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Schwarzer Sonntag

Schwarzer Sonntag

Titel: Schwarzer Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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Muzis Büro.
    Der schläfrige Israeli bot Kabakov ein Stück Schokolade an. Kabakov schüttelte den Kopf. Er beobachtete das Haus durch sein Fernglas. Er spähte durch den Spalt der angelehnten Tür des Verschlags. Kabakov fragte sich, ob es richtig gewesen war, daß er Corley und den anderen Behördenvertretern nichts von Muzi und der Madonna erzählt hatte. Er schnaubte verächtlich. Natürlich war es richtig gewesen! Die Amerikaner hätten ihn bestenfalls auf irgendeinem Polizeirevier mit Muzi reden lassen, und nur in Gegenwart eines Anwalts. Drüben in der Wohnung würde er unter günstigeren Bedingungen mit ihm reden können - falls die Araber Muzi nicht inzwischen schon umgelegt hatten.
    Muzi wohnte in einer hübschen, von Bäumen gesäumten Straße im Bezirk Cobble Hill in Brooklyn. In dem freundlichen Backsteinhaus gab es vier Wohnungen. Muzi hatte die größte, im Erdgeschoß. Das Haus hatte nur einen einzigen Eingang, an der Straßenseite, und Kabakov war ganz sicher, daß Muzi ihn benutzen würde, denn er war viel zu dick, um durchs Fenster zu steigen. Dafür sprachen jedenfalls die unförmig weiten Kleidungsstücke in Muzis Kleiderschrank.
    Kabakov hoffte, seinen Auftrag schnell erledigen zu können, wenn er mit Muzis Hilfe die richtige Fährte fand, die zu dem Sprengstoff führte. Corley konnte er hinterher immer noch informieren. Er sah mit rotgeränderten Augen auf seine Uhr. Halb acht. Wenn Muzi nicht im Laufe dieses Tages kam, würde er Wachen einteilen müssen, damit seine Männer schlafen konnten. Kabakov sagte sich immer wieder, daß Muzi kommen würde. Die Pässe des Importkaufmanns - drei, und alle auf verschiedene Namen ausgestellt - steckten in Kabakovs Brusttasche. Er hatte sie bei einer raschen Durchsuchung in Muzis Schlafzimmer gefunden. Er hätte lieber in der Wohnung gewartet, aber er wußte, daß Muzi auf offener Straße die größte Gefahr von Seiten der Terroristen drohte, und er wollte ihm Deckung geben.
    Wieder musterte er die Fenster auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Links in einem Apartmenthaus wurde gerade eine Jalousie hochgezogen. Kabakov hielt den Atem an. Eine Frau stand im Unterrock am Fenster. Als sie sich abwandte, sah er hinter ihr ein Kind am Küchentisch sitzen.
    Unten auf der Straße tauchten jetzt, noch blaß vor Müdigkeit, die ersten Berufstätigen auf. Sie hasteten zur Bushaltestelle in der Pacific Street, einen Häuserblock weiter unten. Kabakov schlug die Pässe auf und betrachtete zum hundertstenmal Muzis rundes Gesicht. Dann stand er auf, um sich die Beine zu vertreten. Sein Walkie-Talkie knackte.
    »Dimples an Jerry, an der Haustür unter Ihnen ein Mann mit
    Schlüsselbund.«
»Verstanden, Dimples«, sagte Kabakov ins Mikrofon. Vermut
lich war es die Ablösung für den Nachtwächter, der die ganze
Nacht im Erdgeschoß des Lagerhauses geschnarcht hatte. Einen Augenblick später knackte es wieder in seinem Sprechfunkgerät, und der Israeli auf dem Dach weiter unten in der Straße
bestätigte, daß der Nachtwächter das Gebäude verließ. Der
Nachtwächter überquerte die Straße, kam in Kabakovs Blickfeld und ging auf die Bushaltestelle zu. Kabakov drehte den Kopf,
um wieder die Fenster gegenüber zu beobachten. Als er danach
wieder zur Haltestelle blickte, stand dort der große grüne Bus
und entlud einen Schwarm Putzfrauen. Sie gingen müde die
Straße entlang, kräftige Frauen mittleren Alters mit Einkaufstaschen. Viele von ihnen hatten slawische Gesichtszüge wie er,
Kabakov. Sie erinnerten ihn an Nachbarsfrauen, die er als Kind
gekannt hatte. Er verfolgte sie mit seinem Glas. Die Gruppe der
Frauen wurde kleiner. Eine nach der andern verschwanden sie
in den Gebäuden, in denen sie arbeiteten. Jetzt gingen sie an
Muzis Haus vorbei, und eine dicke Frau löste sich aus der Schar
und ging auf den Eingang zu. Sie hatte einen Schirm unter dem
Arm und in jeder Hand eine Einkaufstasche. Kabakov stellte
sein Glas schärfer ein. Irgend etwas stimmte nicht an ihr - die
Schuhe! Sie waren auffällig groß und aus feinstem Ziegenleder.
Und auf einer der prallen Waden darüber sah man den frischen
Schnitt von einem Rasiermesser.
»Jerry an Dimples«, sagte Kabakov in sein Walkie-Talkie. »Ich glaube, die dicke Frau ist Muzi. Ich gehe jetzt rüber. Gib mir
auf der Straße Deckung.«
Kabakov legte sein Gewehr hin und holte einen großen Vorschlaghammer aus der Ecke des Verschlags. »Gib mir auf der
Straße Deckung«, sagte er auch zu dem Mann neben sich. Dann
ging er

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