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Schwarzer Schwan

Schwarzer Schwan

Titel: Schwarzer Schwan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Eckert
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einem Rapsfeld mit dem Braunkohlekraftwerk Frimmersdorf im Hintergrund.«
    »Die Dreckschleuder?«
    »RWE Power sponsert dein Wahlkreisbüro und damit meine Stelle. Lothar, was ist los mit dir?«
    Mierscheid murmelte ein Dankeschön, steckte das Handy weg und nahm einen letzten Zug, bevor er die Kippe austrat.
    »Musst du auch gerade an früher denken?«
    Er schrak zusammen. Malte Lichtenberg war aus der Tür getreten, den Griff eines Trolleys in der Hand.
    »Wo geht’s hin?«
    »Paris, den Euro retten. Morgen trifft sich die Kanzlerin mit Sarkozy. Wenn wir uns nicht mit den Franzosen über Griechenland und den Rettungsschirm einigen, sehe ich schwarz.«
    »Warum hören wir nicht einfach auf, Schulden zu machen?«
    Der Staatssekretär lachte. Er steckte sich eine Zigarette an und hielt Mierscheid die Schachtel hin.
    »Nein, danke.«
    »Du hast da etwas an deinem Revers«, stellte Lichtenberg fest.
    Mierscheid zückte sein Taschentuch, spuckte darauf und rieb, bis er keine Spritzer von Erbrochenem mehr entdecken konnte.
    »Von den Schulden der Staaten lebt die Finanzbranche«, fuhr der Staatssekretär fort.
    »Bis alles zusammenkracht.«
    »Warum so negativ, Lothar?«
    »Heute ist mir danach.«
    »Glaubst du noch immer, ich hätte einen Killer auf Paula angesetzt?«
    »Als wäre dir wichtig, was ich denke.«
    »Ich war das ganze Wochenende in Berlin. Es gibt Leute, die das bezeugen können.«
    »Schon gut.«
    Lichtenberg übte Rauchkringel und schwieg.
    »Wie war eigentlich Paulas Privatleben nach eurer Trennung?«
    »Vergiss es, Lothar, überlass der Polizei das Ermitteln.«
    »Warum hattet ihr euch überhaupt getrennt?«
    »Auseinandergelebt, du weißt doch, wie das ist. Keine Katastrophe, eher ein schleichender Prozess. Zuletzt hat sie nur noch an meiner Arbeit rumgenörgelt. Hat die Finanzbranche schlimmer kritisiert als der Bundespräsident, und das will was heißen.«
    »Aber wieso war sie noch Monate nach eurer Trennung so schlecht auf dich zu sprechen?«
    »Das hättest du Paula fragen müssen.«
    »Sie wollte einen Rat von mir. Was könnte das gewesen sein?«
    Der Staatssekretär lachte. »Das ›heimliche Liebestreffen fernab der Hauptstadt‹?«
    Mierscheid ballte die Fäuste und schwieg.
    »Konzentrier dich lieber auf deine Karriere, Lothar. Ich habe gehört, gewisse Kreise hätten Großes mit dir vor. Ich kann dir dazu nur gratulieren.«
    Lichtenbergs Taxi fuhr vor, rollte aber weiter zum anderen Eingang.
    »Wir sollten uns wieder vertragen, meinst du nicht?«
    Hau endlich ab, dachte Mierscheid.
    Der Staatssekretär warf die angerauchte Zigarette ins Gras und verschwand mit seinem Rollkoffer um die Ecke.
53.
    Es widerstrebte Mierscheid, ins Café zurückzukehren, aber er wollte noch ein paar Worte mit Paulas Eltern wechseln. An ihrem Tisch waren nun einige Stühle frei. Kaum hatte Mierscheid Platz genommen, bereute er seine Entscheidung auch schon. Nach wie vor hing der schreckliche Bratengeruch in der Luft. Und Ingrid Busch weinte unaufhörlich, sodass sich keiner traute, etwas zu sagen.
    Die Bedienung servierte das Dessert, Rote Grütze mit Vanillesoße. Weiche Nahrung – vorsichtig begann Mierscheid, das süße Zeug zu löffeln.
    »Warum willst du Malte nicht das Tagebuch geben?«, fragte Roland Busch seine Frau.
    »Wer weiß, was über ihn drinsteht«, sagte eine alte Dame, die Ingrid ähnlich sah.
    Paulas Tante, vermutete Mierscheid. Er begriff, wovon die Rede war. »Paula hat Tagebuch geführt – und es euch überlassen?«
    »Nein, das nicht gerade«, antwortete Roland. »Sie hat einige Umzugskartons bei uns untergestellt. Darin haben wir es gefunden.«
    »Womöglich steht etwas darin, was die Polizei wissen müsste!«
    »Damit es an die Öffentlichkeit gerät?«, warf die Tante ein. »Das wäre Paula höchst peinlich.«
    »Ich finde, Lothar hat recht«, sagte Roland. »Wir müssen es der Polizei zeigen.«
    Seine Frau rieb sich die roten Augen trocken und schniefte. Endlich antwortete sie: »Es gibt kein Tagebuch mehr.«
    »Bitte?«
    »Ich hab’s verbrannt.«
    »Das gibt’s doch nicht!«
    »Doch. Verbrannt und basta.«
    Die Bedienung trat an den Tisch. »Kaffee oder Cognac?«
    »Beides«, sagte Paulas Vater. »Und ihr?«
    Ingrid schüttelte den Kopf.
    Mierscheid entschuldigte sich und lief zur Toilette, wo er sich ein zweites Mal übergab, lange und schmerzhaft.
    Er spülte sich den Mund aus und kontrollierte im Spiegel sein Sakko – keine neuen Flecken, zum Glück.
    Die Tür ging auf, Carsten

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