Schwarzer Schwan
meinen Handgelenken reißt auf.
Wenn wenigstens Pluto bei mir wäre. Scheiße, ich will nicht heulen. Aber ich kann nicht mehr … Dieser Raum …
Er ist muffig und klein. Die Länge der Kette lässt zu, dass ich ein paar Schritte gehe. Ein kalter, rauer Betonboden, nicht ganz eben. Stockflecken an der Wand. Alles ist so eklig. Total versifft. Bis auf das Brummen des Kühlschranks ist es still wie im Grab.
Bilder tauchen vor meinen Augen auf … Verschwommen … das Fahrrad. Ein Auto, das mich übel geschnitten hat. Ich glaube, ich wollte ausweichen und bin gestürzt.
Dann hat mir jemand ein Tuch auf den Mund gedrückt.
Ich erinnere mich an einen beißenden Geruch … Stammen daher die Kopfschmerzen?
Was auch immer der unbekannte Mann von mir will, ich schwöre, dass er es nicht leicht haben wird!
20.
Dominik Roth holte die Montagsausgabe der Morgenpost aus dem Briefkasten und knipste die Treppenhausbeleuchtung an, um im Hinaufgehen die Titelseite überfliegen zu können. Der Mord an der Frau aus Berlin bestimmte die Schlagzeile – immerhin die Lebensgefährtin eines Staatssekretärs aus dem Bundesfinanzministerium.
Beim Müsli studierte Dominik den ausführlichen Bericht auf Seite drei. Ein Attentat auf eine Frau, die angeblich keine Feinde hatte. Im Kommentar spekulierte ein Redakteur über einen möglichen politischen Hintergrund und forderte die überfällige Einigung der Regierungskoalition über die Datenvorratsspeicherung sowie eine stärkere Überwachung der Linkspartei und ihrer Anhänger.
Dominik verstand nicht, dass die Kollegen ihn nicht schon längst angerufen und in ihre Kommission gebeten hatten.
Draußen strahlte die Morgensonne. Dominik entschied sich für das schwarze Poloshirt, das ihn schlank aussehen ließ. Ein Blick in den Spiegel an der Schranktür. In den Koteletten schimmerten zwei weiße Haare. Er eliminierte sie.
»Sie tappen im Dunkeln«, sagte er zu Nellys Foto auf dem Nachtkästchen. »Eigentlich brauchen sie jeden, den sie kriegen können. Garantiert ist das halbe KK 11 im Sommerurlaub oder auf Fortbildung.«
Bevor er die Wohnung verließ, checkte er das Handy. Nein, es war nicht auf stumm geschaltet.
Nach wie vor kein Anruf.
Auf dem Weg zum Präsidium stoppte Dominik seinen Honda in zweiter Reihe vor einem Büdchen, um zu erfahren, was die wichtigste Boulevardzeitung des Rheinlands über den Mord schrieb. Er zog ein Exemplar aus dem Ständer und legte das Kleingeld auf den Tresen.
Dicke Lettern auf der Titelseite und ein Foto, auf dem das Mordopfer lebte und fröhlich den Staatssekretär anlachte. Auf der Suche nach Inhalten, die sich möglichst von der Konkurrenz abhoben, kochte der Blitz publikumswirksame Pikanterien auf – oder das, was die Schreiberlinge dafür hielten.
DIE SCHÖNE PAULA – IHR GEHEIMNIS NAHM SIE MIT IN DEN TOD
Das Rätselraten um die Bluttat am Aachener Platz ( Blitz am Sonn tag berichtete) geht weiter. Wie Blitz erfuhr, war das Mordopfer Paula Busch (42) nach Düsseldorf gekommen, um sich mit dem Neusser Bundestagsabgeordneten Lothar Mierscheid (48) zu treffen, als die tödlichen Schüsse fielen. »Paula und ich waren Freunde aus alten Zeiten«, so der Finanzexperte der CDU. Doch da war offenbar mehr, als er zugibt. Ein intimer Kenner der beiden spricht von großer Zuneigung. Loderte das Feuer noch immer? Gab es heimliche Liebestreffen fern der Hauptstadt?
Offiziell war die attraktive Lobbyistin der Deutschen Börse AG mit Staatssekretär Malte Lichtenberg (47) liiert, der rechten Hand von Bundesfinanzminister Schäuble. In der Öffentlichkeit sah man Lichtenberg und Busch zuletzt allerdings nur noch selten gemeinsam.
Lichtenberg sagte am Wochenende alle Termine ab und war für niemanden zu sprechen. In den nächsten Tagen muss er sich vor dem Untersuchungsausschuss verantworten, in dem es um die umstrittene Rettung der MHE-Bank aus Steuergeldern geht. Ausgerechnet Lothar Mierscheid wird als Obmann der Union die Sitzung leiten.
Offiziell will die Polizei im Mordfall Paula Busch den Verdacht einer Beziehungstat noch nicht bestätigen.
»Guten Morgen!«, grüßte Dominik, als er das Geschäftszimmer betrat.
Die Schreibkraft deckte den Hörer ab. »Schön erholt am Wochenende?«
Dominik zeigte den erhobenen Daumen. Dass er für Urban Ermittlungen gearbeitet hatte, musste er ihr nicht auf die Nase binden.
Die Umlaufmappe mit den Neuigkeiten – Dominik studierte vor allem die Informationen zum Mord an Paula Busch. Er staunte, dass es noch
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