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Schwarzer Schmetterling

Schwarzer Schmetterling

Titel: Schwarzer Schmetterling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Minier
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alles sagen. Aber Sie werden niemanden finden, der über die Geheimnisse dieser Täler besser Bescheid weiß als ich, Commandant. Denken Sie daran.«
    Und Servaz dachte schon daran. Das Angebot war nicht uninteressant: eine Kontaktperson aus der örtlichen Bevölkerung. Ein Mann, der fast sein gesamtes Leben in Saint-Martin verbracht hatte und der aufgrund seines Berufs eine Vielzahl von Geheimnissen kannte.
    »Ihr Beruf scheint Ihnen zu fehlen.«
    »Ich würde lügen, wenn ich das Gegenteil behaupten würde«, gab Saint-Cyr zu. »Ich bin vor zwei Jahren aus gesundheitlichen Gründen in den Ruhestand getreten. Seither fühle ich mich wie ein lebender Toter. Glauben Sie, dass Hirtmann der Täter ist?«
    Servaz zuckte zusammen.
    »Wovon reden Sie?«
    »Ach, kommen Sie! Sie wissen genau, wovon ich spreche: die DNA , die in der Seilbahn gefunden wurde.«
    »Wer hat Ihnen das erzählt?«
    Der kleine Richter lachte schallend auf, während er die Stufen hinuntereilte.
    »Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich alles weiß, was in dieser Stadt geschieht. Auf bald, Commandant! Und gute Jagd!«
    Servaz sah ihn hinter der großen Doppeltür in einem Schneegestöber verschwinden.
     
    »Martin, ich stelle Ihnen Richter Martial Confiant vor. Ihm habe ich das Ermittlungsverfahren übertragen, das gestern eröffnet wurde.«
    Servaz gab dem jungen Richter die Hand. Anfang dreißig, hochgewachsen und schlank, sehr dunkle Haut, elegante rechteckige Brille. Der Händedruck war fest, das Lächeln herzlich.
    »Entgegen dem ersten Anschein«, sagte Cathy d’Humières, »ist Martial ein Kind dieser Region. Sein Heimatort ist nur zwanzig Kilometer von hier entfernt.«
    »Bevor Sie kamen, hat mir Madame d’Humières gesagt, welch große Stücke sie auf Sie hält, Commandant.«
    Die Stimme des Mannes trug noch den salbungsvollen Ton und die Heiterkeit der Antillen, aber zugleich klang der örtliche Dialekt darin an. Servaz lächelte.
    »Wir fahren nachher ins Institut«, sagte er. »Wollen Sie mitkommen?«
    Wegen der Halsschmerzen fiel ihm das Sprechen schwer.
    »Haben Sie Dr. Xavier verständigt?«
    »Nein, Capitaine Ziegler und ich haben beschlossen, ihnen einen kleinen unangemeldeten Besuch abzustatten.«
    Confiant nickte zustimmend.
    »Einverstanden, ich komme mit«, sagte er. »Aber nur dieses eine Mal, denn ich will mich nicht aufdrängen. Es ist mein Grundsatz, die Polizei ihre Arbeit machen zu lassen. Jeder sollte das tun, was er am besten versteht«, fügte er hinzu.
    Servaz nickte schweigend. Es wäre recht erfreulich, wenn sich dieser Grundsatz auch bewahrheiten würde.
    »Wo ist Capitaine Ziegler?«, fragte d’Humières.
    Er sah auf die Uhr.
    »Sie wird gleich da sein. Vielleicht hat sie bei diesem Schnee Probleme mit ihrem Auto.«
    Cathy d’Humières wandte sich hastig dem Fenster zu.
    »Schön, ich muss eine Pressekonferenz abhalten. Ich hätte Sie sowieso nicht begleitet. Ein so unheimlicher Ort bei einem solchen Wetter, brrrrrrrr, nichts für mich!«

13
    » Erstickungstod«, sagte Delmas, während er sich die Hände und Unterarme mit antiseptischer Seife wusch und sie dann unter dem automatischen Wasserhahn spülte.
    Die Klinik Saint-Martin war ein großes Gebäude aus roten Ziegelsteinen, das sich von den schneebedeckten Wiesen abhob. Der Zugang zur Leichenhalle und zum Sektionssaal befand sich, wie so oft, weit von dem Haupteingang entfernt, am Ende einer betonierten Rampe. Die Mitarbeiter nannten diesen Bereich »die Hölle«. Als Espérandieu vor dreißig Minuten eingetroffen war – wobei in seinem Kopfhörer die Gutter Twins
Idle Hands
sangen –, war ihm aufgefallen, dass vor der Rückwand auf Gerüstböcken ein Sarg stand. Im Umkleideraum war er Dr. Delmas, dem Rechtsmediziner aus Toulouse, und Dr. Cavalier, einem Chirurgen am Krankenhaus von Saint-Martin, begegnet, die sich kurzärmelige Kittel und Kunststoffschürzen überzogen. Delmas schilderte Cavalier, wie sie die Leiche entdeckt hatten. Espérandieu hatte ebenfalls begonnen, sich umzuziehen, anschließend hatte er sich eine seiner kleinen grünen Mentholpastillen in den Mund gesteckt und ein Döschen Kampfersalbe herausgenommen.
    »Das sollten Sie nicht tun«, hatte ihm Delmas gesagt. »Die Salbe ist stark ätzend.«
    »Tut mir leid, Herr Doktor, aber ich habe eine empfindliche Nase«, antwortete Vincent, ehe er einen Mundschutz über Mund und Nase zog.
    Seit seinem Eintritt in die Mordkommission hatte Espérandieu schon an mehreren Leichenschauen

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