Schwarzer Schwan
du unlängst am Flughafen beklaut worden?«, fragte Dominik.
»Ich? Wie kommst du darauf?«
Während Dominik eine freie Bank an der Rheinuferpromenade ansteuerte, erzählte er Jochen von der Brandleiche vor dem Aquazoo und der Hinterlassenschaft des Toten. Patrick Neidel, der in den Flughafenterminals auf Diebestour gegangen war.
»Das ging ja schnell«, wunderte sich Jochen. »Gratuliere zum Wechsel ins KK 11.«
»Nein, so weit ist es noch nicht. Bin dort nur Aushilfe. Aber wenn herauskommt, dass ich für deine Firma gearbeitet habe, bin ich geliefert. Versprich mir, dass keiner deiner Mitarbeiter hinter dem Mord an dem Flughafendieb steckt!«
»Nur die Ruhe, Dominik. Was glaubst du denn? Ich lege für jeden meiner Leute die Hand ins Feuer wie für dich. Sei unbesorgt. Und woher sollten deine Kollegen erfahren, was du am Wochenende gemacht hast? Du weißt doch, wie es läuft: Du kennst die anderen nicht, sie kennen dich nicht. Das bleibt eine Angelegenheit zwischen dir und mir allein.«
»Danke.«
»Ist doch selbstverständlich.«
»Aber eines musst du mir verraten, Jochen: Wer war am Freitag vor meiner Schicht für die Observierung von Hanna Kaul eingeteilt?«
»Weiß ich jetzt nicht auswendig. Aber ich kann das nachschauen.«
»Und wer hatte in den letzten Wochen den Auftrag, Paula Busch von der Deutschen Börse in Berlin zu beobachten?«
»Die Frau, die erschossen worden ist?«
»Richtig.«
»Nein, Dominik. Mit Paula Busch hat meine Firma nie etwas zu tun gehabt. Bis nach Berlin hat es Urban Ermittlungen leider noch nicht geschafft.«
31.
Der Schreck saß Hanna tief in den Knochen. Wer zum Teufel hatte sie observiert? Tat er es noch immer? Und warum?
Vergeblich suchte sie Gelassenheit beim Betrachten des Urlaubsfotos auf ihrem Bürotisch. Thailand war viel zu weit weg.
Sie hörte sich in der Kali-Szene um, vorsichtig, um nicht aufzufallen. Es waren widersprüchliche Gerüchte im Umlauf: Ein Unbekannter kaufe Aktien der Mitteldeutschen Kali AG, um sie mit Aufschlag der chinesischen Konkurrenz anzubieten. Andere munkelten vom Versuch, den Konzern zu zerschlagen oder ein ganz neues Konsortium zu schmieden.
Sicher war nur, dass dem Unternehmen vorerst das Wasser bis zum Hals stand. Für die laufenden Geschäfte konnte es die nötigen Mittel nur überteuert auf dem Kapitalmarkt einsammeln, obwohl sich an Produktion und Absatz nichts geändert hatte.
Die jüngste Nachricht lautete, dass die SPD mit dem Versprechen von Staatshilfen für den Kalikonzern in den niedersächsischen Landtagswahlkampf ziehen wolle. Kein Arbeitsplatz solle wegfallen.
Nirgendwo fiel der Name Helios Investments. Dingendorff agierte im Stillen. Was hatte er mit der Mitteldeutschen Kali AG vor?
Hanna hütete sich, Ahrendt gegenüber das Thema noch einmal anzuschneiden.
Du bringst nur dich und mich in Gefahr.
Ihr fiel Böhmer ein, der Journalist, der sich nicht wieder gemeldet hatte. Vielleicht besser so. Die Morgenpost war ohnehin nicht für brisante Enthüllungen bekannt. Wahrscheinlich hatte Böhmer Muffensausen bekommen – die RheinBank war groß, mächtig und bestens vernetzt. Wer würde dagegen schon anstinken?
Und immer wieder kreisten Hannas Gedanken um den Unbekannten, der sie verfolgt hatte und es vielleicht wieder tat, sobald sie das Gebäude der Hauptverwaltung verließ. Zwei Morde in den letzten Tagen – auch wenn sie mit den Opfern nicht das Geringste zu schaffen hatte, spürte Hanna eine unbestimmte Angst. An einen Zufall wollte sie nicht glauben.
Sie hatte mit ihrer Nichte telefoniert, ohne dem Mädchen von den Fotos zu erzählen. Im Laufe des Tages würde Leonie ohnehin wieder zu ihrer Mutter ziehen, denn Britta war mit ihrem Lover aus Venedig zurückgekehrt. Eigentlich schade. Hanna hatte sich an das Mädchen gewöhnt. Die Wohnung würde ihr leer vorkommen.
Nur nicht depressiv werden.
Hanna wählte die Handynummer ihres Freundes.
»Frantzen.«
»Hanna hier. Hallo, Helmut. Es … es tut mit leid wegen neulich. Sehen wir uns morgen Abend? Unser Mittwoch.«
»Ich würde wirklich gern, vielleicht klappt’s auch, aber ich kann’s nicht versprechen, Kleines. Dingendorffs China-Reise muss vorbereitet werden. Absprachen mit dem Kanzleramt und so weiter. Bin ziemlich im Stress.« Helmuts Stimme klang, als sei er gerade im Auto unterwegs.
»Kannst du dir vorstellen, dass die Bank mich ausspionieren lässt?«
»Bitte? Die RheinBank AG? Dich? Wie kommst du darauf?«
»Ich hatte heute Vormittag Besuch von
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