Schwarzer Skorpion - Thriller (German Edition)
mehrere Wagen aus den Gleisen gesprungen. So konnte man auch nicht feststellen, unter welchem Triebwagen die Selbstmörderin, wie die offizielle Sprachregelung lautete, lag. Ein Team in den Schacht zu schicken war zu gefährlich, denn bei dem Unfall waren elektrische Leitungen beschädigt worden und die Schienen standen unter Strom.
Die Agenten waren jetzt ungefähr fünf Meter von der Nische entfernt, in der Santos stand und telefonierte. In diesem Augenblick wurde ein behindertes Mädchen, neben der ein großer heller Hund trottete, von einer attraktiven blonden Frau in die Toilette geschoben und die Agenten verteilten sich auf dem Gang.
„Hallo, David! So schnell sieht man sich wieder!“, hörte Santos das Mädchen fröhlich rufen und der Mann mit der Narbe, die seine Augenbraue zerteilte, hob grüßend die Hand. „So geht es mir immer, bevor meine Mutter eine Rede hält. Ich muss in den Waschraum.“ Mit ihrer funktionstüchtigen linken Hand machte sie eine entschuldigende Bewegung und die blonde Frau wollte sie vorwärts in die Toilettenräume schieben. Doch der blonde Mann mit der Narbe trat dazwischen.
„Ich passe in der Zwischenzeit auf deinen Hund Lucky auf!“, sagte er zu dem Mädchen.
„Oh, das ist aber eine Ehre, David!“ Das behinderte Mädchen drehte die Augen in die Richtung ihres Hundes. „Hast du gehört, Lucky, ein echter Hundeflüsterer kümmert sich jetzt um dich. Mach mir bloß keine Schande!“
Dann war sie auch schon in der Toilette verschwunden und der blonde Mann drehte sich mit dem Rücken zu Santos, beugte sich zu dem Hund hinunter und kraulte ihn am Kopf. Dann schrillte das Handy des Mannes, er stand wieder auf und konzentrierte sich auf das Gespräch. Diesen Moment nutzte Santos und entfernte sich schnell. Er hörte noch immer seinen Kollegen aus der U-Bahnstation reden, doch die Worte perlten an Santos ab, denn jetzt lief in seinem Kopf ein imaginärer Countdown ab.
38. München – Bayerischer Hof
Tag 7 – 25 Minuten vor dem Anschlag
„Stein, wir haben das Bild einer Überwachungskamera. Die Frau auf dem Video ist Leyla Khan, ich habe sie eindeutig identifiziert!“
Sekunden später hatte David das Foto auf seinem Smartphone. Während er das Foto betrachtete, das eine schlanke Frau mit Baseballkappe und einer markanten Hakennase zeigte, sah er aus den Augenwinkeln einen Mann Richtung Konferenzsaal gehen. Etwas an dem Gang des Mannes irritierte David, doch er kam nicht dazu, sich näher Gedanken darüber zu machen, denn Patricia schob gerade Lauren mit ihrem Rollstuhl wieder aus der Toilette.
„Danke, dass Sie auf Lucky aufgepasst haben“, sagte das Mädchen und lächelte. „Erzählen Sie mir etwas über Hundeerziehung, wenn der Vortrag meiner Mutter vorbei ist?“, fragte sie.
David nickte, war aber mit seinen Gedanken ganz woanders. Zu viele Informationen waren auf ihn eingeprasselt. Die Profikillerin Leyla Khan in München, aber in einer U-Bahnstation, die ein Stück weit entfernt vom Bayerischen Hof war. Der Skorpion, der irgendwo hier drinnen auf seine Chance lauerte, um den Anschlag durchzuführen. Denn David kannte Duprés und war sich sicher, dass dieser den Anschlag aus nächster Nähe beobachten wollte. Der Skorpion wollte das Chaos und Entsetzen in sich aufsaugen, es war seine Medizin, das mörderische Gift, das ihn am Leben erhielt.
Lauren zupfte ihn am Ärmel und holte David wieder zurück in die Realität.
„Hallo, Hundeflüsterer, entschuldigen Sie, wenn ich Sie störe. Aber Sie haben mir noch keine Antwort gegeben und ich muss jetzt in den Konferenzsaal“, sagte sie kleinlaut.
„Natürlich gebe ich dir Tipps für Lucky, kein Problem“, sagte David und lächelte dem Mädchen zu. „Ich glaube, auch du hast das Zeug zu einer Hundeflüsterin.“
„Glauben Sie das wirklich?“, strahlte Lauren. „Ihre Meinung bedeutet mir viel. Auch Lucky mag Sie!“
„Miss Lauren, wir müssen in den Saal. Deine Mutter trifft gleich ein!“ Patricia nickte Stein mechanisch zu und schob den Rollstuhl bestimmt in Richtung Konferenzsaal.
„Bis später!“, rief Lauren noch David zu, dann verschwand sie hinter den Agenten vom Secret Service.
David atmete tief durch und eine innere Unruhe erfasste ihn so plötzlich, dass er mehrmals durchatmen musste. Er konzentrierte sich auf die Ereignisse der letzten Minuten. Natasha Falcon, die Pressesprecherin, war ihm auf dem Gang begegnet. Robyn hatte überprüft, ob sie das Halstuch mit der US-Flagge tatsächlich
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