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Schwarzer Sonntag

Schwarzer Sonntag

Titel: Schwarzer Sonntag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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überhaupt«, sagte Moschevsky und eilte wieder ins Zimmer. Corley starrte ihm giftig nach.
Kabakov schlief fast den ganzen Nachmittag. Als die Wirkung des Beruhigungsmittels nachließ, begannen seine Augen unter den Lidern zu zucken, und er träumte in leuchtenden Drogenfarben. Er war in seiner Wohnung in Tel Aviv, und das rote Telefon schrillte. Er konnte es nicht erreichen. Er lag unter einem Berg von Kleidungsstücken auf dem Fußboden, und alles stank nach Kordit.
Kabakovs Hände krallten sich ins Bettuch. Moschevsky hörte, wie das Laken zerriß, und sprang mit der Geschwindigkeit eines afrikanischen Büffels aus dem Sessel ans Bett. Er öffnete Kabakovs geballte Fäuste. Erleichtert stellte er fest, daß nur das Laken und nicht der Verband zerrissen war.
Als Kabakov aufwachte, erinnerte er sich wieder. Aber die Ereignisse in Muzis Wohnung fielen ihm nicht in der Reihenfolge ihres Ablaufs ein, und es machte ihn ganz wild, daß er die Bilder seiner Erinnerung erst ordnen mußte. Abends hatte man das Sauerstoffzelt abgenommen, und das Ohrensausen hatte so weit nachgelassen, daß er Moschevsky zuhören konnte, als dieser ihm erzählte, was nach der Explosion passiert war - Krankenwagen, Kameraleute, Reporter, die sich vorübergehend hatten täuschen lassen, aber nach wie vor mißtrauisch waren.
Und als kurz darauf Corley ins Zimmer trat, hatte Kabakov nicht die geringsten akustischen Schwierigkeiten.
»Was war mit Muzi?« schrie Corley, blaß vor Wut.
Kabakov wollte nicht sprechen. Beim Sprechen mußte er husten, und das Husten tat ihm weh in der Brust. Er nickte Moschevsky zu. »Erzählen Sie es ihm«, krächzte er.
Moschevskys Akzent wies deutliche Fortschritte auf. »Muzi war Importeur ...«
»Lieber Himmel, das weiß ich doch längst. Ich kenne seine Akte. Sagen Sie mir, was Sie gesehen und gehört haben.«
Moschevsky warf einen Blick auf Kabakov, der ihm unauffällig zunickte. Er begann mit dem Verhör Fawzis, der Entdekkung der Madonnenfigur und der Überprüfung der Schiffspapiere. Kabakov steuerte die Szene in Muzis Wohnung bei. Als sie zu Ende waren, nahm Corley den Telefonhörer neben Kabakovs Bett ab und gab eine Reihe von kurzen Anweisungen Durchsuchungsbefehle für die Leticia und ihre Besatzung, und ein paar Leute vom Labor sollten sich auf dem Schiff umsehen. Kabakov unterbrach ihn einmal: »Sagen Sie ihnen, daß sie Fawzi vor der versammelten Besatzung herunterputzen sollen.«
»Was?« Corley legte die Hand über die Sprechmuschel.
»Ihre Leute sollen zu ihm sagen, er wird verhaftet, weil er sich geweigert hat, mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Sie sollen ihn ein bißchen triezen. Ich schulde ihm einen Gefallen. Er hat Angehörige in Beirut.«
»Wenn er sich beschwert, sind wir dran.«
»Er wird sich nicht beschweren.«
Corley sprach wieder in den Hörer und gab weitere Anweisungen: » ... ja, Pearson, und sagen Sie zu Fawzi, er sei ein ...«
»Ein Hoden fressendes Schwein«, rief Moschevsky.
» ... Ja, ja, doch, genau so nennen Sie ihn«, sagte Corley schließlich. »Wenn Sie ihn auf seine Rechte hinweisen, ja. Fragen Sie nicht soviel, Pearson, tun Sie, was ich sage!« Er legte den Hörer auf.
»Also, Kabakov, Sie wurden von zwei Burschen mit Golfsäkken aus dem Haus gezogen, die zufällig gerade vorbeigingen, steht im Feuerwehrbericht. Schöne Golfspieler.« Corley stand in seinem zerknitterten Anzug im Zimmer und klapperte mit seinen Schlüsseln. »Diese Burschen verließen den Schauplatz zufällig gerade mit einem Lieferwagen, als der Krankenwagen eintraf. Was war das für ein Lieferwagen - ein Zubringer für einen Golfclub, wo alle Mitglieder komisch daherreden? Ich zitiere aus dem Polizeibericht: ›Sie redeten beide so komisch.‹ So komisch, wie auch Sie reden. Was treiben Sie hier eigentlich, Kabakov? Wollen Sie mich bescheißen, oder was?«
»Ich hätte Sie angerufen, sobald ich Genaueres gewußt hätte«, sagte Kabakov krächzend und es klang nicht die Spur nach einer Entschuldigung.
»Ja, Sie hätten mir allenfalls eine Ansichtskarte aus Ihrem verdammten Tel Aviv geschickt. ›Pardon für den Bombenkrater und die Überschwemmung.‹« Corley blickte eine volle Minute lang aus dem Fenster. Als er sich wieder dem Bett zuwandte, war sein Zorn verraucht. Er hatte ihn überwunden und war nun wieder bereit, die Zusammenarbeit fortzusetzen. Es war eine Fähigkeit, die Kabakov schätzte. »Ein Amerikaner«, murmelte Corley. »Muzi hat gesagt, ein Amerikaner. Muzi war übrigens erstaunlich

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