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Schwarzer Schmetterling

Schwarzer Schmetterling

Titel: Schwarzer Schmetterling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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Pferdemedizin war, empfahl eine Anästhesievorbereitung mit Xylazin in einer Dosis von 0 , 8  mg/kg, gefolgt von einer intravenösen Injektion mit Thiopental-Natriumsalz und schließlich Halothan in einer Konzentration von 2 , 5  Prozent für ein Pferd von etwa 490  Kilogramm.
    Ein Pferd …
    In ihrem Magen begann sich etwas zu regen, das den von György beschriebenen Kreaturen glich.
Xavier …
Sie musste wieder an das Gespräch denken, das sie über den Belüftungsschacht belauscht hatte. Er wirkte an diesem Tag so hilflos, so verloren, als dieser Polizist ihm eröffnet hatte, dass irgendjemand aus dem Institut etwas mit dem Tod dieses Pferdes zu tun hatte. Sie konnte sich schlechterdings nicht vorstellen, welchen Grund der Psychiater haben sollte, dieses Tier zu töten und an der Bergstation aufzuhängen. Im Übrigen hatte der Polizist von zwei Personen gesprochen. Für sie zeichnete sich vage eine andere Möglichkeit ab … Wenn tatsächlich Xavier die Medikamente beschafft hatte, mit denen das Pferd vor seiner Tötung betäubt wurde, dann hatte er zweifellos auch Hirtmanns DNA -Proben nach draußen geschafft.
    Dieser Gedanke brachte die lebende Kreatur in ihrer Magengrube zum Zappeln. Zu welchem Zweck? Welche Rolle spielte Xavier bei alldem?
    Wusste der Psychiater zu diesem Zeitpunkt, dass nach dem Pferd ein Mensch umgebracht werden würde? Welchen Grund hatte er, sich zum Komplizen von Verbrechen zu machen, die in diesen Tälern begangen wurden, er, der erst seit einigen Monaten hier war?
    Sie konnte anschließend kein Auge zumachen. Schlaflos wälzte sie sich in ihrem Bett hin und her, bald drehte sie sich auf den Rücken, bald auf den Bauch, und sie betrachtete den schwachen grauen Schimmer auf der anderen Seite des Fensters, gegen das der Wind pfiff. Zu viele unangenehme Fragen, die ihr durch den Kopf gingen, hielten sie wach. Gegen drei Uhr nahm sie eine halbe Schlaftablette.
     
    Von seinem Sessel aus hörte Servaz den Kommentar der Flöte im ersten Rezitativ des
Abschieds.
Jemand hatte ihn einmal mit einer »träumenden Nachtigall« verglichen. Anschließend kamen, wie Flügelschläge, Harfe und Klarinette hinzu.
Die Vogelgesänge,
erinnerte er sich plötzlich. Warum nur überfiel ihn abermals die Erinnerung an diese Gesänge? Chaperon war Natur- und Bergliebhaber. Und? Was sollte es mit diesen Aufzeichnungen schon auf sich haben?
    Servaz dachte vergeblich nach – er kam nicht dahinter. Dabei war er sicher: Da war etwas, im Schatten versteckt, das darauf wartete, wieder ans Licht zu kommen. Und dieses Etwas stand in Zusammenhang mit den Aufnahmen, die er beim Bürgermeister gefunden hatte. Er konnte es kaum erwarten herauszufinden, ob auf den Kassetten tatsächlich Vogelgesang war. Aber nicht nur das machte ihm Sorgen.
Da war noch etwas anderes …
    Er stand auf und ging zum Balkon. Es hatte aufgehört zu regnen, aber ein leichter Nebel schwebte über den nassen Gehsteigen und umgab die Laternen der Stadt mit einem diesigen Lichthof. Eine kalte Feuchtigkeit stieg von der Straße auf. Er dachte wieder an Charlène Espérandieu. An die erstaunliche Intimität des Kusses, den sie ihm auf die Wange gedrückt hatte, und wieder hatte er das Gefühl, als würden sich seine Gedärme verknoten.
    Als er durch die Fenstertür auf den Balkon trat, erkannte er seinen Irrtum: Nicht der Vogelgesang, sondern die Kassetten hatten seine Aufmerksamkeit geweckt. Der Knoten in seinen Eingeweiden wurde hart, als hätte man ihm schnell aushärtenden Beton in die Speiseröhre gegossen. Sein Puls beschleunigte sich. Er blätterte in seinem Notizbuch, bis er die Nummer fand. Er wählte sie.
    »Hallo?«, sagte eine Männerstimme.
    »Kann ich in ungefähr anderthalb Stunden bei Ihnen vorbeikommen?«
    Schweigen.
    »Aber das ist ja nach Mitternacht!«
    »Ich würde mir das Zimmer von Alice gern noch einmal ansehen.«
    »Um diese Uhrzeit? Kann das nicht bis morgen warten?«
    Der Mann am anderen Ende war offensichtlich fassungslos. Servaz konnte sich in Gaspard Ferrand hineinversetzen: Seine Tochter war seit fünfzehn Jahren tot. Was konnte plötzlich so dringend sein?
    »Ich würde trotzdem gern noch heute Nacht einen Blick ins Zimmer werfen«, ließ er nicht locker.
    »Na schön. Ich gehe sowieso nie vor Mitternacht zu Bett. Ich warte bis halb eins. Danach lege ich mich hin.«
     
    Gegen 0 : 25  Uhr erreichte er Saint-Martin, aber er fuhr nicht in die Stadt hinein, sondern über die Umgehungsstraße in das verschlafene Dorf

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