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Schwarzer Schwan

Schwarzer Schwan

Titel: Schwarzer Schwan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Eckert
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Seine Sekretärin hasste Zigarettenqualm. Als er sich umwandte, war sein Gast aufgestanden. Rote Flecken am Hals, ein Zucken an der Schläfe.
    »Ich flehe dich an«, flüsterte der Staatssekretär. »Sag so etwas nie wieder, Lothar.«
33.
    Auf der Heimfahrt kontrollierte Hanna immer wieder den Rückspiegel. Kein Verfolger – oder es waren mehrere und sie wechselten ständig das Fahrzeug.
    Wenigstens war es heute kein Problem, einen Parkplatz zu finden. Auf dem Weg zur Haustür sah Hanna sich um.
    Du bringst nur dich und mich in Gefahr.
    Ein hagerer Kerl stand vor dem Schaufenster auf der anderen Seite, obwohl darin nur dämliche Lotto-Werbung hing. Eine Frau mit zwei Einkaufsbeuteln glotzte von der nahen Straßenbahnhaltestelle herüber. Dann fuhr ein Auto im Schneckentempo vorbei – am liebsten hätte sich Hanna das Kennzeichen notiert.
    Ich drehe noch durch.
    Die Holztreppe im Haus knarrte leise. Als Hanna den ersten Absatz erreichte, lugte sie aus dem Fenster: Der Hagere war weg, die Frau mit den Aldi-Tüten stieg in die Bahn.
    Hanna schloss ihre Wohnungstür auf.
    Geräusche von drinnen. Da war jemand. Hanna erstarrte.
    »Hallo, Tantchen!«, rief Leonie aus dem Badezimmer.
    »Meine Güte, was fällt dir ein, mich so zu erschrecken! Warum bist noch hier?«
    »Ich möchte gern noch ein paar Tage bleiben. Darf ich?«
    Hanna warf einen Blick ins Bad. Ihre Nichte war mit Schminken beschäftigt, was bei ihr gut und gerne eine Stunde dauern konnte. Über einer gemusterten Strumpfhose trug sie das Kleid, das Hanna ihr neulich gekauft hatte, dazu Schnürstiefel und um den Hals einen Kopfhörer mit rosafarbenem Plüschbesatz.
    »Wir wollen doch nicht, dass deine Mutter eifersüchtig wird«, gab Hanna zu bedenken.
    »Mit Mama hab ich schon telefoniert. Die knutscht sowieso nur die ganze Zeit mit Jan herum. Ich kann den Kerl nicht leiden.«
    »Gut, eine Nacht noch. Aber morgen ziehst du wieder dahin, wo du hingehörst.«
    »Morgen schon? Ach, menno!«
    Im Schlafzimmer zog Hanna ihr Bürokleid aus und schlüpfte in eine Jeans. Sie zog mehrere Tops aus dem Schrank, bis sie ein passendes fand.
    »Wollen wir zum Abschluss noch einmal etwas miteinander machen?«, rief Hanna zu ihrer Nichte hinüber. »Im Kino läuft noch so ein starker Film, er heißt Laura. Ohne Farbe und älter als deine Tante!«
    Die richtige Medizin in meiner Verfassung, dachte Hanna.
    Doch Leonie gab ihr einen Korb. Sie hatte sich mit einer Freundin verabredet und versprach, spätestens um dreiundzwanzig Uhr zu Hause zu sein. Hanna war enttäuscht, wollte Leonie aber nicht bevormunden. Als das Mädchen um ihren Fahrradschlüssel bat, war Hanna versucht einzuwenden, dass öffentliche Verkehrsmittel sicherer seien – die Stadt war alles andere als radlerfreundlich, es konnte leicht etwas passieren.
    Aber dann erinnerte sich Hanna an ihre eigene Jugend. Mit fünfzehn konnte man gut auf sich selbst aufpassen und verabscheute es, wenn Erwachsene das infrage stellten.
    Außerdem wusste sie: Leonie war vernünftig und hielt sich an Abmachungen.
    Sie stellte ihren Volvo in der Altstadt-Tiefgarage ab. Auf dem Weg zum Ausgang vernahm sie nur ihre eigenen Schritte und deren Echo zwischen den Betonwänden. Im Aufzug nach oben war sie allein.
    Sie eilte schneller durch die Gassen, als es nötig gewesen wäre. Verschwitzt und mit beschleunigtem Puls erreichte sie das Filmmuseum. Drinnen war es kühl. An der Glasfront zur Straße hing ein Plakat: The Man with the Golden Arm, mit Frank Sinatra und Kim Novak, ebenfalls von Otto Preminger – dieser Film würde am Sonntag die Retrospektive beenden. Ein Muss für mich, dachte sie. An den Wochenenden hatte sie ohnehin meist keine Verabredungen. Helmut war dann für die Familie da.
    Am Plakat vorbei spähte sie hinaus. Kein Stalker weit und breit.
    »Guten Abend, Frau Kaul.«
    Hanna fuhr herum. »Das ist aber eine Überraschung!«
    Es war der Polizist, der sie in der Bank aufgesucht hatte. Den Namen hatte sie vergessen. Sein Kärtchen trug sie im Portemonnaie mit sich. Ein gut aussehender Kerl, schlanke Hüften, breite Schultern. Ein Grübchen im Kinn. Keiner dieser Typen, die ihr Haar mit Gel und Strähnchen aufbrezelten. Aber recht jung noch, wie sie fand.
    »Haben Sie mich erschreckt!«, sagte Hanna.
    »Das tut mir leid.«
    »Sieht fast so aus, als würden Sie mich observieren.«
    »Ich?« Der Ermittler lachte unsicher. »Eher laufen Sie hinter mir her. Ich war immerhin vor Ihnen da.«
    Stimmt. Krieg dich ein, sagte sich

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