zu erreichen. Sie war von hier weggezogen, um sich in der Nähe von Bordeaux niederzulassen. Der Bürgermeister war geschieden, er hatte irgendwo im Großraum Paris eine Tochter. Bei Serge Perrault hatte eine Überprüfung ergeben, dass er nie verheiratet gewesen war. Wenn man zu alldem noch den seltsamen bewaffneten Frieden, der zwischen Grimm und seinem Hausdrachen herrschte, hinzunahm, drängte sich eine Schlussfolgerung auf: Das Familienleben war nicht gerade die Sache der drei.
    Servaz ging über die kleine gebogene Brücke, die von der Straße zur Mühle führte. Ganz in der Nähe drehte sich in der Dunkelheit ein Schaufelrad; er hörte das Geräusch des Wassers, das gegen Schaufelblätter platschte.
    Mit einem Türklopfer klopfte er an eine niedrige Tür. Eine alte, schwere Tür. Sie ging praktisch sofort auf. Gabriel Saint-Cyr erschien, bekleidet mit einem weißen Hemd, an dessen Kragen eine tadellose Fliege prangte, und einer Strickjacke. Von innen drang vertraute Musik heraus. Ein Streicher-Quartett: Schubert,
Der Tod und das Mädchen.
    »Komm rein.«
    Servaz fiel auf, dass er ihn duzte, ging aber nicht weiter darauf ein. Ein angenehmer Küchengeruch umschmeichelte seine Nase, kaum dass er das Haus betreten hatte, und sein Magen reagierte auf der Stelle. Er hatte Hunger. Er hatte seit dem Morgen nur ein Omelett gegessen. Als er rechts die Stufen zum Wohnzimmer hinunterging, hob er unwillkürlich eine Braue: Der Richter hatte großartig aufgetischt. Auf einem strahlend weißen Tischtuch prangten zwei Kerzen in silbernen Kerzenständern.
    »Ich bin Witwer«, rechtfertigte er sich, als er Servaz’ Blick sah. »Meine Arbeit war mein ganzes Leben, ich hatte mich nicht darauf vorbereitet, dass ich eines Tages nicht mehr arbeiten würde. Auch wenn ich noch zehn oder dreißig Jahre lebe, ändert das nichts daran. Das Altern ist nur eine lange, nutzlose Warterei. Also beschäftige ich mich so lange. Ich frage mich, ob ich vielleicht ein Restaurant aufmachen soll.«
    Servaz lächelte. Mit Sicherheit war der Richter keiner, der lange inaktiv bliebe.
    »Aber sei unbesorgt – du erlaubst doch, dass ich dich in meinem Alter duze? –, ich denke nicht an den Tod. Und wenigstens nutze ich diese Zeit, die nichts mehr wert ist, um meinen Garten zu bestellen und zu kochen. Basteln. Lesen. Reisen …«
    »Und für einen kleinen Abstecher ins Gericht, um sich über die aktuellen Fälle auf dem Laufenden zu halten.«
    Saint-Cyrs Auge funkelte kurz.
    »Genau!«
    Er bat ihn, Platz zu nehmen, und ging hinter die Theke der Küche, die zum Speisezimmer hin offen war. Martin sah, wie er sich eine Küchenschürze umband. Ein helles Feuer knisterte im Kamin, und das Licht der Flammen züngelte zwischen den Deckenbalken. Das Wohnzimmer war voller alter Möbel, wohl auf Flohmärkten zusammengekauft, und großer und kleiner Gemälde. Ein echter Antiquitätenladen.
    »›Wer gut kochen will, braucht einen leichten Kopf, einen edlen Geist und ein großes Herz‹, sagte Paul Gaugin. Macht es dir etwas aus, wenn wir den Aperitif überspringen?«
    »Nein, gar nicht«, antwortete Servaz. »Ich sterbe vor Hunger.«
    Saint-Cyr kehrte mit zwei Tellern und einer Flasche Wein zurück, wobei er sich mit der Gewandtheit eines professionellen Obers bewegte.
    »Kalbsbries in Blätterteig mit Trüffeln«, verkündete er, während

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